8 | WIRTSCHAFT Nr. 7/8 | Juli/August 2011 Leistungsträger an das Dentallabor binden Leistungsträger zeichnen sich dadurch aus, dass sie motiviert und voller Engagement, stressresistent und durchsetzungsfähig, risikobereit und ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen sind. Gerade dies verleitet so manchen Laborleiter zu der irrigen Annahme, sie müssten sich um ihre „Höchstleister“ nicht weiter kümmern – bis sie von der Konkurrenz abgeworben werden, weiß unsere Autorin Doris Stempfle. Individuellen Motivations- knopf feststellen Wenn zum Beispiel der beste Zahntechniker die Stelle wech- selt, ist dies zuweilen nur schwer zu verkraften. Denn mit dem Leistungsträger verliert der La- borleiter nicht nur ein Vorbild für die Kollegen und eine kompe- tente und engagierte Kraft – auch Wissen verlässt das Labor. Wichtig ist darum: Die Leistungs- starken dürfen nicht über einen Kamm motiviert werden. Der Laborleiter sollte vielmehr im persönlichen Gespräch den indi- viduellen Motivationsknopf des leistungsstarken Zahntechnikers finden und ihn dann individuell fördern und fordern: (cid:129) Weist der Zahntechniker das Motivationsmuster „Leistung/ Tätigkeit/Selbstverwirklichung“ auf, ist die Konsequenz: Der La- borleiter bietet ihm Raum zur freien Entfaltung seiner Leis- tungsmöglichkeiten und zum Ausleben der Werte, die ihm wichtig sind. (cid:129) Ist dem Zahntechniker die „Identifikation mit dem Dental- labor“ besonders wichtig? Dann sollte der Laborleiter seine Führungsprinzipien und Werte überprüfen, mit denen er sein Labor führt, und dafür sorgen, dass sie an die Mitarbeiter kom- muniziert werden. Der Leis- tungsträger hat die Möglich- keit, seine Werteorientierung mit der des Laborleiters zu ver- gleichen und so eventuell zur Identifikation mit dessen Ziel- setzungen zu gelangen. (cid:129) Dem Motivationsmuster „Wir- Gefühl/Kontaktbedürfnis“ kommt der Laborleiter entge- gen, indem er die Arbeit im Team und in Gruppen forciert. (cid:129) Wird der Zahntechniker von dem Motivationsmuster „Finan- zielle Verstärkung“ angetrie- ben, sollte der Laborleiter über spezielle Ent- und Belohnungs- systeme nachdenken. Hinzu kommt: Oft speist sich die Motivationsstruktur nicht allein aus beruflichen Quellen. Auch für Leistungsträger spielt das Pri- vatleben oft eine wichtige Rolle. Der Laborleiter sollte dies bei seiner Motivationsarbeit beden- ken. Vielleicht lässt sich der Zahn- techniker mithilfe besonderer Initiativen binden, die ihm die Vereinbarkeit von Privat- und Be- rufsleben erleichtern. Konkret bedeutet das zum Beispiel: Wenn ein Leistungsträger stetige Aner- kennung braucht, um Loyalität zum Dentallabor aufzubauen und gute Leistungen zu erbringen, führt der Laborleiter mit begrün- dendem Lob. Wenn er den Wett- kampf mit den Kollegen benötigt, prämiert der Laborleiter alle vier Wochen den „Mitarbeiter des Monats“. Wenn er die finanzielle Verstärkung als Anschubreiz wünscht, denkt die Führungs- kraft über eine materielle Moti- vation nach. Festzuhalten bleibt: Der individuelle Motivations- knopf muss nicht immer mate- rieller Natur sein – im Gegenteil: Viele Leistungsträger achten dar- auf, dass die Unternehmenskul- tur und die Unternehmensphilo- sophie zu ihren eigenen Werten und Überzeugungen passen. Strategien zur Mitarbeiterbindung: Vertrauen aufbauen Wenn der Laborleiter die Moti- vationsstruktur analysiert hat, kann er die angemessene Strate- gie einsetzen, die zur Mitarbei- terbindung führt – etwa die Stra- tegie „Vertrauensaufbau“: Die Führungskraft im Dentallabor erwirbt das Vertrauen der Leis- tungsträger, indem sie ehrlich und offen agiert, ihnen Platz lässt für eigene Entscheidungen und Möglichkeiten eröffnet, Arbeits- prozesse selbstständig zu