Jahrbuch Digitale Dentale Technologien 2012 — Digitalisierung Scan Virtuelles Modell CAD- Planung STL-File CAM Restauration Zahnersatz Abformung Modell Wachs-up Restauration Abb. 3 und 4: Entwicklung einer digitalen Verfahrenskette (oben) aus gewohnten Prozessen (unten). muss, an der Entwicklung der digitalen Verfahrenskette in der Zahnmedizin/Zahntechnik mitzuwirken, spezielle Programme mitzuentwickeln und die elektronischen Geräte bedienen. Hierzu ist es nicht ausreichend, zu wissen, wie ein bestimmtes Gerät funktioniert, da die Anwendung eines Gerätes noch lange nicht dazu befähigt, dieses für die Patientenbehandlung nutz- bar zu machen. Vom sicheren Einsatz eines Gerätes zur mensch- lichen Therapie ist es ein weiter Weg, auch wenn die Industrie uns heute einzureden versucht, dass man nur dies oder jenes Gerät anwenden muss und schon ist dem Patient geholfen. Lei- der ist dies nicht ausreichend, wie jeder Techniker aus leidvoller Erfahrung weiß, da die Einführung eines neues Verfahrens oft eine sehr lange Eingewöhnungszeit bedingt und es manchmal sogar zum Stillstand führt, weil die notwendigen weiterführen- den Schritte noch nicht entwickelt sind oder nicht eingebunden werden können. Außerdem wird es immer schwieriger qualifi- ziertes Fachpersonal zu finden, was die Anwendung neuer Ver- fahren teils unmöglich macht. Der Erfolg einer Arbeit hängt zuletzt auch von der Beherrsch- barkeit einer Technologie ab, die zu einer besseren Therapie führt. Diese Technologie muss sich heute mit der Anfertigung von Zahnersatz und der Rekonstruktion funktioneller Anteile eines Zahnes befassen. Dies in kurzer Zeit und zu besten Preisen. Vorstehende Forderung ist in unserem Land nur erfüllbar, wenn digitale Prozesse in den zahnmedizinischen und zahntechnischen Alltag eingeführt werden, die neben bezahlbaren Preisen eine bessere Versorgung ermöglichen (Abb. 3 und 4). Die Zukunft liegt also in der Beherrschbarkeit der digitalen Ar- beitsprozesse, die im Folgenden kurz beschrieben werden. Diese Prozesse müssen in der nahen Zukunft zu einer digitalen Ver- fahrenskette führen, die ohne die heute noch bestehenden Lücken eine hoch qualitative Versorgung für die gesamte Bevöl- kerung ermöglicht. Sehen wir uns die Studie zu den craniomandibulären Dysfunk- tionen (Helkimo-Index, veröffentlicht im Statistischen Jahr- buch der BZÄK 2011) an, so fällt auf, dass zwischen 74 und 88% der Männer und Frauen zwischen 35 und 74 Jahren keine an- amnestischen Dysfunktionen aufweisen, jedoch nur zwischen 35 und 53% der gleichen Gruppe tatsächlich keine klinischen Dysfunktionen haben, also gesund sind. Diese Diskrepanz und die Folgen dieser Erkrankung zeigt deutlich, woran unser Gesundheitssystem krankt. Wir erkennen und behandeln die Ursachen einer Volkskrankheit nicht oder zu spät, obwohl wir wissen, dass Erkrankungen wie Rückenprobleme (Volkserkran- kung Nr. 1), Tinnitus, Nackenschmerzen, Schulter- und Arm- schmerzen, Kopfschmerzen und Kiefergelenkschmerzen sowie Kiefergelenkfehlfunktionen oft durch craniomandibuläre Dys- funktionen hervorgerufen werden und nach längerem Beste- hen schwer therapierbar sind (Abb. 5). Spätestens seit Veröffentlichung der Korrelation zwischen Kie- fergelenkbewegung und natürlicher Zahnoberfläche (O. Kull- mer, S. Benazzi, L. Fiorenza, D. Schulz, S. Bacso, O. Winzen: Occlusal Fingerprint Analysis: Quantification of Tooth Wear Pattern, AMERICAN JOURNAL OF PHYSICAL ANTHROPOLOGY Helkimo-Index nach Altersgruppe und Geschlecht IDZ – DMS III 35 – 44 Jahre 65 – 74 Jahre insgesamt Männer Frauen insgesamt Männer Frauen keine anamnetische Dysfunktion leichte anamnetische Dysfunktion schwere anamnetische Dysfunktion keine klinische Dysfunktion leichte klinische Dysfunktion moderate klinische Dysfunktion schwere klinische Dysfunktion 6,00 % 4,20 % 78,70 % 83,30 % 74,00 % 15,30 % 12,50 % 18,30 % 7,70 % 48,90 % 53,50 % 44,20 % 47,60 % 44,00 % 51,30 % 3,80 % 0,70 % 2,50 % 0,00 % 3,20 % 0,30 % 84,50 % 88,10 % 81,90 % 7,20 % 12,10 % 10,00 % 5,40 % 4,70 % 6,00 % 40,60 % 47,70 % 35,40 % 48,80 % 41,40 % 54,10 % 10,30 % 10,40 % 10,30 % 0,20 % 0,30 % 0,50 % Abb. 5: Helkimo-Index aus statistischem Jahrbuch der Bundeszahnärztekammer 2011. 9