Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

DTGER1110

• Miller-Klasse I: Die Rezession reicht nicht bis an die Mukogingivalgrenze und es liegt interdental kein Verlust von parodontalemGewebevor(Abb.1) • Miller-Klasse II: Die Rezession reicht bis an oder über die Mukogingivalgrenze hin- aus und es liegt ebenfalls kein Ver- lust von parodontalem Gewebe interdental vor (Abb. 2) • Miller-Klasse III: Die Rezession reicht bis an oder über die Mukogingivalgrenze hin- aus und es liegt ein Verlust von Knochen oder Weichgewebe im Approximalraum vor. Das inter- dentale Weichgewebe liegt apikal der approximalen Schmelz-Ze- ment-Grenze, jedoch koronal des bukkalen Gingivalrands (Abb. 3) • Miller-Klasse IV: Die Rezession reicht bis an oder über die Mukogingivalgrenze hin- aus, mit einem starken Knochen- und Weichgewebeverlust im Ap- proximalraum. Das interdentale Weichgewebe liegt apikal des buk- kalen Gingivalrands (Abb. 4) Während bei den Miller-Klassen I und II eine vollständige Wurzelde- ckungerreichtwerdenkann,lässtsich beiderMiller-KlasseIIIdieRezession nur teilweise decken. Bei der Miller- KlasseIVistderKnochen-undWeich- gewebeverlust im Approximalraum sogroß,dasssichkeineRezessionsde- ckung erreichen lässt. Für die Pro- gnose des Behandlungsresultats ist alsodieHöhedesKnochen-undGin- givagewebes im Approximalraum der kritische Faktor. Indikation für Rezessionsdeckung Die Hauptindikation für eine Rezessionsdeckung sind ästhetische AnliegenundempfindlicheWurzel- oberflächen der betroffenen Patien- ten (Abb. 5 und 6). Die Erleichte- rung der Plaquekontrolle spielt vor allem bei weit marginal inserieren- den Wangen- und Lippenbändchen und bei fehlender angewachsener GingivaeineRolle.FreiliegendeZahn- hälse können aufgrund der Mor- phologie an der Schmelz-Zement- Grenze und des rauheren Dentins als natürliche Prädilektionsstelle für die Plaqueakkumulation gelten und durch eine Rezessionsdeckung eliminiert werden. Die Vorbereitung BevordiechirurgischeTherapie ausgeführt wird,ist es unabdingbar, im Rahmen einer Hygienephase alle Beläge zu entfernen und die ätiolo- gischen Faktoren so weit wie mög- lich zu verändern, damit die klini- schen Entzündungszeichen und Traumata minimiert werden. Wur- zelkaries und zervikale Füllungen stellen keine Kontraindikation dar, werden aber in aller Regel entfernt. Die freiliegende Wurzeloberfläche imBereichderRezessionsollgeglät- tet werden, um Rauigkeiten und Endotoxine zu entfernen (Abb. 7). Die modifizierte Tunnel-Technik Bei der Tunnel-Technik (Allen 1994) wird mit intrasulkulären Inzisionen, speziellen Tunnel-In- strumenten oder Küretten zervikal die Gingiva vom Knochen gelöst. Sobald es die Gewebedicke zulässt, kann das Periost auf dem Knochen belassen und im Bindegewebe prä- pariert werden. Die Präparation wird apikal und lateral 3 bis 5 mm über das Rezessionsgebiet hinaus geführt,wobeidiePapillenuntermi- niert werden (Abb. 8). Danach wird das Transplantat in den entstan- denen Tunnel eingebracht und mit je einer Matratzennaht mesial und distal am Mukoperiostlappen fixiert (Abb. 10). Um die Stabilität des Transplantats zusätzlich zu er- höhen, kann dieses mit einzelnen Umschlingungsnähten an den Zäh- nen fixiert werden. Für die vorher- sagbare Deckung der Rezessionen und für den Schutz des Transplan- tates wird der Mukoperiostlappen (d.h. das ganze gelockerte und tun- nellierte Weichgewe) in koronaler Richtung verschoben (Azzi and Etienne 1998; Aroca, Keglevich et al. 2010) und mit einzelnen Um- schlingungsnähten oder Aufhänge- nähten geschlossen (Allen 2010) (Abb. 