beein- flussen. Eine Vertrauenskultur lässt die Mitarbeiter spüren, dass sie der Führungskraft wichtig sind – nicht nur als Leistungsträ- ger und Funktionsträger, auch als Menschen. Die Gesprächs- führung des Laborleiters sollte grundsätzlich „non-direktiv“ auf- gebaut sein: Er führt durch Fra- gen, geht intensiv auf die Äuße- rungen des Zahntechnikers ein und führt einen argumentativen Austausch herbei. Ziel ist die Be- gegnung in einer Atmosphäre der gegenseitigen Achtung. Strategie „Führen mit Zustimmungssicherheit und Zielen“ Leistungsstarke Mitarbeiter leh- nen es vehement ab, Anweisun- gen „von oben“ erteilt zu bekom- men. Sie möchten sich meistens mit den Zielen des Laborleiters identifizieren und aktiv zur Ziel- vor, wenn der Mitarbeiter die Si- cherheit hat, dass es richtig für ihn ist, wenn er eine Aufgabe best- möglich erfüllt und ihr aus eige- ner Überzeugung zustimmt. Indem der Laborleiter diese Zu- stimmung des Leistungsträgers einholt und ihn an der Zielformu- lierung, zumindest aber an der Frage, wie die Ziele konkret um- gesetzt werden können, aktiv be- teiligt, stellt er sicher, dass dieser sich engagiert – und vielleicht auch andere, nicht so leistungs- starke Mitarbeiter mitreißt. ANZEIGE Edelmetalle kaufen: Edelmetall-Handel.de ESG Edelmetall-Service GmbH&Co.KG Info-Tel: 07242-5577 Edelmetalle verkaufen: Scheideanstalt.de Strategie „Leistungsträger in die Pflicht nehmen“ Durch das Recht zur Mitbestim- mung nimmt der Laborleiter die Mitarbeiter hinsichtlich der Ziel- erreichung in die Pflicht und in die Verantwortung – und genau das ist es, was ein Leistungsträger erwartet und sich wünscht. Dazu ein Beispiel: Die Zielsetzung des Laborleiters lautet, die Kun- denorientierung zu erhöhen – eine Zielvereinbarungskultur ver- wirklicht er in den folgenden Schritten: (cid:129) Analyse der Ist-Situation: Wie wurden Ziele in der Vergan- genheit vereinbart, wie schaut es mit der Zielerreichung aus, woran lag es, dass Ziele nicht erreicht wurden? (cid:129) Der Laborleiter führt regelmä- ßig Zielvereinbarungsgesprä- che – nicht nur zum Jahres- wechsel. In den Gesprächen er- arbeitet er gemeinsam mit dem Mitarbeiter die Ziele – dabei erreichung beitragen. Dazu ist es notwendig, dass sie diese Ziele nachvollziehen können und zu- gleich das Recht haben, sie kri- tisch zu hinterfragen. Das Konzept dazu heißt „Zustim- mungssicherheit“ – diese liegt werden seine Zielvorstellungen und die des leistungsstarken Mitarbeiters berücksichtigt. (cid:129) Er bespricht mit dem Mitarbei- ter mögliche Hindernisse, die ihn davon abhalten könnten, eine Zielvereinbarung einzu- halten – etwa Zeitmangel. Zu diesen Hindernissen wird eine Problemlösung entwickelt, zum Beispiel „Ähnliche Aktivitäten zu einem Aufgabenpaket bün- deln und so Zeit sparen“. Es ist diese konstruktive Haltung zu Problemen und Herausforde- rungen, durch die sich gerade Leistungsträger animiert se- hen, sich enger an das Dental- labor zu binden. (cid:129) Schließlich steht die konkrete Aktivitätenplanung an. Der Laborleiter und der Leistungs- träger überlegen, was notwen- dig ist, um die Kundenorientie- rung zu verbessern und zu erhö- hen. Wichtig: Der Laborleiter bittet den Mitarbeiter dezidiert darum, eigene Vorschläge zu unterbreiten – dieser muss und soll spüren, dass dem Laborlei- ter an seiner Meinung und sei- nen Ideen gelegen ist. (cid:129) Dann erfolgt die Zustimmung des Mitarbeiters, dass die be- schlossenen Aktivitäten zur Verbesserung der Kunden- orientierung aus seiner Sicht durchführbar sind. Die aktive Beteiligung an den Zielformulierungen und den Überlegungen, welche Umset- zungsschritte zur Realisierung der Ziele notwendig sind, erlaubt es dem leistungsstarken Mitar- beiter, seine ganze Kreativität