22 Symposium DENTAL TRIBUNE Swiss Edition · Nr. 7+8/2011 · 8. Juli 2011 Das 5th Swiss Symposium on Esthetic Dentistry – Teil 2 Im ersten Teil berichtete Dr. Lothar Frank detailliert über den brillanten Vortrag von Prof. Daniel Edelhoff zum Thema Vollkeramik „Von A wie adhäsiv bis Z wie Zirkonia“. Teil 2 fasst die Referate von Dr. Chris- tian Coachman, Dr. Eric Van Dooren, Dr. Iñaki Gamborena sowie Dr. Ro- berto Spreafico, Dr. Didier Dietschi sowie Dr. Luc Portalier zusammen. Auf den Bildern von Dr. Chris- tian Coachman aus São Paulo, Brasi- lien, konnte man nicht erkennen, was natürlicher Zahn, keramische Res- tauration oder gar Implantat ist. Für ihn ist die 3-D-Erfassung bereits in den Praxisalltag integriert. So über- trägt er Gesichtsmitte, Lach- und Lip- Dr. Christian Coachman, São Paulo penschlusslinie auf das Gipsmodell – ein entscheidender Vorteil, nicht nur für den Techniker. Sein Behandlungs- plan beinhaltet über die Dentalfoto- grafie hinaus auch eine dynamische Illustration: In Coachmans Klinik werden Videoclips von den Patienten gefilmt. Damit kann, so Coachman, ein „morpho-psychologisches Bild“ erfasst werden, das heisst man kann nicht nur optische, sondern auch Charaktermerkmale der Patienten erfassen. Dann erfolgt die virtuelle Planung anhand der Bilder mit über- tragenen Linien und Zahnproportio- nen, womit die Eigenschaften des Ge- sichtes dokumentiert und besser sichtbar sind und ein späteres Ergeb- nis besser voraussagbar wird als rein klinisch. Das anschliessende dia- gnostische Wax-up dient auch zur Herstellung des Mock-ups. Danach wird das Mock-up beim Patienten eingegliedert und die Situation wiederum mit Fotos festgehalten und mit dem Patienten zusammen beur- teilt. Coachman ist es sehr wichtig, dem Patienten nicht den Spiegel in die Hand zu drücken (wie der Coif- feur), sondern weit umfassender an- hand der Fotos urteilen zu lassen, was eine bessere Betrachtung garantiert. Ist der Patient/die Patientin einver- standen, erfolgt die Präparation in Gallip-Technik und auch bei ihm eine Testphase, um verifizieren zu können, ob das voraussehbare Ergeb- nis ästhetisch und funktionell gut werden wird. Erst nach einer erfolg - reichen Testphase wird die Arbeit in die definitive keramische Restaura- tion überführt. Coachmans letzter Geniestreich besteht darin, vor dem Bonding erneut eine Foto- und Film- session einzulegen, um dem Patien- ten wiederum eine ausgiebige Beur- teilung anhand der (bewegten) Bilder zu ermöglichen. Damit erspart sich das Team die grosse Angst vor Ände- rungswünschen nach dem definiti- ven Einsetzen und es wird alle Unge- wissheit im Herstellungsprozess der keramischen Arbeit vermieden. Coachman konnte brillante Fälle zeigen, die man sich so in der eigenen Praxis wünscht und wies ebenfalls auf die Wichtigkeit der Kommunikation mit dem Labor hin. Die Besonderheit seiner Arbeit liegt in der Vernetzung mit renom- mierten Kollegen weltweit. So arbei- tet er online mit an herausfordernden Fällen und reist weit als Zahnarzt in der Mission für die ästhetische Zahn- medizin. Bindegewebstransplantat als Mittel der Wahl Im Referat des Antwerpener Dr. Eric Van Dooren, der seit nunmehr 28 Jahren Zahnarzt ist und seit 25 Jahren Implantate setzt, ging es um den Er- satz verlorenen Gewebes. Um seine take-home-message für Implantate der Oberkieferfront vorweg zu neh- men: es ist nicht möglich ein ästheti- sches Ergebnis zu erzielen, ohne buk- kal ein Bindegewebstransplantat ein- zubringen. Er belegte dies mit älteren Studien und auch mit einer sehr ak- tuellen von Ueli Grunder (02/2011). Und auch beim Zahn favorisiert er das Bindegewebstransplantat als Mittel der Wahl, wenn es beispiels- weise darum geht, eine dunkel schim- Dr. Eric Van Dooren, Universität Lüttich, Belgien mernde Wurzel zu decken. Für ihn ist dies ein sicherer, vorhersagbar guter Eingriff und damit dem internen Blei- chen (und damit verbundenem Ri- siko von interner