Wissenschaftlich gestützte Literatur für Dentalkonzepte 6 1 0 2 Scannen Sie den Code für mehr Informationen MAGAZIN 2016 Implantology Solutions Perikardmembranen Periimplantitis Implantat-Schulterdesign
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Inhalt Vorwort Perikardmembranen – Charakteristiken einer resorbierbaren Kollagen-Barrieremembran Dr. rer. nat. Nina Rätscho, BEGO Implant Systems SCIENCE RADAR Barbeck et al., 2014 SCIENCE RADAR BEGO Implant Systems 2015 Periimplantitis – Definition, Ätiologie, Prävention und Therapie der Periimplantitis – Aktuelle Studienergebnisse Ole Jung, Dr. med. Dr. med. dent. Henning Hanken, Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Max Heiland, Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Ralf Smeets SCIENCE RADAR von See., 2015 Das Schulterdesign – Maschinierte versus mikrostrukturierte Implantatschulter – Was ist besser? Dr. med. dent. Tim Fienitz. Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Uniklinik Köln Fallbeispiel Navigierte Implantation mit simultanem Sinuslift 4 14 16 17 32 33 40 Impressum Close Up – The Open Access Herausgeber: BEGO Implant Systems GmbH & Co. KG, Wilhelm Herbst Str.1 · 28359 Bremen · Tel. +49 421 2028-246, Fax +49 421 2028-265, E-Mail: info@bego-implantology.com, Homepage: www.bego.com, CEO: Dipl.-Kfm. Christoph Weiss, Dipl.-Ing. Walter Esinger, Register: HRA 23353, Tax ID: DE 811138591 Verantwortlich für den Inhalt (gem. § 55 Abs. 2 RStV): Dr. Nina Chuchracky, Redaktion: Dr. Nina Rätscho, Anzeigen: Maike Wachendorf, Wilhelm Herbst Str.1, 28359 Bremen Design und Layout: Design4Media, Calle L`Agret 1 / EP 25, 03730 Jávea (Alicante), E-Mail: info@design4media.es Close Up erhalten Sie kostenfrei unter Tel.: +49 421 2028-246 oder als PDF im Wissenschaftsportal von BEGO Implant Systems unter www.bego.com/closeup Anwenderhinweis: Für die Anwendung unserer Produkte und die zugelassenen Indikationen ist die von uns herausgegebene Gebrauchsanweisung für jedes Produkt maßgeblich. In Close Up – The Open Access veröffentlichte Erfahrungsberichte von Anwen- dern dienen der wissenschaftlichen Diskussion, es ist möglich, dass die dargestellten Anwendungen und Indikationen noch nicht wissenschaftlich anerkannt sind oder gemäß der Gebrauchsanwei- sung nicht von uns empfohlen werden. Die Auswahl der geeigne- ten Behandlungsmethode ist in jedem Einzelfall vom Behandler eigenverantwortlich vorzunehmen. Eine Haftung unsererseits ist bei Auswahl einer nicht geeigneten Behandlungsmethode ausge- schlossen. 2 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Vorwort Mit dem Close Up-Konzept verfolgen wir das Ziel, aktuelle Themen aus dem Umfeld der dentalen Implan- tologie ganz aus der Nähe zu betrachten. Basierend auf aktuellen Erkenntnissen zeichnen die Autoren der Close Up-Ausgaben zeitgemäße Portraits einzelner Therapiekonzepte, Designmerkmale und Materialien. „Ein wichtiger Aspekt ist die freie Zugänglichkeit von Informationen. Natürlich möchte jeder Anbieter auf dem Dental Markt seine Produkte bestmöglich posi- tionieren. Aber da es den einen perfekten Patienten nicht gibt, kann es auch kein vollkommenes, perfektes Produkt geben. Die heutige Bandbreite an Produkten, Therapiekon- zepten und verwendeten Materialien spiegelt für uns die Individualität der Patienten genauso wider wie die besonderen Erfahrungen, das Geschick und den persönlichen Stil des Behandlers. All dem tragen wir bei der Entwicklung neuer Produkte und Materialien Rechnung. Die Wissenschaft ist für uns dabei essentiell, unse- rer Produkte werden an Instituten und Universitäten ständig begleitet in Studien und interdisziplinären Fragestellungen. Mit Close Up erfahren Sie den aktuellen Stand in der wissenschaftlichen Literatur zu Themen rund um die dentale Implantologie. Die Hauptaussagen aus diversen Studien werden zusammengefasst und anschaulich bereitgestellt, um dem Anwender einen komfortablen Überblick der aktuellen Erkenntnisse zu verschaffen. Widersprüchliche Ergebnisse und eine Vielzahl von Studienansätzen erschweren bei vielen Themen eine abschließende Beurteilung – mit Close Up-The Open Access als schaffen wir eine Basis für den Überblick in der wissenschaftlichen Literatur. Neu im Magazin finden Sie unseren Science Radar. Wir haben für Sie aktuelle Publikationen geortet und zusammengefasst oder zeigen Ihnen aktuelle Literatur- angaben zu Materialien, Produkten, oder Behandlungs- konzepten. Wir wünschen Ihnen für unser erstes großes Magazin interessante Einblicke! Mit besten Grüßen Ihr Walter Esinger 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 3
CLOSE UP THE OPEN ACCESS PERIKARDMEMBRANEN Charakteristiken einer resorbierbaren Kollagen-Barrieremembran Dr. Nina Rätscho, Abteilung Produktmanagement, BEGO Implant Systems GmbH & Co. KG, Bremen, Deutschland Abstract Regelhafte Volumenverluste des Alveolarkamms nach Zahnextraktionen können das Hart- und Weichge- webslager für Implantationen und damit das ästheti- sche Ergebnis kompromittieren. Das Prinzip der mem- brangeschützten Knochenregeneration (guided bone regeneration, GBR) stellt derzeit in der zahnärztlichen Praxis das häufigste Verfahren zum Knochenaufbau dar. Durch das Separieren des schnell proliferierenden Weichgewebes vom langsamer regenerierenden Hart- gewebe entsteht ein geschütztes Kompartiment, in dem verletztes oder verloren gegangenes Knochenge- webe regeneriert werden kann. Kommerziell erhältliche Barrieremembranen lassen sich anhand einiger Eigenschaften deutlich voneinan- der unterscheiden. Faktoren, wie das „Ursprungsge- webe“ und der „Herstellungsprozess“, wurden ebenso untersucht, wie der Einfluss der Spezies, aus welcher das Kollagen gewonnen wird oder die Quervernetzungs- charakteristika. In welchem Umfang diese Faktoren maßgeblich für zum Beispiel die Biodegradationszeit einer Barrieremembran sind, wurde in diversen Studien diskutiert. Die BEGO Collagen Membrane ist eine resorbierbare Barrieremembran aus Kollagen, die den Anforderungen für den Einsatz in der gesteuerten Knochen- und Geweberegeneration entspricht und sich im klinischen Einsatz bewährt hat. Als Key Features der BEGO Collagen Membrane werden die geeignete Barriere- funktion zum Schutz von Bereichen knöcherner Regeneration, der zuverlässige Ausschluss des Weich- gewebes aus dem Regenerationsbereich und die Permeabilität für Nährstoffe angesehen. Schlagwörter: Kollagen, Barrieremembran, Porosität, GBR, GTR Wissenschaftsportal Wissenschaftlich gestützte Literatur für Dentalkonzepte 3 1 0 2 | 1 0 • Dieser Artikel ist Online. PERIKARDMEMBRAN Charakteristiken einer resorbierbaren Kollagen-Barrieremembran Highlights Dokumentierter klinischer Einsatz und Key Features der BEGO