und seine Innovationskraft ein- zubringen, um bei der Weiterent- wicklung des Dentallabors mit- zuwirken. Das ist es, was er sich wünscht! Strategie „Individuelle Weiterbildungsmöglich- keiten schaffen“ Engagierte Mitarbeiter denken selbst oft intensiv darüber nach, wo ihre Schwachstellen sind, und wissen ganz genau, wo Leis- tungspotenziale brachliegen. Sie erwarten vom Arbeitgeber, dass dieser ihnen optimale Weiter- bildungsmöglichkeiten anbietet. Der Laborleiter sollte den Leis- tungsträgern daher konsequent veranschaulichen, welche Per- spektive sich für sie im Dental- labor eröffnen. Die Mitarbeiter wollen wissen, welche indivi- duellen Weiterbildungsmöglich- keiten es für sie gibt und welche Aufstiegsperspektiven sich für sie auftun. In einem Weiterbil- dungsgespräch können Labor- leiter und Mitarbeiter die jewei- ligen Erwartungen formulieren und einen Konsens suchen: Wel- che Fähigkeiten soll der Mitar- beiter mithilfe welcher Schulung erwerben, damit er zufrieden ist, sich individuell gefördert sieht und zugleich der Laborleiter si- cher sein kann, dass der Kompe- tenzaufbau ihm dabei hilft, seine Ziele zu verwirklichen? Strategie „Lernkultur etablieren“ Es ist eine Selbstverständlich- keit: Wer viel leistet, macht mehr Literatur Wer die Loyalität der Mitarbeiter erhö- hen will, sollte individuell und persön- lichkeitsbezogen führen, also die Per- sönlichkeitsstruktur berücksichtigen. Darum ist es hilfreich, wenn der Labor- leiter einschätzen kann, zu welchem Persönlichkeitstypus ein Mitarbeiter gehört. Zur Persönlichkeitseinschätzung siehe das Buch der Autorin Stempfle, Doris: Alle doof, außer mich! Über die Lust (Last), andere Menschen besser zu verstehen. Illustriert von Timo Wuerz. Breuer & Wardin Verlagskontor, Ber- gisch Gladbach 2009. In dem Buch zeigt die Autorin auf humorvolle Weise, wie es uns gelingt, andere Menschen als Zugehörige eines bestimmten Persön- lichkeitstypus zu erkennen, sie aber dennoch in ihrer einzigartigen Individu- alität zu respektieren. Information Die wichtigsten Aspekte im Über- blick: So binden Sie Ihre Leistungs- träger ans Dentallabor (cid:129) Finden Sie heraus, über welche Moti- vationsstruktur Ihre Mitarbeiter verfü- gen, sodass Sie eine Grundlage für in- dividuelle Motivationsstrategien ha- ben, die Sie auf sie abstimmen. (cid:129) Beteiligen Sie die Mitarbeiter an der Zielfestlegung und holen Sie ihre Zu- stimmung zu den Zielen ein. (cid:129) Bieten Sie ihnen optimale Weiterbil- dungsmöglichkeiten. (cid:129) Nutzen Sie das Konzept „Der Laborlei- ter als Coach seiner Mitarbeiter“. (cid:129) Räumen Sie den Mitarbeitern ausrei- chende Entscheidungsfreiheiten und -befugnisse und Einflussnahme auf die Arbeitsprozesse im Dentallabor ein. (cid:129) Verdeutlichen Sie die Werte, die für Sie und das Dentallabor bestimmend sind, sodass sich die Mitarbeiter mit ihnen identifizieren können. (cid:129) Überlegen Sie, welche Nebenleistun- gen für Ihre leistungsstarken Mitar- beiter möglich sind. Individuelle Karriereentwicklung (cid:129) Leistungsträger bleiben gerne in ei- nem Dentallabor, in dem Wert auf Füh- rung, Coaching und Personalentwick- lung gelegt wird, in dem sie fit ge- macht werden für eine individuelle berufliche Zukunft. (cid:129) Das heißt aber auch: Sie wechseln schnell die Arbeitsstelle, wenn die alte Wirkungsstätte diese Bedingun- gen nicht aufweist. (cid:129) Umso notwendiger ist es, für sie Pro- gramme aufzulegen, die sie langfristig binden. Individuelle Entwicklungs- und Karrierepläne, punktgenaue Weiter- bildung, das offensiv-aktive Bemü- hen, sie halten zu wollen, die Berück- sichtigung immaterieller Werte – all dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, sie langfristig binden zu können.