Resorption) überle- gen. Das Transplantat entnimmt er aus dem Tuber, nicht vom Gaumen. Zwar ist es weit schwieriger von dort ein Transplantat zu entnehmen, die Qualität des Gewebes sei jedoch weit besser und die Prozedur für den Pa- tienten wesentlich angenehmer. Seine überzeugenden Fälle führt Van Dooren darauf zurück: Nach der Extraktion des Zahnes deepitheliali- siert er die Gingiva von der knöcher- nen Basis her, bringt ein Bindege- webstransplantat bukkal ein, inse- riert das Implantat etwas nach palati- nal versetzt und gliedert sofort das definitive Abutment ein, um späteren Wechsel zu vermeiden. Den extra- hierten Zahn arbeitet er zur proviso- rischen Krone um, passt den line- angle an und zementiert diese. Nach optimalem Konturieren des Weich- gewebes, etwa zwei Monate später, geht er an die definitive Versorgung. Sein Hauptaugenmerk richtet er auf den line angle und die Lichtreflexio- nen der Krone. Beim Zementieren legt er einen Faden, der erst nach Ent- fernung der Zementüberschüsse mittels Skalpell, Sonde und Floss ent- fernt wird. Bezüglich des Weichgewe- bes legt er grössten Wert auf das Vor- handensein von Volumen. Höhe und Papillen verbessern sich seiner Mei- nung mit der Zeit von alleine, da das Gewebe des Transplantats zur Hyper- trophie neigt. Ausgedehnte Knochenaugmentationen? Eine Wohltat für Patienten und einfühlsame Zahnärzte lag in Van Doorens Ausführungen über ausge- dehnte Knochenaugmentationen: er lehnt diese wegen hoher Kosten, lan- ger Behandlungsdauer, unsicherer Prognose und ausgiebigem Leidens- weg für die Patienten ab. Eher ersetzt er verlorenes Gewebe mit rosafarbe- ner Keramik und einer letzten Schicht Komposit, damit später eine Unterfütterbarkeit der Restauration garantiert bleibt. Er präsentierte dazu einen schlüssigen Fall und nennt diese Behandlungsmethode „the pink alternative“. Zuletzt wies Van Dooren auf seine website www.identalclub.com hin. Zahnarzt mit Passion Dr. Iñaki Gamborena aus San Se- bastian, Spanien, begann seinen Vor- trag mit einem Film über seine Stadt und seine Praxis. Er versetzte sein Au- ditorium in Staunen, wo und wie er arbeitet: seine Praxis erinnert an Science-Fiction-Filme, die Bilder sei- ner Arbeiten an die Traumziele, die man als ehrgeiziger Zahnarzt ver- wirklichen möchte. Seine Passion für den Zahnarztberuf, so betont er in seinem Film, liegt darin, die besten Methoden und Materialien anwen- den zu wollen. So gestaltete er sein weiteres Refe- rat als eine Ansammlung schöner Bil- der und wertvoller Tipps. Die schon von seinen Vorrednern aufgegriffene Fluoreszenz arbeitet er schon in sämtliche angewandte Teile ein, in Abutments und Kronen. Er bewerk- stelligt dies mit einer Fluoreszenz- flüssigkeit, in die die zahntechni- schen Teile eingelegt und anschlies- send noch einmal gebrannt werden. Man merkt sofort, dass er sich mit diesem Thema auseinandergesetzt hat, denn er erläuterte, dass die Fluo- reszenzwirkung von der Verbund- schicht zwischen Dentinkollagen und Schmelzkristallen erzeugt wird. Die Fluoreszenz der natürlichen Zähne hält er für unerreichbar, doch die anderen Merkmale wie Opales - zenz, Transluzenz und Farbe seien schon weitgehend gut zu verwirk- lichen. Fluoreszenz nimmt von zervi- kal nach inzisal ab und in derselben Richtung nimmt die Transparenz zu. Er verwendet, wenn möglich, dünne Zirkonkäppchen von 0,4 mm Dicke, nur wenn er einen Zahn abdunkeln will, greift er zu den 0,6 mm dicken Käppchen. Gamborena verzichtet auf das Decken der Hohlkehle mit dem Zirkoncoping, dafür verlangt er vom Techniker einen Schulterbrand, Autor durchmessern. Die Im- plantation muss gut ge- plant sein (CT, Software- planung) und bei aller Aufmerksam- keit für die bukkale Lamelle darf der palatinale Aspekt nicht verloren wer- den, denn auch da kollabiert das Weichgewebe ohne knöcherne Unterstützung. Wer im Nachhinein ein Bindegewebstransplantat ein- bringen muss, hat es immer schwerer. Deshalb ist seine Prämisse die