11). Zwei klinische Beispiele ... zur Deckung multipler Rezessio- nen mit der modifizierten Tunnel- Technik: • Multiple Rezessionen als Folge von traumatischem Zähneputzen. Trauma, die das ästhetische Bild der Patienten beeinträchtigen (Abb. 5). • MultipleRezessionenalsFolgevon Trauma oder kieferorthopädi- scher Therapie (Abb. 6). Die Wurzel wird zunächst mit einer Gracey-Kürette geglättet, um dieEndotoxinezuentfernen(Abb.7). Die Tunnelpräparation: Im Sulkus werden unter Knochenkontakt die Fasern mit einer Kürette oder spe- ziellen Tunnelmessern gelöst und anschließendderLappenvorsichtig bis über die Mukogingivalgrenze hinaus frei präpariert (Abb. 8). Erst wenn unter dem Lappen bereits etwas Bewegungsfreiheit für die Instrumente herrscht, werden auch die Papillenbasen vom Knochen des interdentalen Septums gelöst. Der Tunnel ist ausreichend vor- bereitet, wenn der Lappen span- nungsfrei so weit nach koronal verschoben werden kann, dass die Gingiva die ganze Rezession bede- cken wird (Abb. 9). Einbringen des Transplantats: dasTransplantatwirdindenTunnel eingebracht und mit je einer Ma- tratzennaht am Lappen befestigt (Abb. 10). Anschließend wird das Transplantat zervikal mit Um- schlingungsnähten befestigt. Der Lappen wird nun so weit nach koronal verschoben und mit Umschlingungsnähten fixiert, dass die Schmelz-Zement-Grenze gut bedeckt ist (Abb. 11). Postoperatives Vorgehen Die Patienten werden instru- iert, die operierten Stellen zu scho- nen,die Wunden nicht zu berühren und die Wange nicht abzuspannen. Kühlung wirkt dem Ödem entge- gen und nichtsteroidale Entzün- dungshemmerwerdenzurSchmerz- bekämpfung eingesetzt. Um Infek- tionen, trotz Mundhygieneabsti- nenz, entgegenzuwirken, wird eine 0,2%ige Chlorhexidinlösungen ab- gegeben, mit der 2 Mal täglich ge- spült wird. Die Nähte im Gaumen können nach einer Woche entfernt werden. Die Nähte, die den Ver- schiebelappen halten, werden nach 10 bis 14 Tagen entfernt, worauf die mechanische Mundhygiene mit einerultraweichenZahnbürstevor- sichtig wieder aufgenommen wer- den kann. Solange das Areal noch geschont werden muss und die Rei- nigung der Inderdentalräume noch nicht möglich ist, wird weiter mit Chlorhexidin gespült. Die klinische Vorhersagbarkeit der modifizierten Tunnel-Technik Bisher liegen nur zwei Publika- tionenvor,beidenenmultipleRezes- sionen bei mindestens 5 Patienten mitdermodifiziertenTunnel-Tech- nik angegangen und mindestens 6 Monate beoachtet wurden. Aroca et al. (Aroca, Keglevich et al. 2010) behandelten in ei- ner randomisierten, kontrollierten Studie in einem Split-Mouth-Ver- fahren 20 Patienten mit multiplen Rezessionen der Miller-Klasse III. Sie konnten beobachten,dass die zu- sätzliche Verwendung von Schmelz- matrixproteinen zur modifizierten Tunneltechnik keine weiteren Ver- besserungen zur Therapie mit der modifizierten Tunnel-Technik alleine zeigt. Beide Verfahren wa- ren nach einem Jahr Beobachtung mit einer mittleren Rezessionsde- ckung von 82 % in der Testgruppe, respektive 83 % in der Kontroll- gruppe, ähnlich erfolgreich. Eine komplette Wurzeldeckung von al- len behandelten Rezessionen konn- te in beiden Gruppen bei je acht Patienten beobachtet werden. Die Therapie mit der modifizierten Tunnel-Technik kann also auch bei Miller-Klasse III vorhersagbare Re- sultate erzielen. Um das subepitheliale Binde- gewebetransplantat zu gewinnen, muss immer eine zweite Opera- tionsstelle eröffnet werden, und je nach Ausdehnung des Empfänger- bettes kann es unmöglich werden, ein entsprechend großes Trans- plantat zu gewinnen. In einer Fall- studie mit 