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ESTHETIC TRIBUNE LEIPZIG – Die kosmetische Zahnmedizin ist eine junge Fachdisziplin – so scheint es jedenfalls. Prof. Dr. Martin Jörgens hielt auf dem 3. Inter- nationalenKongressfürÄsthe- tische Chirurgie und Kosme- tische Zahnmedizin, der in Lindau/Bodensee abgehalten wurde, einen Vortrag zum Thema „Geschichte und Ent- wicklung“ des Fachbereiches. Mit dem Präsidenten der Deut- schen Gesellschaft für Kosme- tische Zahnmedizin (DGKZ) sprach Mag. Anja Worm über die Geschichte, die Zukunft und die Haltung der Patienten gegenüber der kosmetischen Zahnmedizin. Mag.AnjaWorm:HerrProf. Jörgens, wie alt ist die kosme- tische Zahnmedizin? Prof. Jörgens: Es gab schon immer Ansätze, dass Menschen versucht haben, ihre Zähne op- tisch zu verschönern, etwa in der Steinzeit. Heutzutage sieht man das noch bei Naturvölkern im Amazonasgebiet, beispiels- weise durch Zahnfeilungen. Manmöchtedamitsignalisieren, dass ein junger Mensch die Ge- schlechtsreife hat. Anführen möchte ich auch das Ohaguro. Das ist eine japanische Technik, die seit etwa dem 11. Jahrhun- dert besteht. Jungen Frauen wurden die Zähne schwarz ge- färbt, um ihre Geschlechtsreife zu signalisieren. Ein weiterer Bereich, den man sehen muss, ist Bleaching. Man hat also schon früh ver- sucht, die Zähne mit allen mög- lichenMixturenzubleichen.Das geht zurück bis zu den Ägyptern und den Römern. In der neuzeit- lichen Geschichte sind die Fran- zosen zu nennen, etwa 1785 Claude-Louis Berthollet, der das Chlor erfunden hatte, um es zum Bleaching einzusetzen. Oder der Schotte Charles Tennant, der ein Bleachingpulver erfunden hatte. Das sind die Eckpunkte aus der Historie. Die kosmetische Zahnme- dizin ist also recht alt? Wenn man den Begriff ge- nauer fasst und nur Cosmetic Dentistry meint, dann würde ich die Dreißigerjahre des letzten Jahrhunderts, speziell die Erfin- dung der Veneers, nennen. Der Erfinder war Charles Pincus, der zugleich Gründer der American Academy of Cosmetic Dentristry war. Sie erwähnten das frühe Bleaching der Neuzeit. Wie wurde es von der Bevölkerung angenommen? Ich denke, dass eher die wis- senschaftlichen Erkenntnisse wichtig waren, dass etwa Ber- thollet gemerkt hat, dass man Zähne durch chlorhaltige Ver- bindungen bleachen kann. Es gab keine Publikwirkung, ich denke, das Bleachen war damals auch nur einer speziellen Schicht vorbehalten. Die Brei- tenwirkung von Bleaching sehe ichmehrabdenDreißigerjahren des letzten Jahrhunderts. Man versuchte in dieser Zeit durch verschiedene Verfahren die Zähne mit Wasserstoffperoxid direkt unter Einsatz von Bleich- lampen aufzuhellen. Ein moder- nes Verfahren, das sich bis heute gehalten hat, ist zum Beispiel BriteSmile. Es ist die einzig wis- senschaftlich erforschte Me- thode, Zähne zu bleichen, und wird, zwar mit einzelnen Modi- fikationen, seit 25 Jahren ange- wendet. Eine Verbesserung der ro- ten bzw. weißen Ästhetik ist oft auch ein Ergebnis der Kie- ferorthopädie oder zahnme- dizinischer Fachbereiche, wie etwa bei der Prophylaxe die professionelle Zahnreinigung oder bei der Parodontologie die Parodontaltherapie. Wie lässt sich die kosmetische Zahnmedizinvondenanderen Fachbereichen sinnvoll ab- grenzen? Ich würde da gar nicht groß abgrenzen.InderCosmeticDen- tistrygelteneinfachnochhöhere Standards. In den anderen Fach- bereichen geht es größtenteils um Gesundheit und Funktion. Der Parodontologe ist etwa zu- frieden, wenn der Patient nur noch eine Tasche von zwei Milli- metern hat und es nicht mehr blutet. Im Bereich der Cosmetic Dentistry spielen aber persönli- che ästhetische Wünsche des Pa- tienten eine Rolle. Zum Beispiel Farbe und Form der Zähne, Farbe und Form des Zahnflei- sches, Wachstumsverlauf, Smile Design. Welche optische Wir- kung hat das Gebiss? Hat der Patient ein Sexappeal beim