Collagen Membrane Porosität und Permeabilität versus Barrierefunktion 4 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS 1. Barrieremembranen in der membrangeschützten Knochenregeneration Das Prinzip der membrangeschützten Knochenregene- ration (guided bone regeneration, GBR) stellt derzeit in der zahnärztlichen Praxis das häufigste Verfahren zum Knochenaufbau dar (BOSSHARDT & SCHENK, 2010). Der biologische Mechanismus der membran-geschütz- ten Knochenregeneration oder auch gesteuerten Knochenregeneration (GBR – guided bone regenerati- on) basiert auf dem Einbringen einer Barrieremembran und dient dabei der klaren Trennung von Hartgewebe und Weichgewebe (u.a BOSSHARDT & SCHENK, 2010; ROTHAMEL et al., 2005; HÄMMERLE & LANG, 2001; HÄMMERLE & KARRING, 1998; KARRING et al., 1993; DAHLIN et al., 1988; GOTTLOW et al., 1986). Durch das Separieren des schnell proliferierenden Weichgewebes vom langsamer regenerierenden Hart- gewebe entsteht ein geschütztes Kompartiment, in das Zellen aus der knöchernen Defektumgebung einwan- dern und dort neues Knochengewebe regenerieren können (TAL et al., 2012). In der Regel wird ein Knochendefekt mit Knochen- ersatzmaterialien gefüllt und eine Barrieremembran als Abdeckung über das volumengebende Knochen- ersatzmaterial in direktem Kontakt zur benachbarten Knochenoberfläche eingebracht (BORNSTEIN et al., 2010), da die Immobilisierung am Knochen einen direkten Einfluss auf die Knochenbildung zu haben scheint (DIMITRIOU et al., 2012; AMANO et al., 2004). Im geschützten Hohlraum unter der Barrieremembran kann sich zunächst ein stabiles Blutkoagulum bilden, das als erste Matrix zur Regeneration dient. Die Anforderungen an eine ideale Membran für die GBR-Verfahren beinhalten neben der Zell-Okklusivität auch eine gute Gewebekompatibilität, einfache Appli- kations- und Gewebeintegrative Eigenschaften. Die Forderung an eine ideale Membran besteht darin, so lange intakt zu bleiben, bis die Phase der gewünsch- ten Knochenregeneration abgeschlossen ist und erst anschließend ins umgebende Weichgewebe integriert zu werden (u. a. GHANAATI, 2012; BORNSTEIN et al., 2010; SCHWARZ et al., 2008; McALLISTER & HAG- HIGHAT, 2007; HARDWICK et al., 1994; GOTTLOW, 1993). Kommerziell erhältliche Barrieremembranen lassen sich anhand einiger Eigenschaften deutlich voneinan- der unterscheiden. So sind zunächst nicht-resorbier- bare von resorbierbaren Membranen zu unterscheiden. Die Resorbierbarkeit beschreibt dabei die Eigenschaft der Membran, im Körper des Empfängers durch phy- siologische Prozesse biodegradiert zu werden. Nicht- resorbierbare Membranen sind bioinert. Es bedarf eines chirurgischen Eingriffs, um diese nach erfolgter Regeneration zu entfernen. Neben den Belastungen eines zweiten chirurgischen Eingriffs für den Patien- Exkurs 1 Navigierte Chirurgie Guided surgery Implantatprothetik inkl. CAD/CAM Implant prosthetics incl. CAD/CAM BEGO Biomaterialien System BEGO biomaterial system Implantate & Gewebemanagement Implants & Tissue management Als Systemanbieter auf dem Sektor der dentalen Implantologie etabliert BEGO Implant Systems neben Implantaten und vielfältigen prothetischen Versorgungsmöglichkeiten zusätzlich chirur- gische Konzepte und systematisch zusammengestellte Biomaterialien-Produktprogramme für Therapieverfahren zur gesteuerten Knochen- und Geweberegeneration. ten kann es bei der Entfernung nicht-resorbierbarer Membranen zu Verletzungen am darunterliegenden regenerierten Gewebe und dem Risiko einer folgenden krestalen Resorption des Alveolarknochens kommen (PIHLSTROM et al., 1983). Nicht-resorbierbare Membranen bieten jedoch den Vorteil einer zeitlich unbegrenzten Barrierefunktion und damit einhergehend des Ausschlusses des Weich- gewebes aus dem Bereich der knöchernen Regeneration. Resorbierbare Membranen können hingegen im Körper des Empfängers durch physiologische Prozesse biode- gradiert werden. Somit wird ein Eingriff zum Entfernen der Membran überflüssig. 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 5
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Resorbierbare Membranen bieten, anders als nicht- resorbierbare Membranen, dafür nur eine begrenzte Barrierefunktion zum Ausschluss des Weichgewebes aus dem Bereich der knöchernen Regeneration, weil die strukturelle Integrität der Membranen mit fort- schreitenden Resorptionsereignissen gebrochen wird (u. a. SCHWARZ et al., 2008). Resorbierbare Membranen aus xenogenem Kolla- gen für den Einsatz in den Verfahren der GBR sind heutzutage sehr gebräuchlich. Kollagene sind eine Protein-Superfamilie mit mehr als 20 verschiedenen Typen. Für Barrieremembranen finden die fibrillären, strukturgebenden Kollagene (Kollagen Typ I und III) aus bindegewebigen Strukturen die breiteste Anwen- dung (SCHLEE et al., 2012; SCHWARZ et al., 2008; SCHWARZ et al., 2006a & 2006b; ROTHAMEL et al., 2005; BUNYARATAVEJ & WANG, 2001). Die BEGO Collagen Membrane ist eine resorbierbare Barrieremembran aus Kollagen für den Einsatz in der gesteuerten Knochen- und Geweberegeneration. Die Fertigung der BEGO Collagen Membranen erfolgt aus porcinem Perikard, wobei hier speziell die Schicht des Pericardium fibrosum hauptsächlich aus dichten Kollagenfibrillen besteht. Zum Schutz des Herzens vor Überdehnung sind die Eigenschaften des Perikards an diese Funktion optimal angepasst. 2. Dokumentierter klinischer Einsatz und Key Features der BEGO Collagen Membrane Die BEGO Collagen Membrane ist als Barrieremembran für den Einsatz in Techniken der gesteuerten Knochen- und Geweberegeneration indiziert (Abb. 1). Regelhafte Volumenverluste des Alveolarkamms nach Zahnextraktionen können das Hart- und Weichgewebs- lager für Implantationen und damit das ästhetische Ergebnis kompromittieren (ROTHAMEL et al., 2010). Rothamel et al. (2010) beschreiben verschiedene Techniken zum Erhalt des Kieferkamms nach Extrak- tionen und zeigen unter anderem die Versorgung einer Extraktionsalveole mit granulärem, allogenen Kno- chenersatzmaterial und einer Perikard-Membran, die aufgrund von offener Einheilung einem deutlich be- schleunigten Resorptionsprozess unterlag. Die offene Abdeckung von Extraktionsalveolen mittels Membran stellt aufgrund der geringen Dimensionen der Defekt- größe einen Sonderfall dar (ROTHAMEL et al., 2011; ELIAN et al., 2007; FROUM et al., 2004). Ebenfalls aufgezeigt wurde der Einsatz der Perikard-Membran bukkal und krestal nach Augmentation mit einem volumenstabilen, bovinen Knochenersatzmaterial zur Versorgung eines großen, apikalen Fenestrationsdefek- tes an Zahn 26 (ROTHAMEL et al., 2010). In einer humanhistologischen Fallstudie von ROTHA- MEL et al. (2011) wurde die BEGO Collagen Membrane zur Abdeckung des faszialen