5 Patienten mit multiplen Miller-Klassen I und II verwendeten Modaressi und Wang (Modaressi and Wang 2009) stattdessen zusätz- lich zur modifizierten Tunnel- Technik eine azelluläre dermale Matrix. Sie konnten damit eine durchschnittliche Rezessionsde- ckung von 60,5 % erzielen. Zurzeit werden weitere Studien mitdermodifiziertenTunnel-Tech- nik in unsererArbeitsgruppe durch- geführt. Sie sollen die Vorhersag- barkeit dieser Technik, mit und ohne zusätzliche Verwendung von Biomaterialien,weiter ermitteln. Beeinflussende Faktoren Das Tabakrauchen ist ein aner- kannter modifizierender Faktor in der Ätiologie der Parodontitis.Dass das Rauchen auch das Resultat ei- ner Rezessionsdeckung beeinflusst, konnten Chambrone et al. (Cham- brone, Chambrone et al. 2009) in einer systematischen Review zeigen. So war bei Rauchern die Reduktion der Rezession geringer und kom- plette Wurzeldeckungen konnten weniger oft erreicht werden als bei Nichtrauchern. Die Dicke des Lappens ist ab- hängig vom Biotyp des Patienten und ist positiv assoziiert mit der mittleren und kompletten Rezes- sionsdeckung (Hwang and Wang 2006; Berlucchi, Francetti et al. 2005). Auch die Lappenspannung nimmt Einfluss. Sobald die Span- nung des Lappens minimale 0,4 g zu übersteigen beginnt,beginnt sich die Spannung umgekehrt propor- tional zur erreichten Rezessions- deckung zu verhalten (Pini Prato, Pagliaro et al. 2000). Da bei der Koronalverschie- bung des Lappens die neue Position des Margo gingivae positiv mit der Rezessionsdeckung korreliert (Pini Prato, Baldi et al. 2005), soll bei der Positionierung des Lappens darauf geachtet werden, dass die Schmelz- Zement-Grenze bedeckt ist. Die Ausrichtung des Transplantates, ob die Seite mit dem Periost zum Zahn oder gegen den Lappen aus- gerichtet ist, scheint keine Rolle zu spielen (Lafzi, Mostofi Zadeh Farahani et al. 2007; Al-Zahrani, Bissada et al. 2004). Schlussfolgerungen Die modifizierte Tunnel-Tech- nik birgt durch das innovative Vor- gehen Vorteile für die Gewebe und den Patienten. Da die einzige Inzi- sion auf den Sulkus beschränkt ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Gewebe gut durchblutet werden und die Ernährung der koronal verschobenen Gingiva und desdarunterliegendenTransplanta- tes gewährleistet ist. Die marginale Lage des Transplantates und der ko- ronalverschobenenGingivakönnen gutgesteuertundmitdenUmschlin- gungsnähten gesichert werden. Durch die Transplantation des Bin- degewebeskanneineVerdickungder keratinisiertenGingivaerreichtwer- den (Bittencourt, Ribeiro Edel et al. 2009), welche zur Langzeitstabilität und reduzierter Dentinsensibilität führt. Weil keine Entlastungsinzi- sionen gelegt werden, werden keine Narben beobachtet, und da das Transplantatnichtepithelialisiertist und unter die Gingiva zu liegen kommt, sind auch keine Farbabwei- chungen zu erwarten. Eine Literaturliste steht für Sie ab sofort unter www.zwp-online.info/ fachgebiete/parodontologie zum Download bereit. PT State of the Art PERIOTRIBUNE German Edition · Nr. 11/2010 · 3. November 201018 Á Fortsetzung von Seite 17 Dr.med.dent.PetraHofmänner Prof.Dr.med.dent,Dr.h.c. (mult.),M.S.AntonSculean Zahnmedizinische Kliniken der Universität Bern Klinik für Parodontologie Freiburgstr.7,3010 Bern Schweiz Tel.: +41 31 6322577 Fax: +41 31 6324915 anton.sculean@zmk.unibe.ch www.zmk.unibe.ch Kontakt Abb. 12: Heilung 4 Monate nach Therapie des in Abb. 6 dargestellten Falles. – Abb. 13: Heilung 6 Monate nach Therapie der Rezessionen ausderAbb.5.EswurdeeinevollständigeDeckungderRezessionenerreicht. 5 6 7 8 9 10 11 12 13