Die moderne zahnärztliche Implantologie ist heute aus der täglichen Praxis nicht mehr wegzudenken. In keinem anderen Fachgebiet der Zahnmedizin haben die letzten zehn Jahre derartige revolutionäre Fortschritte in der Funktion und ästhetischen Rehabilitation gebracht. Veränderte Oberflächendesigns der Implantate im Makro-, Mikro- und Nanodesign sowie ein besseres biologisches Grundlagenverständnis der regenerativen Kaskadenprozesse haben die Insertions- und Versorgungsprotokolle der zahnärztlichen Implantologie verändert.
Patientenfälle, die den Defektklassen II und III (siehe Teil 1) eingeteilt werden können, sind sicherlich am häufigsten in der Praxis anzutreffen. Lokale Knochenverluste entstehen regelmäßig bei Zahnextraktionen (Abriss des Septums oder der vestibulären Lamelle), nach Wurzelresektionen oder Defektheilungen. Allein das Deperiostieren kann insbesondere beim Biotyp II der Gingiva zu erheblichen Rezessionen oder Dehiszenzen führen und das prospektive Lagergewebe des Knochens kompromittieren. In weniger idealen Indikationsbereichen ist es daher umso mehr erforderlich, dass das Behandlerteam nicht nur implantieren und prothetisch versorgen kann, sondern auch in der Lage ist, alle denkbaren Komplikationen zu beherrschen
Die Entscheidung zu einer Sofortimplantation ist dann als grenzwertig zu bezeichnen, wenn neben einer fraglichen Primärstabilität und transversalem Knochenverlust auch ein deutlicher vertikaler Knochenverlust vorliegt. Die Wiederherstellung vertikaler Substanzverluste gehört zu dem schwierigsten Problemkreis in der (ästhetischen) Implantologie. Wie schon in den beiden ersten Teilen dargestellt wurde, kann ein Vertikalverlust durch den Einsatz des transgingivalen Platform Switching oft kompensiert werden, allerdings gibt es auch hier natürliche (biotypbedingte) Grenzen. Es muss dem Patienten daher vor Behandlungsbeginn sehr deutlich erklärt werden, dass ein optimales Behandlungsergebnis unter Umständen aufgrund der vorliegenden Defektsituation in einem Eingriff nicht zu erreichen ist. Je weiter die Indikation von der Standardimplantation sich entfernt, umso schwieriger wird die Umsetzung des „All-in-One“-Konzeptes, gleichzeitig wächst die Chance auf einen zumindest teilweisen Misserfolg. Nach dem Motto, „was lange währt, wird auch nicht immer gut“, ist festzustellen, dass insbesondere bei ausgedehnten Defekten das zwei- oder mehrphasige Therapiekonzept alles andere als sicher ist, da die Anzahl der chirurgischen Interventionen naturgemäß auch die Anzahl der potenziellen Komplikationen erhöht.
Im letzten Abschnitt unserer Publikationsserie sollen diejenigen Patientenfälle angesprochen werden, bei denen eine Sofortimplantation prinzipiell ausscheidet. Die Defektklasse IV (siehe Abb. 2, Teil 1) bezeichnet anatomische Ausgangsbefunde, bei denen insbesondere die knöcherne Situation so desolat ist, dass sie eine primäre Augmentation notwendig machen. Es handelt sich in der Regel um großzügige dreidimensionale Defekte aufgrund von Zysten, parodontalen Defekten, Tumor, Trauma oder auch nach Explantationen bzw. Implantatverlusten...