Kieferhöhlenfensters und gleichzeitiger krestaler Augmentationen im Rahmen externer Sinusbodenelevation eingesetzt. Als Key Features der BEGO Collagen Membrane werden die geeignete Barrierefunktion zum Schutz von Berei- chen knöcherner Regeneration, der zuverlässige Aus- schluss des Weichgewebes aus dem Regenerationsbe- reich und die Permeabilität für Nährstoffe angesehen. Aufgrund der morphologischen Struktur der BEGO Collagen Membrane wird eine multidirektionale Stabi- lität erreicht, die die Membran reißfest jedoch nicht dehnbar macht. Durch Hydrieren der BEGO Collagen Membrane wird eine Adhäsion an die defektumgebenden Knochen- wände erreicht. Des Weiteren verklebt die Membran nicht mit sich selbst, was die Applikation in Techniken der gesteuerten Knochen- und Geweberegeneration erleichtert. Die BEGO Collagen Membrane kann nass und trocken appliziert werden. Die Dauer bis zum vollständigen Durchdringen der Membran mit Flüssigkeit richtet sich nach der Viskosität des Mediums. Der viskose Charakter von Blut erhöht die Dauer bis zum Penetrieren der porösen, wabenartigen, inneren Abb. 1: Die BEGO Collagen Membrane ist eine resorbierbare Barriere- membran aus nativem, natürlich quervernetzten Kollagen (porcines Pericardium fibrosum). 6 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Struktur der BEGO Collagen Membrane. Ein vorheriges Befeuchten mit steriler, wässriger Lösung kann die Dauer des Durchdringens mit Blut vermindern. Die BEGO Collagen Membrane ist charakterisiert durch eine sehr dichte Kollagenfaser-Struktur. Zudem verlaufen elastische Fasern zwischen den Fibrillen des Kollagen Typ I und sind direkt verantwortlich für die multidirektionale Stabilität der Membran (siehe zur Übersicht ROTHAMEL et al., 2012). Wie in Abb. 2 gezeigt (A, B), ist der innere Teil der Membran von porösem Charakter multi-stratifizierter Struktur mit verbindenden elastischen Fasern, die so zur multidirektionalen Stabilität beitragen (siehe zur Übersicht ROTHAMEL et al., 2012). Während die BEGO Collagen Membrane für mindes- tens drei Monate eine zellokklusive Barrierefunktion aufrecht erhält, wird postuliert, dass die Barriere- membran für Nährstoffe permeabel ist, um eine genügende Nutrition des abgedeckten, knöchernen, regenerierenden Bereiches zu gewährleisten (siehe zur Übersicht der Eigenschaften von Kollagenen SCHLEE et al., 2012; GHANAATI, 2012; ROTHAMEL et al., 2005; LOCCI et al., 1997; HUTMACHER et al., 1996; YAFFE et al., 1984; POSTLEWAITE et al., 1978). Exkurs 2 8 Wochen nach Zahnextraktion zeigt sich eine nur unvollständige Heilung der Extraktionsalveolen von 13 und 14 mit bukkaler Defektausbildung. Palatinales Einbringen einer zuge- schnittenen BEGO Collagen Membrane und Applikation von BEGO OSS S auf freiliegende Implantat-Gewinde. Nach Rehydrierung zeigt sich eine her- vorragende Konturanpassung der BEGO Collagen Membrane zur Stabilisierung des Augmentats. Der spannungsfreie Wundverschluss nach Periostschlitzung wird durch die geringe Membrandicke erleichtert. Freundlichst zur Verfügung gestellt von PD Dr. med. Dr. med. dent. Daniel Rothamel 3. Intelligentes Oberlächendesign Durch unterschiedliche Oberflächen-Charakteristika werden Barrieremembranen modifiziert, um bestimm- te biologische Antworten zu stimulieren (DIMITRIOU et al., 2012). Neben der intramembranösen Porosität und Interkonnektivität (DIMITRIOU et al., 2012) ist das Oberflächendesign von Barrieremembranen ein modifizierbares Merkmal. Die Oberflächen-Charakteristika der BEGO Collagen Membrane wurden den zwei Gewebetypen angepasst, zwischen denen sie platziert wird (Abb. 3). Charakteristisch für die glatte Seite der BEGO Collagen Membrane (Abb. 3) stellt sich die dichte und kompak- te Struktur ohne augenfällige Zugänge zum Membran- inneren dar. Die glatte Oberfläche orientiert sich an der Funktion der Zellokklusivität gegenüber bindegewebi- gen Zellen. Die dichte Textur der glatten Seite enthält keine Poren oder Durchtrittsperforationen, die binde- gewebigen Zellen eine Migration in den unter der Membran liegenden Raum der knöchernen Re- generation erlauben. Gleichzeitig erfüllt die BEGO Collagen Membrane durch ihre geringe Dicke die Anforderungen an eine Permeabilität für Nährstoffe, um die Nutrition des unter der Membran befindlichen Bereichs zu ermöglichen. Die raue Seite der BEGO Collagen Membrane zeigt ei- nen kompakten, aber deutlich offen-porösen Charakter 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 7
CLOSE UP THE OPEN ACCESS mit vielfachen Verbindungen ins Innere der Membran (vergleiche Abb. 2 und Abb. 3). Der raue Oberflächen- Charakter erfüllt die Ansprüche an die Osteokonduk- tivität und erlaubt das Einwandern von Zellen aus dem ortständigen Knochenlager (Abb. 3; C, D). Abb. 2: REM-Aufnahme der inneren Struktur der BEGO Collagen Mem- brane. Die poröse innere Struktur der BEGO Collagen Membrane ist ähnlich einem Waben- muster angeordnet (A). B zeigt eine Ausschnitts- vergrößerung von A, auf der die Kollagen-Fila- mente, die die einzelnen Waben stabilisieren, deutlich zu erkennen sind. Abb. 3: Die dichte, nicht- poröse Oberfläche der glatten Seite der BEGO Collagen Membrane weist keine Verbindungen ins Innere der Membran auf, die im Größenbereich von Zellen liegen (A, B). Die raue Seite der Membran zeigt eine deutlich offen- poröse Oberfläche mit komplexen, interkonnek- tierenden Verbindungen ins Innere der Membran (C, D). A A C B B D 4. Kollagen-Membranen: Schwein oder Rind – artifiziell quervernetzt oder natürlich – Perikard, Dermis oder Periotoneum? Vielfach publiziert, zitiert und heute allgemein ge- bräuchlich, ist die Verwendung von resorbierbaren Kollagen-Barrieremembranen aus den fibrillären Kollagentypen I & III in Techniken der gesteuerten Gewebe- und Knochenregeneration. In diversen Tiermodellen und verschiedenen physiolo- gischen Kompartimenten wurden Barrieremembranen implantiert und deren Einheilungscharakteristika zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgewertet (u. a. ROTHAMEL et al., 2012; GHANAATI et al., 2012; Van LEEUWEN et al., 2012; MOSES et al., 2008; SCHWARZ et al., 2008; TAL et al., 2008, ZUBERY et al., 2007; SCHWARZ et al., 2006a; ROTHAMEL et al., 2005; von ARX et al., 2005; ZHAO et al., 2000; SIMION et al., 1996). Die in einigen Aspekten nicht einheitlichen Ergebnisse aus diesen Studien wurden vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Membran-Charakteristika von den Autoren diskutiert. Ein Diskussionsansatz ist die Frage, von welcher Spezies und aus welchem Ursprungsge- webe das Kollagen gewonnen wurde. Des Weiteren ist die Abhängigkeit der Vernetzung der Kollagene ent- scheidend, wobei zwischen nativen bzw. nicht zusätz- lich