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Dental Tribune German Edition

Autor iInformation Knapp 300 Teilnehmer nahmen zu Beginn des Jahres am Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Endodontologie SSE im Theater Casino Zug teil, um sich über die neuesten Forschungsergebnisse und Behandlungskonzepte zu informie- ren. Die mehrheitlich in Englisch gehaltenen Referate deckten das ganze Spektrum der Wurzelkanalbe- handlung ab: Von der Stress-Be- kämpfung, über Tipps und Tricks beim Spülen, bis zur Finanzberech- nung. Eine große Industrieausstel- lung im frisch renovierten Theater- saal ergänzte die wissenschaftlichen Vorträge. Der Patient versteht nur Bahnhof Laut einer von Prof. Lucas Bachmann, Epidemiologe an der Universität Zürich, präsentierten Untersuchung,fehltderAllgemeinbe- völkerung elementares medizinisches Wissen und sie hat Mühe mit dem Zahlenverständnis. Aber auch Ärzte haben Mühe mit Zahlen umzugehen und interpretieren Studienergebnisse oftmals falsch. Die Patientenkom- munikation muss darauf Rücksicht nehmen.Wahrschein- lichkeiten sollen statt in Prozentangaben besser mit einfachen Diagrammen oder mit Erläuterungen wie „eine Person aus 100 ist betroffen“ dargestellt werden. Seit einigen Jahren gibt es viele medizi- nische TV-Sendun- gen wie Dr. House, Sprechstunde Ge- sundheit oder Puls, das durchschnittli- che Medizinwissen der Bevölkerung istabertrotzdemimmernochsehrge- ring. Medikamente werden oft mit Angaben von über 50 % Wirkungs- steigerung im Vergleich zu Kontroll- gruppenangepriesen.DiesePräparate nicht zu verschreiben käme einem Kunstfehlergleich,dochbeiderInter- pretation solcher Angaben ist größte Vorsicht geboten. Eine weitere Studie befragte Gesundheitsämter, ob bei einer HIV-negativen Person der HIV- Test auch positiv ausfallen könne. Antworten wie„in Frankreich ja,aber nicht bei uns“, oder „absolut unmöglich,wir haben eine Spezifität von 99,3 %“, sorgten für Heiterkeit. Lokalanästhetika sindsehrsicher Prof.JohnMeechan vom Royal College of Surgeons in Edinburgh referierte in charman- temschottischenAkzent über Lokalanästhetika. Gemäß dem „Textbook of Pain“, der „Schmerzbibel“, gelten Lokalanästhetika als sehr sicher. Kommt es zu einem seltenen Zwi- schenfall, so wurde meist zu viel in- jiziertoderanfalscherStelle.Beieiner Leitungsanästhesie im Unterkiefer spüren 1 bis 8 % aller Patienten einen elektrischen Schock (das Berühren des Nerves mit der Kanüle), aber nur etwa die Hälfte, welche eine bleiben- de Nervschädigung davonträgt, ver- spürte diesen elektri- schen Schock! Muss bei der Injektion des An- ästhetikums mit unge- wöhnlich viel Druck appliziert werden,ist die Nadel möglicherweise im Nerv drin – ein Ver- schieben der Nadel ist nötig. Damit beim Ein- stechen und Auftreffen der Nadelspitze auf den Knochen keine Wider- hakenbildung nach au- ßen entstehen kann, empfiehltProf.Meechan die Kanülenöffnung zum Knochen hinauszurichten. Eine bleibende Schädigung des Nervus lingualis tritt in ca. 1:500.000 Fällenauf,dasRisikovomBlitzgetrof- fen zu werden ist mit 1:250.000 dop- pelt so häufig. Prof. Meechan äußerte sich kritisch über den Nutzen com- putergestützterAnästhesie.Dergroße