La- chen? Die Gesamtwirkung der kosmetischen Zahnmedizin be- zieht sich nicht nur auf Zähne, sondern auch auf die Wirkung von Lippen und perioralen Strukturen. Das alles berück- sichtigt die rein funktionelle Zahnmedizin überhaupt nicht. Voraussetzung ist natürlich, dass bei einem Patienten eine orale Gesundheit vorhanden ist. Die Frage haben Sie wahr- scheinlich schon oft gehört: Was ist der Unterschied zwi- schen der ästhetischen und der kosmetischen Zahnmedizin? Darüber könnte man einen ganzen Vortrag halten. So wie wirdasvonderDGKZdarstellen, ist es so, dass wir mit anderen Fachgebieten interdisziplinär zusammenarbeiten, sei es mit Kieferorthopäden, sei es mit äs- thetischen Chirurgen, um das kosmetische Gesamtbild unter- stützen zu können, wohingegen oftmals die ästhetische Zahnme- dizinsichwirklichnurumZähne und um die Verbesserung der reinen Zahnstrukturen aus äs- thetischer Sicht beschränkt. Das ist also ein Unterschied. Welche Fortschritte sind im Bereich der kosmetischen Zahnmedizin in den kommen- den Jahren zu erwarten? Wir sind technisch gesehen auf dem höchsten Stand, den wir je hatten. Es wird mit Sicherheit noch schnellere, genauere und sichere Imaging-Programme geben. Es wird viel mehr CAD/CAM-Fertigungen geben, wie beispielsweise heute schon BriteVeneers, die dreidimensio- nal hergestellt – also zunächst am Bildschirm – und die dann gesprayt werden. Es wird mit Sicherheit noch weitere Ent- wicklungen im Bereich der ultradünnen Teilveneers geben, die aufgeklebt werden. Hier ist die Fertigung noch extrem schwer, da nur kleine Fragment- teile kleine Ecken an Zähnen ersetzen. Im Bereich der Paro- dontologie wird die Züchtung vom Gewebe des Patienten dazu führen, dass das Gewebe ästheti- scher aussieht. Was wird sich genau im Bereich Imaging-Programme ändern? Die Bildbearbeitung der bild- gebenden Software wird sich be- stimmt verbessern. Also dass man auch schneller aus mehre- ren Winkeln Bildern schießen kann, dass man ein besseres dreidimensionales Bild erstellen kann. Die Entwicklung wird fortschreiten, denn im Moment sind nur grobe Darstellungen möglich. Welche Ziele bestimmen die Entwicklung von Materialien für ästhetische Versorgungen? Die Bioverträglichkeit muss ganz klar gegeben sein, da ge- rade im Bereich der kosmeti- schen Zahnmedizin die Stan- dards höher liegen als in den Be- reichen der funktionellen Zahn- medizin. Es geht aber auch um eine Langfristigkeit: Der Patient investiert und erwartet eine ge- wisse Langlebigkeit. Ein weite- res Ziel ist die passende Farb- gebung. Ich nenne das immer optische Illusion, die geschaffen werden kann. Dass man also bei vorab erkranktem Zahnfleisch wieder eine gesunde Struktur erzielen kann und dass es bei Zähnen auch dazu kommt, dass man den Zahnersatz nicht er- kennt oder er genau den Wün- schen des Patienten entspricht. Wird bei der Materialent- wicklung auch der Kostenfak- tor eine Rolle spielen? Auf jeden Fall. Der Kosten- faktor spielt immer eine Rolle. Aber bei modernen Verfahren muss er manchmal auch eine untergeordnete Rolle einneh- men. Etwa die Züchtung von künstlichem Knochen nach der Entnahme von Knochen des Pa- tienten, die in einem speziellen Freiburger Labor durchgeführt „Es gelten einfach noch höhere Standards“ Interview mit Prof. Dr. Martin Jörgens über die Geschichte und Entwicklung der kosmetischen Zahnmedizin ª Das japanische Gemälde zeigt eine Frau mit schwarz gefärbten Zähnen nach dem Ohaguro-Stil. Patientin vor der Behandlung. Ausgangssituation mit geschlossener … … und geöffneter Zahnreihe. Fotos:Prof.Dr.Jörgens „Es gab schon immer Ansätze, dass Menschen versucht haben, ihre Zähne optisch zu verschönern, etwa in der Steinzeit.“ „Der Patient investiert und erwartet eine gewisse Langlebigkeit.“ Bild:www.wikipedia.org

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