quervernetzten und artifiziell eingefügten Querver- netzungen zwischen den Proteinketten der Kollagene unterschieden wird (u. a.; ROTHAMEL et al., 2012; MOURA et al., 2012; BEHRING et al., 2008; ZHENG et al., 2005; ÜNSAL et al., 1997). Resorbierbare Barrieremembranen, die aus Kollagen Typ I & III aus Schweine- oder Rindergewebe herge- stellt werden, sind heutzutage unter den xenogenen Kollagenen für den Einsatz in den Verfahren der GBR die gebräuchlichsten (BUNYARATAVEJ & WANG, 2001). Ein Vergleich der Zytotoxizität von bovinen und por- cinen Kollagen-Membranen, die nach den gleichen Parametern hergestellt wurden, auf humane mononu- kleare Zellen in Zellkultur, zeigte Unterschiede in der Zellviabilität, die letztlich auf den unterschiedlichen 8 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS xenogenen Ursprung der untersuchten Kollagen-Mem- branen zurückgeführt wurden. Die physiko-chemischen Charakteristika der untersuchten Membranen wurden nicht weiter beschrieben (MOURA et al., 2012). JARDELINO et al. (2010) prozessierten porcines Peritoneum unter anderem mittels mechanischer Reinigung, chemischer Behandlung, Lyophilisierung und Sterilisation. Die so aufbereiteten experimentellen Membranen wurden Mäusen subkutan implantiert. Die präsentierten Ergebnisse zeigten die Biokompati- bilität der Membranen und deren Biodegradation nach 3 Wochen. ÜNSAL et al. berichteten 1997 über das unterschied- liche Resorptionsverhalten und die ausgelöste Ge- webereaktion von unterschiedlichen humanen Barriere- membranen in einem subkutanen Implantationsmodell in Ratten. Die drei untersuchten humanen Membranen wurden mittels des gleichen Prozesses aus unter- schiedlichen Geweben hergestellt. Die beobachtete Resorptionskinetik lässt Rückschlüsse auf das Ur- sprungsgewebe und auf die damit einhergehenden späteren Eigenschaften der Barrieremembran ziehen. Porcine Kollagen-Membranen zeigten, abhängig von der Art der Quervernetzung, zeitliche Unterschiede in ihrem Biodegradationsmuster. Somit ist die Biodegra- dation für nativ-quernetzte Membranen schneller als für chemisch quervernetzte Membranen. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass die Zeit der Biodegra- dation mit dem Grad der Quervernetzung zunimmt. Umgekehrt proportional zur längeren Biodegradations- periode nimmt der Grad der Gewebeintegration ab (SCHWARZ et al., 2006a; ROTHAMEL et al., 2005). Ebenfalls konnten für porcine Kollagen-Membranen unterschiedliche zeitliche Biodegradationsmuster in Abhängigkeit des Ursprungsgewebes- und Herstel- lungsprozesses gefunden werden (u. a. ROTHAMEL et al., 2012; GHANAATI et al., 2012 sowie persönliche Kommunikation). Die Faktoren „Ursprungsgewebe“ und „Herstellungs- prozess“ sind in den zitierten Studien, nach Auffas- sung des Autors, nicht zu trennen. Ob und welcher der Faktoren, wie Spezies, Ursprungsgewebe, Quervernet- zungscharakteristika und Herstellungsprozess, maß- geblich für die Biodegradationszeit ist, beziehungswei- se welcher Einfluss den einzelnen Faktoren zukommt, wird in weiteren Studien untersucht werden müssen. 5. Porosität und Permeabilität versus Barrierefunktion? DIMITRIOU et al. (2012) beschrieben für die Porosität von Barrieremembranen die Bedeutung der Porengrö- ßen. Auf der einen Seite müssen die Porendimensio- nen den Einwuchs von Bindegewebe in den abgedeck- ten Bereich der knöchernen Regeneration verhindern, auf der anderen Seite die angiogenetische Erschlie- ßung des Membrankörpers erlauben. Der dreidimensi- onale topographische Aufbau einer Barrieremembran und das Vorhandensein eines interkonnektiven Poren- systems können einen Einfluss auf die Zellokklusivität haben und die biologische Antwort verschiedener Zelltypen beeinflussen (DIMITRIOU et al., 2012). Studien, die unter anderem den zeitlichen und räum- lichen Verlauf der Angiogenese (ROTHAMEL et al., 2012; GHANAATI, 2012; SCHWARZ et al., 2008; SCHWARZ et al., 2006a; Van LEEUWEN et al., 2005; ROTHAMEL et al., 2005) kollagener Barrieremem- branen oder deren Degradationsmuster in unterschied- lichen Tiermodellen und physiologischen Komparti- menten (u. a. ROTHAMEL et al., 2012; GHANAATI et al., 2012; Van LEEUWEN et al., 2012; MOSES et al., 2008; SCHWARZ et al., 2008; TAL et al., 2008, ZUBERY et al., 2007; SCHWARZ et al., 2006a; ROTHAMEL et al., 2005; von ARX et al., 2005; ZHAO et al., 2000; SIMION et al., 1996) untersuchten, be- schreiben verschiedene Beobachtungen (siehe Tabelle 1 und 2 im Anhang). Die Ergebnisse aus einer Reihe von Untersuchungen an einer klassischen, etablierten Kollagen-Membran (Bio-Gide®, BG) lassen die Darstel- lung unterschiedlicher Beobachtungen aus verschiede- nen experimentellen Studien-Designs zu: Exkurs 3 Histologie 8 Wochen nach Implan- tation, perfekte Gewebeintegration der BEGO Collagen Membrane ohne Entzündungsreaktion 1. Blutgefäß 2. Strukturgebendes 3D-Multilayer- Kollagennetz 3. Integration in umliegendes Gewebe, entzündungsfrei 2 3 Untersuchungen an einer nativ-quervernetzten, porcinen Membran eines nicht näher spezifizierten Ursprungsgewebes (BG) zeigten nach Implantation in Unterkiefer und Oberkiefer eines Beagles, eine Re- duktion der Membrandicke zwischen 2 und 4 Wochen nach Implantation (SCHWARZ et al., 2008), eine 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 1 9
CLOSE UP THE OPEN ACCESS vollständige angiogenetische Erschließung des Mem- brankörpers und eine gute Gewebeintegration nach 2 Wochen. ROTHAMEL et al. (2012) berichteten für das gleiche experimentelle Design nach 4 Wochen über eine vollständige Vaskularisierung des Membran- körpers und nach 8 Wochen über eine nahezu vollstän- dige Degradation. Zwölf Wochen nach Implantation fanden SCHWARZ et al. (2008) und ROTHAMEL et al. (2012) eine vollständige Degradation der Membran. ZUBERY et al. (2007) implantierten die gleiche Membran ausschließlich in die Maxilla von Beagle- Hunden und berichteten über ein zu den vorherigen Studien abweichendes, zeitliches Degradationsmuster der Membran. Moderate Degradation wurde nach 16 Wochen und vollständige Degradation erst nach 24 Wochen beobachtet. Die Membran (BG) wurde ebenfalls in den Unter- und Oberkiefer von Ratten implantiert. Nach 2 Wochen wurde über die Vaskularisierung des Membrankörpers und eine milde inflammatorische Reaktion berichtet und nach 12 Wochen über eine starke Degradation der Membran (Van LEEUWEN et al., 2012). Implantation der gleichen Membran subkutan in den Rücken von Ratten zeigte nach 2 Wochen eine Vasku- larisierung des Membrankörpers sowie eine inflam- matorische Reaktion rund um die Membran (ROTHA- MEL et al., 2005; ZHAO et al., 2000). Resorptive Vorgänge wurden nach 3 Wochen beobachtet (ROTHA- MEL et al., 2005). Eine Reduktion