Vorteilliegtaberdarin,dassnormaler- weiseschmerzhafteAnästhesietechni- kenwiediederPASA,AMSAoderPDL einfach realisiert werden können. Bei der PASA-Anästhesie wird die Nadel neben der Schneide- zahnpapille in das Foramen incisivum eingeführt und er- gibt eine Anästhesie vonetwaEckzahnbis Eckzahn, ohne die Lippezuinvolvieren. Häufigste Fälle einer Überdosierung von Lokalanästhetikage- schehen bei der Nar- kose von Kindern. Im Zuge der zügigen Behandlung ist man oft verleitet, noch einen Quadranten mehrzusanieren,diemaximaleDosis von zwei Ampullen soll aber nicht überschrittenwerden. Der Blickwinkel macht’s aus Den ersten Tag beschloss Dr. Frances Andreasen, Universität Kopenhagen, mit ihrem Referat über Traumatologie. Bevor sie bei einem Unfallpatienten mit derBehandlungstar- tet, reinigt sie zuerst die betroffene Stelle und überlegt sich dann die Strategie. Wann?, Wo? und Was?istpassiert,sind die Kardinalsfragen derTraumatologie. 80 % der im Kin- desalterwurzelkanal- behandelten Zähne in der Front werden später frakturieren, eine korrekte Aufklärung ist deshalb unabdingbar. Die Versorgung wird als Langzeitpro- visorium bezeichnet und muss bereits bei dessen Herstellung mit Hinblick aufeinespätereVersorgungangefertigt werden. Dr. Andreasen zeigte span- nendeRöntgenbilder,aufdenennichts Spezielles zu sehen war, auf einer zweiten Auf- nahme mit leicht verän- dertem Winkel wurde aber plötzlich eine riesi- ge Resorption sichtbar! Nach der Pause zeigte sie denvonihrproduzierten Film: „Marie Curie“, der die Zuschauer tief be- eindruckte. Wie beurteile ich eine klinische Studie richtig? Prof. Martin Tra- mèr, Anästhesist an der Universität Genf, referierte über das richtige Beurteilen klinischer Studien und was man aus solchen Untersu- chungen lernen kann. Das Problem bei gefälschten Arbeiten ist, dass nur die schlecht gefälschten Studien aus dem Umlauf gezogen werden, die gu- ten aber nicht.Wird eine Studie nicht richtig randomisiert, weiß der Be- handlerbereitsimVorauswaskommt und ist somit beeinflusst, bis zu 30 % kann so das Resultat abweichen.Wird der Versuch nicht korrekt verblindet, kann das Resultat bis zu 20 % über- bewertet werden. Oft ist es so, dass je klinischer eine Stu- die durchgeführt wird, desto schlechter fallen die Resultate aus. Nicht alle Arbeiten werden in Medline indexiert, in Prof.TramèrsFachgebiet der Anästhesie sind dies beispielsweise nur 12 % aller Artikel. Werden Originalarbeiten mit Originalarbeiten und deren Duplikaten ver- glichen,kann es zu einer Überbewertung von bis zu 25 % kommen.Nicht alle Sachverhalte bedingen einer kon- trollierten, kostenintensiven, multi- zentrischenUntersuchung. EinmalgebrauchvonEndo-Nadeln Dr. Howard Lloyd, London, Präsident der britischen Gesellschaft der Endodontologen, begann sei- nen Vortrag mit der Geschichte der NiTi-Instrumente.Dr. Lloyd war in seinem Vortrag sehr ehrlich und zeigte eigene Misserfolge von ab- gebrochenen Instru- menten. JedickerdieFeile ist, desto schneller bricht diese durch Ermüdungsfraktur in einem gebogenen Kanal. Als Dau- menregel gilt, dass ein NiTi-Instrument beim fünften Mal frakturiert. In Eng- landwerdenendodontischeAufberei- tungsinstrumente wegen der Gefahr der Kreutzfeldt-Jakob-Übertragung im Einmalgebrauch verwendet. Dr. Lloyd sieht die neuesten Entwicklun- gen bei den NiTi-Instrumenten in Richtung der Modifizierung der Legierungen und der Optimierung der Anwendungstechnik durch den Behandler. Spülen, spülen, spülen Einen der besten Vorträge des Kongresses hielt Priv.