In der BRD unterziehen sich jährlich etwa 400.000 Personen ästhetisch-chirurgischer Behandlungen. Anlass ist der Wunsch nach Schönheit und jugendlichem Aussehen...
Dieser Beitrag geht zurück auf einen Vortrag auf der Jahrestagung des Deutsch-Österreichisch-Schweizerischen Arbeitskreises für Tumoren im Kiefer- und Gesichtsbereich im Herbst 2008 in Basel, veranstaltet unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Hans-Florian Zeilhofer, Chefarzt der Klinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsspital Basel. Der Vortrag war einer der wenigen nichtmedizinischen Vorträge auf der Tagung. Er stieß auf großes Inte resse der teilnehmenden Onkologen, Radiologen, MKG- und Tumorchirurgen, Implantologen, anderen Fachärzten und Forscher, wie die lebhafte Diskussion zeigte.
Kosmetische Chirurgie und kosmetische Behandlungen beschäftigen sich auf den ersten Blick mit wahrhaftigen Äußerlichkeiten: schöne Augen, faltenlose Haut, hübsche Nase, ein wohl - geform tes Gesicht. Auf den zweiten Blick wird deutlich, dass diese Oberflächlichkeiten in der Tiefe etwas zu tun haben mit Wohlbefinden, Selbstzufriedenheit und persönlichem Glücksgefühl. Und der dritte Blick reicht plötzlich ganz tief, bis hinein in die griechische Philosophie, wo wir unvermittelt auf den Fundamenten unserer abendländischen Kultur stehen...
Mit Schönheit, mit dem „calos anthropus“, dem schönen Menschen, befasst sich die Menschheit seit der Antike. Die Statue der Venus von Milo ist ein exemplarisches Beispiel für die idealisierte Verkörperung von Schönheit. Der Raub der „schönen Helena“ führte zur Zerstörung des trojanischen Reiches. Auch in der Moderne hat „Schönheit“ einen gewaltigen Einfluss, der sich vor allem im Ökonomischen ausdrückt. Laufsteg- Models, die noch bis in die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts als „Kleiderständer“ apostrophiert wurden, gelten spätestens seit dem Auftreten von Claudia Schiffer und Naomi Campbell als hochdotierte Ikonen der Schönheit. Heidi Klum hat sich selbst von einem Cover-Titel als Fahrradmodel zu einer „Marke“ entwickelt, die jungen Mädchen als Eintrittskarte in die große, weite Welt gilt...
Faziale Ästhetik – das Thema dieser Ausgabe von „face“ lädt geradezu dazu ein, den hier zugleich angesprochenen Gesichtssinn kultursoziologisch in den Blick zu nehmen. Bereits die wortgeschichtliche und etymologische Vielschichtigkeit des mittelhochdeutschen Wortfeldes von gesiht, antlitze und angesiht verweist auf den wechselseitigen Prozess, der im Visavis immer „nur“ ein Dazwischen kons - tituiert: einen Zwischenraum...
Körperbildforschung im Rahmen der rekonstruktiven und ästhetischen Plastischen Chirurgie
Frauen sind regelmäßig damit konfrontiert, dass sich ihr Körper verändert. Der Körper des Mannes verändert sich dagegen überwiegend alters- bzw. lebensstilgemäß. Sportlich Aktive altern anders als Nachtarbeiter, Übergewichtige, Trinker und Raucher.
Kaum ein chirurgisches Fachgebiet findet so breites Medieninteresse wie die Plastische Chirurgie. Der Spannungsbogen in den Medien reicht von Begeisterung bis schärfster Ablehnung dieses Teils der Plastischen Chirurgie, zwar oft sachlich wenig begründet, aber immer emotionell betont. Häufig wird die Frage gestellt, sei es in Artikeln oder im TV, warum hat die Plastisch-Ästhetische Chirurgie einen solchen Aufschwung erlebt und damit das öffentliche Interesse in dieser Form geweckt?
Komplexe Gewebeverpflanzungen sind zu Routineeingriffen an operativen Zentren mit mikrochirurgischer Erfahrung geworden. Die Plastische Chirurgie ist maßgebend an der fortwährenden Weiterentwicklung dieser autologen (Spender und Empfänger sind dieselbe Person), syngenen (Spender und Empfänger sind genetisch identisch – eineiige Zwillinge), allogenen (Spender gehört der gleichen Art an), xenogenen (Spender gehört einer anderen Art an) und schließlich der alloplastischen (künstliches Material) Transplantationen beteiligt.
Das Thema „Schönheit“ hat schon Zeitgenossen verschiedenster Epochen beschäftigt. Die Venus von Willendorf hatte vor 27.000 Jahren eine überaus üppige Figur. In der Antike durfte Aphrodite hingegen kein Gramm Fett zu viel aufweisen. Während im Mittelalter die zarte Figur bevorzugt wurde und das Schminken eher als heidnisch galt, war Kleopatra bekannt für ihre Schönheitsexperimente und Schminktinkturen. In der Renaissance wurde es sportlicher und im barocken Zeitalter waren füllige Formen wieder gefragt. Im weiteren Verlauf sollte sich die Idealfigur noch mehrfach ändern – auffallend ist hierbei, dass die Schönheit des Gesichts kaum Wandlungen unterlag.
Als die Redaktion der Zeitschrift face mit der Bitte, einen Artikel über „Kunst und Plastische Chirurgie“ zu verfassen, im September 2011 an mich herantrat, bereitete ich gerade meine erste Ausstellung als Künstler vor, nachdem ich 2009 meine Tätigkeit als Leitender Oberarzt in einer Abteilung für Plastische und Ästhetische Chirurgie aufgegeben hatte. Ich habe nie an einer Kunsthochschule studiert und folge in meiner Malerei einem sehr persönlichen Impuls, den ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie öffentlicher Kritik aussetzen musste...