der Membrandicke und nahezu komplette Degradation nach 4 Wochen beschrieben ZHAO et al. (2000). SCHWARZ et al. (2006a) beobachteten 8 Wochen nach Implantation ebenfalls eine deutliche Degradation der Membran. Im Vergleich zu publizierten Studien an Ratten wurde bei subkutaner Implantation im Rücken von Mäusen dagegen ein zeitlich anderes Degradationsmuster der BG beobachtet. Bei Erhalt der Membrandicke und Volumenstabilität wurden 30 Tage nach Implantation Referenzen • Hier finden Sie die vollständige Literaturliste. eine gute Gewebeintegrität und keine Zeichen der Degradation beobachtet. Der Membrankörper wurde auch 60 Tage nach Implantation als strukturell integer beschrieben (GHANAATI, 2012). Im Calvarium von Ratten zeigte die Membran nach 7 Wochen eine Reduktion in der Dicke des Membrankör- pers um 60% (MOSES et al., 2009). Im Calvarium von Kaninchen wurde 6 Wochen nach Implantation eben- falls über eine Reduktion in der Dicke des Membran- körpers berichtet sowie eine vollständige Degradation nach 12 Wochen (ARX et al., 2005). Die Implantation einer weiteren porcinen Membran (Perikard-Membran, PM)1 in die Mandibula und Maxilla von Beagle-Hunden zeigte im Vergleich zu der BG-Membran in der gleichen Studie eine ebenfalls gute Gewebeintegration nach 4 Wochen, jedoch eine größtenteils erfolgte Degradation erst nach über 12 Wochen (ROTHAMEL et al., 2012). Subkutan im Rücken von Ratten wurde mit der PM- Membran eine inflammatorische Antwort und eine milde Vaskularisierung abhängig von der jeweiligen Oberflächenbeschaffenheit beobachtet BARBECK et al., 2014. Die Volumen- und Strukturstabilität der PM stellte sich über 30 Tage vergleichbar der BG dar (BARBECK et al., 2014; GHANAATI, 2012). Bitte beachten Sie die im Anhang befindliche Zusam- menfassung der Studienergebnisse in den Tabellen 1 und 2. Die Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Tierstudien auf den Menschen und damit die klinische Relevanz wird vielfach kritisch diskutiert (siehe zur Übersicht auch SHANKS et al., 2009; AUER et al. 2007; LIEB- SCHNER, 2004). 1 u. a. vertrieben unter dem Handelsnamen BEGO Collagen Membrane 10 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Supplement Tab. 1: Aufstellung der Studien über die histologische Evaluierung verschiedener Kollagen-Membranen in unterschiedlichen Tiermodellen und unterschiedlichen physiologischen Kompartimenten Angegeben sind die verschiedenen untersuchten Mem- branen, deren Ursprung, die verwendeten Tiermodelle und physiologischen Kompartimente. Tab. 2: Aufstellung über histologische Evaluierung ver- schiedener Kollagen-Membranen in unterschiedlichen Tiermodellen und unterschiedlichen physiologischen Kompartimenten Die Aufstellung zeigt, dass es zwischen den Spezies und in den verschiedenen physiologischen Kom- partimenten zu unterschiedlichen Ergebnissen für die Vaskularisierung, die Gewebeintegration und die Degradation der Membranen kommt. [PM] – Perikard- Membran, porcin; [TD] – Perikard-Membran, bovine (Tutodent®/CopiOs®); [BG] – Bilayer-Membran, porcin (Bio-Gide®) [1]-[11] s. Tab. 1. Tabelle 1 Barriere- membran Hersteller/ Vertrieb Material [PM] – Perikard Membran, porcin aap Biomateri- als GmbH/u.a. BEGO Implant Systems GmbH & Co KG Kollagen Typ I & III; keine künstliche Quer- vernetzung Her- kunft porcin Zitat Rothamel et al., 2012 Tier- modell Beagle Kompartiment Evaluation Referenz Maxilla; Prämolare und Molare histologisch/ Zellkultur [TD] – Perikard- Membran, bovin (Tutodent®/ CopiOs®) Tutogen Medical GmbH/ Zimmer Dental Inc. Kollagen bovin Barbeck et al., 2014 Schwarz et al., 2006a Ratte Subkutan im Rücken Ratte (Wistar) subkutan im Rücken histologisch/ statistisch histologisch/ statistisch [BG] – Bilayer- Membran, por- cin (Bio-Gide®) Geistlich Phar- ma AG/Geistlich Biomaterials Kollagen Typ I & III; keine künstliche Quer- vernetzung porcin Rothamel et al., 2012 Beagle Maxilla; Prämolare und Molare [1] [12] [11] [1] [8] [7] [4] [2] [6] [11] [9] [3] [5] Zubery et al., 2007 Schwarz et al., 2008 von Arx et al., 2005 Van Leeuwen et al., 2012 Zhao et al., 2000 Rothamel et al., 2005 Schwarz et al., 2006a Moses et al., 2008 Ghanaati, 2012 Tal et al., 2008 Beagle Mandibula histologisch/ statistisch Beagle Maxilla; Prämolare und Molare histologisch/ statistisch Kaninchen Calvarium histologisch Mandibula histologisch Ratte (Sprague- Dawley) Ratte (Wistar SPF) Ratte (Wistar) Ratte (Wistar) subkutan im Rücken subkutan im Rücken subkutan im Rücken histologisch [10] histologisch/ statistisch histologisch/ statistisch Ratte Calvarium statistisch Maus (CD1) subkutan im Rücken histologisch Human Orale Cavität histologisch 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 11
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Tabelle 2 Herkunft Maxilla/Mandibula [1] berichten über eine gute Gewebeintegration und Einwuchs von Blutgefäßen nach 4 Wochen. Nach 8 Wochen wurde eine hoge Dichte von Blutgefäßen im gut zu identifizierenden PM-Körper gefunden, wobei nach 12 Wochen der PM-Körper größtenteils resorbiert war. Einzelne wolkige Übereste der PM sind noch zu beobachten. [1,7 Maxilla und Mandibula; 8 Mandibula] Zwischen 2 und 4 Wochen ist eine deutliche Reduktion der Membrandicke zu beobachten [7]. Die BG ist nach 2 Wochen bereits vollständig angiogenetisch erschlos- sen [7], es wird über eine gute Gewebeintegration berichtet. Nach 4 Wochen wird von [1] ebenfalls über eine vollständige Vaskularisierung des BG-Körpers und eine gute Gewebeintegration berichtet. Eine nahezu vollständige Resorption wurde nach 8 Wochen beschrieben bzw. ein vollständiger Abbau nach 12 Wochen [1 & 7]. Das beschriebene zeitliche Degradations- bzw. Resorptionsmuster bei den Autoren [1] und [7] ist konsistent, während das zeitliche Muster bei den Beobachtungen von [8] abweicht. Zeichen von Degrada- tion wurden von [8] nach 8 Wochen, moderate Degradation nach 16 Wochen und ein inkonsistentes Degra- dationsmuster nach 24 Wochen beschrieben. Zu beachten ist das bei [8] die Implantation in die Mandibula erfolgte, bei [1] und [7] in die Mandibula und Maxilla bzw. nur Maxilla im Prämolaren und Molaren Bereich. Eventuell lassen sich die Unterschiede im zeitlichen Resorptionsverlauf hierauf zurückführen. [Mandibula][2] berichteten nach 2 Wochen über eine Vaskularisierung der BG und eine milde inflammato- rische Reaktion. Nach 12 Wochen wurde eine starke Degradation beobachtet die den Nachweis der BG im Gewebe verhinderte. Hund PM BG Ratte PM BG TD BG Maus Kaninchen 12 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Subkutan im Rücken Calvarium [12] analysierten die Gewebereaktion auf die PM nach Implan- tation subkutan im Rücken von Ratten nach 3, 10, 15, 30 und 