-Doz. Matthias Zehnder, ZZM Zürich. Nach einem kurzen Rückblick auf die wichtigsten Studien der Vergangenheit, zum Bei- spiel der Kakehashi-Studie mit ste- rilen/unsterilen Ratten mit offener Pulpa, zeigte Dr. Zehnder Mikro-CT- Bilder von Wurzelkanalsystemen, um zu visualisieren, dass große Bereiche unbearbeitet bleiben, egal ob von Hand oder maschinell aufbereitet wird. Eines der größten Probleme ist, dasssichDebrisinSeitenkanälenoder dem Isthmus ablagert. Natriumhy- pochlorit ist das Mittel der Wahl zur Desinfektion, es reinigt durch Auf- lösen der organischen Matrix.Mittels einer Kalziumhydroxid-Einlage wer- den dann noch die anorganischen Teile aufgelöst. Ganz wichtig ist, dass mindestens bisISO35–40aufbereitetwird,umbis auf Arbeitslänge spülen zu können. WirddasNatriumhypochloritnochmit Ultraschallaktiviertoderaufgewärmt, so kann dessen Wirkung stark erhöht werden.WirdRC-PrepoderGlydezur Aufbereitung der Kanäle verwendet, sodarf diesesnichtmitdemNatrium- hypochlorit in Kontakt kommen,weil sonst letzteres durch das EDTA inak- tiviert wird. Priv.-Doz. Zehnder sieht die Zukunft der Wurzelkanalfüllun- gen in der Verbesserung der Interak- tionmitdenWurzelkanaloberflächen. WasinderAdhäsivtechnikschonlange Standard ist, wird in der Endodontie erstnochEinzugfinden. Empfohlenes Vorgehen für einzeitige Behandlung 1.AufbereitungunterNaOCl 2.DreiMin.EDTA 3.Passive Ultraschallaktivierung 3 x 20 Sek.NaOCl 4.DesinfektionNaOClfür20Min. 5.LetzteSpülungEDTA 6.Wurzelkanalfüllung Empfohlenes Vorgehen für zweizeitige Behandlung: 1.AufbereitungunterNaOCl 2.DreiMin.EDTA 3.Passive Ultraschallaktivierung 3 x 20 Sek.NaOCl 4.1–3WochenCa(OH)2 5.AufbereitungunterEDTA 6.Wurzelkanalfüllung Chlorhexidin als Spüllösung zu verwenden macht keinen Sinn, bei EDTA ist große Vorsicht geboten, nichtüberdenApexhinauszuspülen. Eine gut besuchte Industrieaus- stellung im renovierten Jugendstil- saal und eine Get-together-Party im Zuger Hafenrestaurant rundeten den Jahreskongress ab. Der nächste SSE Jahreskongress findet am 20. und 21. Januar 2012 im Palais de Beaulieu inLausannestatt. Ein ausführlicher Bericht kann in der E-Paper-Ausgabe der Dental Tribune German Edition gelesen werden. ET Endo Events ENDOTRIBUNE German Edition · Nr. 6/2011 · 1. Juni 201122 „Jenseits des Kofferdams, what else?“: Internationale Impulse aus der Endodontologie Renommierte Endodontologen aus der Schweiz, Großbritannien, Deutschland und Dänemark referierten auf dem Jahreskongress der schweizerischen Gesellschaft für Endodontologie SSE in Zug. Med. dent. Roman Wieland, Zürich, fasst für Dental Tribune zusammen. Gut besuchter Jahreskongress 2011 der SSE imTheatersaal desTheater Casino Zug.Fotos: Med.Dent.RomanWieland Prof. Lucas Bachmann, Univer- sität Zürich Prof.John Meechan,Edinburgh Dr. Frances Andreasen, Univer- sität Kopenhagen Präsident der „British Endodon- tic Society“ Dr. Howard Lloyd, London Bildergalerie