Vor- beugung durch minimalinvasive Chirurgie, wenn möglich. Das heisst für ihn: Spalt-Lappenpräparation, keine vertikale Entlastung, kein Kno- chentransplantat oder Ersatzmate- rial, Bindegewebstransplantat (etwas koronal als definitiv gewünscht und auch interproximal), verminderter Durchmesser der Einheilschraube, Gewebeformung mit der provisori- schen Krone (Gewebe wieder nach apikal pressen), beim Zementieren der definitiven Krone legt er zwei Fä- den (bukkal und palatinal), um Überschüsse sicher entfernen zu können. Wenn er einen Knochenauf- bau nicht umgehen kann (Knochen- wände nicht erhalten), so legt er das Bio-Oss vor der Implantation, um alle Defekte sicher zu füllen und schafft eine Konkavität, die das Er- satzmaterial in der Lage stabilisieren soll. Ist die definitive Krone anprobe- oder einsetzbereit, wird immer mit Glycerin oder Vaseline geprüft, nach dem Einsetzen der schönen Kronen ist seiner Meinung nach meist not- wendig, mit Komposit die Nachbar- zähne etwas zu harmonisieren. Kompositrestaurationen Zunächst Dr. Roberto Spreafico, Busto-Arsizio, Italien, dessen Erklä- rung für Komposit sofort einleuch- tet: minimalinvasive Behandlung. Ist die Zahnhartsubstanz so sehr kom- promittiert, dass man nicht mehr Dr. Roberto Spreafico, Busto-Arsizio, Ita- lien präparieren will, um den Zahn auf- bauen zu können, oder ist dies nur mit Wurzelbehandlung und Stiftauf- bau möglich, so beschränkt man sich besser auf die Wiederherstellung mittels Kunststoff, wenn nötig auch ohne Präparation und Anschrägen. Doch er begann zuerst mit den weniger gravierenden Fällen. Bei Fluoroseflecken zum Beispiel ist für Spreafico die Mikroabrasion das Mittel der Wahl: Der Schmelz wird mit Salzsäure geätzt (30 Sek.) und dann mit abrasiver Polierpaste abge- Dr. Iñaki Gamborena, San Sebastian, Spa- nien was mehr Lichtspiel zulässt. Um dies besser einschätzen zu können, rät er zum „Gellermodell“, einem Stumpf im Gipsmodell, der der Dentinfarbe des Zahnes angepasst ist. Klare Regeln für Implantate und Abutmentwahl Die Verlängerung der Implantat- achse soll möglichst durch die Schneidekante der (späteren) Im- plantatkrone verlaufen. Verläuft die Achse durch die Bukkalfläche, ist eine korrekte Versorgung durch den Tech- niker noch ausgleichbar. Verläuft die Achse aber durch den späteren Zahn- hals, oder schlimmer, muss das Im- plantat entfernt werden. Idealerweise sollte das definitive Abutment gleich am Tage der Implantation eingesetzt werden. Abutmentmaterial hängt für ihn von der (3-D-)Implantatposi- tion, Gewebedicke, Kronenmaterial und Lippenlinie ab. Betreffend Letz- terem erklärte er den sogenannten „umbrella-effect“: deckt die Lippe das Weichgewebe über der Krone ab, so kann kein Licht die eventuell schlechte rosa Ästhetik beleuchten. Wie seine Vorredner ist auch er felsenfest davon überzeugt, wer einen Aufbau von verlorenem Gewebe in der ästhetischen Zone erzielen will, der muss am Tag der Implantation ein Bindegewebstransplantat einbrin- gen, egal welcher Biotyp vorliegt. Ge- nauer: nur durch eine Sofortimplan- tation lässt sich am wenigsten Ge- webe verlieren und nur durch ein Bindegewebstransplantat aus der Tu- berregion lässt sich langfristig Volu- men an Weichgewebe gewinnen. Es fielen zahlreiche einprägsame Sprü- che: „tissue ist he issue“, „Implant dentistry is prosthetics with surgical component“, „the buccal plate deter- mines your fate“. Hat das Gewebe bukkal vom Im- plantat eine Dicke von 3 mm oder mehr, kann ein Titan- oder Zirkon - abutment verwendet werden, bei ge- ringerer Gewebedicke empfiehlt er ein Bindegewebstransplantat oder ein Zirkonabutment. Zwar ist nach einer Studie von Jung et al. 2007 immer ein dentinfarbenes Abutment vorzuzie- hen, doch Gamborena zieht dennoch das normale Zirkonabutment mit sei- ner Fluoreszenzbehandlung vor, da dies die beste Fluoreszenz erreicht. Minimalinvasive Chirurgie Um eine schöne Zahnform zu er- zielen, rät er zu grossen Implantat-