60 Tagen. Abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit der PM wurden unterschiedliche Gewebereaktionen beobachtet. Die raue, schwammartig-poröse Seite der Membran induzierte hauptsächlich eine Antwort mononukleärer Zellen und fungierte über die Dauer bis 60 Tage als stabile Barriere. Eine transmembranöse Vaskularisierung im schwammartig-porösen Membranbereich wurde nicht beobachtet. An der kompakten Oberfläche der PM wurde im Verlauf der Unter- suchung eine Antwort multinukleärer Zellen zusammen mit einer milden Vaskularisierung beobachtet. Die kompakte Seite der PM wurde im weiteren Verlauf der Studie abgebaut und die multinukleä- ren Zellen durch das Auftreten mononukleärer Zellen abgelöst. Nach 60 Tagen war die PM sehr gut ins Implantationsbett integriert, die Materialintegrität wurde dabei weiterhin aufrechterhalten. Konsistente Beobachtungen zur Vaskularisierung der BG nach 2 Wo- chen. [10] und [6] berichteten von einer inflammatorischen Reaktion nach ca. 2 Wochen um die BG. [6] berichtet nach 3 Wochen von re- sorptiven Vorgängen, [10] fanden nach 4 Wochen eine Reduktion der Membrandicke um ca. 40% und nahezu komplette Degradation bzw. Organisation im umliegenden Gewebe. [11] fanden nach 8 Wochen eine deutliche Degradation. Beginnende Vaskularisierung des TD-Körpers wurde von [11] nach 2 Wochen in verschiedenen Membran-Teilen beschrieben, die sich fortsetzt und nach 8 Wochen als vollständig und homogen beschrie- ben wurde. [3] fand keine Änderunge der Membrandicke (~650 μm) über den Untersuchungszeitraum von 90 Tagen. Nach 7 Tagen wurde der Beginn der zellulären Infiltration des BG-Körpers berichtet und bis Tag 15 ein fortschreitender Gewebeeinwuchs in die BG beobachtet, bei Erhalt der ursprünglichen Volumenstabilität der BG. Nach 30 Tagen wurde eine gute Gewebeintegration, aber keine Anzeichen von Degradation beschrieben. Nach 60 Tagen wurde neugebildetes Bin- degwebe im Bereich der BG beschrieben, wobei die BG nachwievor detektierbar und strukturell integer erschien. [9] berichteten über eine Reduktion der Membran-dicke um ca. 60 % nach 7 Wochen im Calvarium. Nach 2 Wochen wurde die BG intakt und ibrös eingekapselt im Gewebe beobachtet. Nach 6 Wochen wurde eine Reduktion der Membrandicke beschrieben sowie im intraibrillären Netz der BG neugebildete Kapillaren. Die BG war nach 12 Wochen nicht vom Wirtsgewebe zu unterscheiden und nach 28 Wochen zeigte sich eine durchgängige Bindegewebsschicht über dem früheren Defekt [4]. 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 13
CLOSE UP THE OPEN ACCESS SCIENCE RADAR J Oral Implantol. 2014 Nov 11. Porcine dermis and pericardium-based, non cross-linked materials induce multinucleated giant cells after their in vivo implantation: A physiological reaction? Barbeck M, Lorenz J, Grosse Holthaus M, Raetscho N, Kubesch A, Booms P, Sader R, Kirkpatrick CJ, Ghanaati S. The present study analyzed the tissue reaction to two novel porcine-derived collagen materials, i.e. pericar- dium versus dermis. By means of the subcutaneous implantation model in mice the tissue reactions were investigated at five different time points: 3, 10, 15, 30 and 60 days after implantation. Histological, histoche- mical, immunhistological and histomorphometrical analysis methodologies were applied. The dermis- derived material underwent an early degradation while inducing mononuclear and together with some multinu cleated giant cells along with a mild vasculari- zation. The pericardium-derived membrane induced two different cellular tissue reactions. The compact surface induced mononuclear and multinucleated giant cells and underwent a complete degradation until day 30. The spongy surface of the membrane induced mainly mononuclear cells and served as a stable barrier membrane for up to 60 days. No transmembranous vascularization was observed within the spongy material surface layer. The present data demonstrates the diver- sity of the cellular tissue reaction towards collagen- based materials from different tissues. Furthermore, it becomes obvious that the presence of multinucleated giant cells is associated with the material breakdown/ degradation and vascularization. On the Screen Ziel Model Dauer Methodik Ergebnisse Schlussfolgerung Weiterführende Literatur Analyse der Gewebereaktion auf porcine Kollagene im subkutanen Implantationsmodel in Mäusen. Subkutane Implantation im Rücken von Mäusen. 5 Zeitpunkte: 3, 10, 15, 30 und 60 Tage Histologie, Histochemie, Histomorphometrie, Immunhistochemie. Die untersuchte procine Perikardmembran (BEGO Collagen Membrane) induzierte zwei unterschiedliche Gewebereaktionen, abhängig von der Oberflächentopographie der Membran. Das aus der Dermis stammende porcine Kollagen (BEGO Collagen Fleece) unterlag einer schnellen Degradation und induzierte sowohl mono- als auch multinukleäre Riesenzellen zusammen mit einer milden Vaskularisierung. Die Analysen zeigen die Diversität von Gewebereaktionen auf Kollagen-basierte Biomaterialien. Die Anwesenheit von multinukleären Riesenzellen ist mit dem Materialabbau bzw. Degaradation und der Vaskularisierung der BEGO Collagen Membrane und des BEGO Collagen Fleece assoziiert. Barbeck et al. Heterogeneity of biomaterial-induced multinucleated giant cells: Possible importance for the regeneration process? J Biomed Mater Res A. 2015 Sep 30. doi: 10.1002/jbm.a.35579. Barbeck et al. Porcine dermis-derived collagen membranes induce implantation bed vascularization via multinucleated giant cells: a physiological reaction? J Oral Implantol. 2014 Dec 29. Ghanaati S. Non-cross-linked porcine-based collagen I-III membranes do not require high vascularization rates for their inte- gration within the implantation bed: a paradigm shift. Acta Biomater. 2012 Aug;8(8):3061-72. 14 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Jetzt Vorzugskonditionen sichern! Mehr unter Tel. 0800 2028-000* Hart- und Weichgewebemanagement für Anspruchsvolle BEGO Biomaterialien System − ein komplettes Produktprogramm • Komplett: stets das richtige Produkt für alle gängigen Indikationen • Sicher: dokumentierter Einsatz bei Techniken der GBR und GTR • Überzeugend: exzellente klinische Ergebnisse • Natürlich: autologe Knochengewinnung mittels des OsseoPlus Transfer-Trays z t e n t s e F n e h c s t u e d m e d s u a i e r f n e t s o k * Mehr zum BEGO Biomaterialien System unter: www.bego.com/de/implantologie- loesungen/regeneration Miteinander zum Erfolg 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 15
CLOSE UP THE OPEN ACCESS SCIENCE RADAR BEGO IMPLANT SYSTEMS Veröffentlichungen 2015 1. von See C. Bionische Anforderungen an das Implantatdesign moderner Systeme. Implantologie Journal 2015;19:28-32. 2. van Dijk H & Brouwers J. Immediate implant placement in the aesthetic zone. EDI Journal 2015;11:84-89. 3. van Dijk H & Brouwers J. Ästhetische Sofortimplantation im sichtbaren Bereich. BDIZ EDI konkret 2015:82-87. 4. Streckbein P et al. Der Einsatz von CAD/CAM im Rahmen der prothetischen Versorgung von Minimaldurchmesserimplantaten. Dent Implantol 2015;19:16-21. 5. Stavar S. Moderne CAD/CAM-Implantatprothetik: Chairside gefertigte Hybridabutmentkronen. Dent Implantol 2015;19:474-483. 6. Siegmund M & Beer L. Implantatversorgung mittels CAD/CAM-Technik im zahnlosen Kiefer. Praktische Implantologie und Implantatprothetik 2015;6:20-29. 7. Rothamel D et al. Piezosurgery – a universal principle for many indications. EDI Journal 2015;11:64-70. 8. Pohl S. Augmentation von Hart- und Weichgewebe im zweizeitigen Verfahren und Implantatversorgung – Gute Integration trotz ungünstiger Ausgangsbefunde. DZW Orale Implantologie 2015:10-14. 9. Panagiotou D et al. Comparison of two different xenografts in bilateral sinus augmentation: Radiographic and histologic findings. Quintessence international 2015. 10. Manolakis K et al. Bedingt herausnehmbare Versorgung des zahnlosen Oberkiefers auf sechs Implantaten. Implantologie Journal 2015;19:12-21. 11. Greven B & Lüpke M. \/ereinfachte Herstellung implantat-getragener Einzelzahnrestaurationen. Wehrmedizin und Wehrpharmazie 2015:54-55. 12. Duddeck D & Neugebauer J. Surface analysis of sterile-packaged implants. EDI Journal 2015;11:54-63. 13. Delgado Muñoz J & Aguilar-Llamas R. Bionic design in implant dentistry. Implant Dentistry Today 2015:26. 16 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS PERIIMPLANTITIS Definition, Ätiologie, Prävention und Therapie der Periimplantitis – Aktuelle Studienergebnisse Ole Jung, Dr. med. Dr. med. dent. Henning Hanken, Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Max Heiland, Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Ralf Smeets Abstract Periimplantäre Entzündungen stellen schwerwiegen- de Erkrankungen nach dentaler Implantatversorgung dar, welche sowohl das umliegende Hart- als auch das Weichgewebe betreffen. Mit Prävalenzraten von bis zu 56 % können sie ohne multilaterales Therapiekonzept mit dem Verlust des Zahnimplantats enden. Ausreichende patientenspezifische Kontrolluntersu- chungen und Erfassung bzw. Eliminierung von Risiko- faktoren stellen wirksame Präventivmaßnahmen dar. Auch Art und Struktur der Implantatoberfläche spielen neben Aspekten der Osseointegration eine Rolle. Bei Auftreten einer Periimplantitis stehen verschiedene konservative und chirurgische Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Konservative Methoden umfassen die Anwendung verschiedener manueller Ablationen, laser- gestützter Systeme sowie photodynamischer Thera- pieformen, welche durch die Gabe von systemisch und lokal wirkenden Antibiotika erweitert werden können. Resektiv-chirurgische Maßnahmen dienen vor allem bei weiter fortgeschrittener Periimplantitis der Elimi- nierung pathogener Formationen, wobei regenerative Materialien unterstützend zum Einsatz kommen. Als Orientierungshilfe zum Vorgehen bei Periimplantitis kann das AKUT-/CIST-Protokoll herangezogen werden. Der vorliegende Artikel gibt eine Übersicht zur Ursa- che, Epidemiologie sowie Therapie der Periimplantitis unter Berücksichtigung der aktuellen Datenlage. Schlagwörter: Periimplantitis, Parodontitis, Mukositis Wissenschaftsportal Wissenschaftlich gestützte Literatur für Dentalkonzepte 4 1 0 2 | 2 0 • Dieser Artikel ist Online. Periimplantitis Deinition, Ätiologie, Prävention und Therapie der Periimplantitis – Aktuelle Studienergebnisse Highlights Risikofaktoren und Prävention 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 17
CLOSE UP THE OPEN ACCESS 1. Deinition und Pathogenese In Analogie zur Gingivitis und Parodontitis des intak- ten Zahnapparates werden Entzündungs- und de- struktive Strukturvorgänge nach Implantatversorgung als Mukositis und Periimplantitis bezeichnet (Abb.1) (KHAMMISSA et al., 2012; ASTASOV-FRAUENHOF- FER et al., 2013; WILSON, 2013). Die jeweiligen Übergänge sind dabei fließend und klinisch nicht eindeutig abgrenzbar (SCHWARZ et al., 2008). Die Mukositis beschreibt einen bakterieninduzierten, reversiblen Entzündungsvorgang des periimplantären Weichgewebes mit Rötung, Schwellung und Blutung bei Sondierung (KHAMMISSA et al., 2012; ASTASOV- FRAUENHOFFER et al., 2013; WILSON, 2013; WAL- LOWY, 2012; SCHWARZ et al., 2008). Als Periimplan- titis wird demgegenüber eine progressiv-irreversibel verlaufende Entzündungssymptomatik des periimplan- tären Hart- und Weichgewebes benannt, welche mit Knochenresorption, herabgesetzter Osseointegration, gesteigerter Taschentiefe und Pusbildung einhergeht (KHAMMISSA et al., 2012; ASTASOV-FRAUENHOF- FER et al., 2013; WILSON, 2013; WALLOWY, 2012; SCHWARZ et al., 2008). Je nach Art des Knochendefekts wird hierbei nach SCHWARZ et al. (2008) ein intraossärer Klasse I-Defekt von einem supraalveolären Klasse II-Defekt am krestalen Implantatübergang unterschieden. Nach SPIEKERMANN (1984) können horizontaler- (Klasse I), schlüsselförmiger- (Klasse II), trichter- und spaltförmiger- (Klasse III a, b) sowie horizontal-zirkulä- rer Knochenabbau (Klasse IV) charakterisiert werden. Allerdings bleiben Progredienz und Prognose gemäß diesen Klassifikationen ausgespart. Pathogene Keime in der Mundflora Exogene Faktoren Periimplantitis Allgemeine Risikofaktoren • Mangelnde Patientencompliance • Eingeschränkte Mundhygiene • Nikotionabusus • Vorliegen eines IL-1 Genotyps als Polymorphismus • Systemische Erkrankungen • Vorrausgegangene Gingivitiden und Parodontitiden • Weichgewebsschäden/qualitativ minderwertiges Weichgewebe • Iatrogene Ursachen • Historie implantologischer Misserfolge Abb. 1: Schematische Darstellung begünstigender Faktoren in der Entstehung einer Periimplantitis 18 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Auf der mikroskopisch-molekularen Ebene sind we- sentliche Unterschiede des periimplantären Gewebes zum intakten Zahnparodont zu beobachten (Tab. 1). So begünstigen periimplantäre Gewebestrukturen (u. a. herabgesetzte Vaskularisation und paralleler Kollagenfaserverlauf) die allgemeine Entzündungsfor- mation, was sich immunhistochemisch durch erhöhte Bildung von entzündlichem Infiltrat, Stickstoffmonoxid 1/3, VEGF, Lymphozyten, Leukozyten und Ki-67 aus- drückt (DEGIDI et al., 2012). Tabelle 1: Vergleich der periimplantären Mukosa mit dem physiologischen Parodont Periimplantäre Mukosa Physiologisches Parodont Epithel bzw. Saumepithel („biologische Breite“) ist durch (Hemi-) Desmosomen mit der Kontaktläche verbunden Mikroskopisch direkter Knochen-Implantat-Kontakt Subepithelial mehr Kollagenfasern und weniger Fibroblasten/Gefäße Mikroskopisches Verankerungssystem aus Wurzelze- ment, Alveolarknochen und desmodentalen Fasern Subepithelial mehr Fibroblasten und Gefäße Je nach Anzahl der Zahnextraktionen: Paralleler Kollagen Faserverlauf zur Implantatoberfläche Dentogingivaler, dentoperiostaler, zirkulärer und transseptaler Kollagen Faserverlauf ZITZMANN & BERGLUNDH, 2008; SCHWARZ et al., 2008 Eine Unterscheidung einer manifesten Periimplantitis zu anderen Entzündungsvorgängen des Parodonts anhand des menschlichen Speichels ist nur ungenau durch Marker wie Osteocalcin, TRAP, DKK-1, OPG und CatK möglich (HALL et al., 2011). 2. Ätiologie und Epidemiologie Mukositiden und Perimplantitiden treten mit einer Prävalenz von etwa 63,4 % bzw. 5% bis 47,1 % auf, wobei die Größenschwankungen vor allem auf die un- terschiedlichen Studiendesigns und Populationsgrö- ßen der Veröffentlichungen mit ihren verschiedenen Risikoprofilen sowie Rechenprofilen zurückzuführen sind (SCHWARZ et al., 2008, ATIEH et al., 2012; CHARYEVA et al., 2012; SCHLOTTIG, 2011; ZITZ- MANN & BERGLUNDH, 2008, Smeets et al., 2014a). ZITZMANN & BERGLUNDH ( 2008) quantifizierten die Inzidenz zur Entwicklung einer Periimplantitis bei Patienten mit vorangegangener Parodontitis fast sechsmal so hoch wie bei Patienten ohne Vorgeschich- te parodontaler Entzündungsformationen. Nach 10 Jahren zeigten zwischen 10 % und 50 % aller Implan- tate Zeichen einer Periimplantitis (ROOS-JANSÅKER et al., 2007; BEHRENS et al., 2004). In Anlehnung an den Konsensus-Bericht des sechsten europäischen Workshops für Parodontologie wurde von LINDHE & MEYLE (2008) die Häufigkeit einer Mukositis mit 80 % und die einer Periimplantitis mit 28 % bis 56 % unter den mit Implantaten versorgten Patienten angegeben. Die Prävalenz der Periimplantitis wurde von MOMBELLI et al. (2012) auf 20 % aller Implan- tatpatienten und 10 % aller Implantate korrigiert. Die Korrektur nach unten wurde damit erklärt, dass für eine korrekte Bestimmung der Prävalenz nur Studien berücksichtigt werden dürfen, bei denen der für die Periimplantitis relevante Knochenabbau ab dem Zeit- punkt der Insertion der Suprakonstruktion (Baseline) bestimmt wurde. Daraus ergab sich auch die Emp- fehlung eine Röntgenaufnahme nach Einsetzen der Suprakonstruktion anzufertigen und diese als Basis für die zukünftige Beurteilung periimplantärer Knochen- verluste anzusehen. Als pathogene Leitkeime werden häufig Spektren aus u. a. P. intermedia/nigrescens, 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 19
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Exkurs 1: Leitkeime im subgingivalen Biofilm Komplex Markerkeim Charaktieristica Actinobacillus actinomycetemcomitans • Komplex-unabhängig • In nahezu jeder Keimzahl bedeutsam • Toxin-Produzent • Invasiv A B Porphyromonas gingivalis Tannerella forsythensis Treponema denticola Campylobacter gracilis Campylobacter rectus Eubacterium nodatum Fusobacterium nucleatum Peptostreptococus micros • Obligat anaerob • Haupt-Parodontitiserreger • Verfügt über viele Proteasen • Starke Beteiligung am Kollagen- und Antikörperabbau • Obligat anaerob • Hochsigniikant für die klinische Progression der Parodontitis • Hohe Protease-Aktivität • Produziert lüchtige Fettsäuren • Obligat anaerob • Parodontopathogen • Baut Proteine ab • Produziert lüchtige Fettsäuren • Mikroaerophil • Bedeutung in Parodontitis-Prozessen spekulativ • Mikroaerophil • Erscheint bei einer Parodontitis häufig isoliert • Produziert ein Cytotoxin (ähnlich Leuktotoxin; A. actinomycetemcomitans) • Obligat anaerob • Gram-positiv • Potentiell parodontopathogener Keim • Zellzahl ist bei Parodontitis-Prozessen erhöht • Obligat anaerob • Frühbesiedler • Obligat anaerob • Relativ gesicherter Gram-positiver Parodontopathogen • Kommt auch physiologisch vor • Protein-Abbau • Frühmarker B Prevotella intermedia Prevotella nigrescens • Obligat anaerob • Früher Markerkeim • Bereitet durch Sauerstoffverzehr das anaerobe Milieu für die Haupt-Pathogenen vor • Besiedelt gerne und zahlreich Schleimhäute • Obligat anaerob • Wichtige Rolle bei Infekionen der Zahnwurzel • Eigenschaften wie P. intermedia • Rolle wird sehr kontrovers diskutiert 20 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Exkurs 1: Leitkeime im subgingivalen Biofilm Komplex Markerkeim Charaktieristica C D E Streptococcus gordonii Streptococcus mitis Campylobacter concisius Capnocytophaga gingivalis Eikenella corrodens Actinomyces odontolyticus Actinomyces viscosus Veillonella parvula • Fakultativ anaerob • Frühbesiedler • Isoliert betrachtet physiologisch • Fakultativ anaerob • Isoliert betrachtet physiologisch • Mikroaerophil • Spekulative Bedeutung • Bei früh auftretenden Parodontopathien (präpubertär) von Bedeutung • Aerob bzw. fakultativ anaerob • Zellzahl in Parodontitis- Prozessen erhöht • Physiologischer Marker • Anaerob bis mikroaerophil • Bildet nach Socransky (1998) mit Veillonella parvula einen Komplex mit geringer Bedeutung bei der Parodontitis • Physiologischer Marker • Anaerob bis mikroaerophil • Obligat anaerob • Gram-negativ • Schwache parodontopathogene Bedeutung • Katabolisiert Milchsäure • Eventuell anti-kariogen • Verstärkt die Mineralisierung von Zahnplaque zu Zahnstein Bakterien im Komplex A sind stark mit Taschentiefe und BOP (bleeding on probing) assoziiert, Bakterien im Komplex B haben eine signiikant erhöhte Assoziation mit der Taschentiefe. Die bakteriellen Gemeinschaften aus den Komplexen C, D und E sind einzeln als physiologisch zu werten und haben in Gemeinschaft diagnostiziert möglicherweise eine Bedeutung in Parodontistis/Periimplantitis-Prozessen. Modiiziert nach Socransky (1998). S. constellatus, A. actinomycetemcomitans, P. gingi- valis, T. denticola und T. forsythia nachgewiesen. Je nach Art und Antibiotikum wurden verschieden hohe Resistenzen einzelner pathogener Keime be- schrieben (Tab. 2) (ZITZMANN & BERGLUNDH, 2008; RAMS et al., 2014). Dabei wiesen nach RAMS et al. (2014) von 120 Patienten insgesamt 71,7 % Resistenzen gegen mindestens einen Wirkstoff auf. 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 21
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Tabelle 2: Antibiotikaresistenzen Antibiotikum Clindamycin Amoxicillin Doxycyclin Metronidazol Amoxicilin & Metronidazol Resistenzen 46,7 % 39,2 % 25,0 % 21,7 % 6,7 % Antibiotikaresistenzen von Prevotella intermedia/nigrescens und Steptococcus constellatus (n=120) (RAMS et al., 2014) Ein wesentlicher Unterschied zur Parodontitis besteht allerdings darin, dass neben den bekannten paro- dontalen Leitkeimen insbesondere Staphylococcus aureus eine besondere Rolle für die Periimplantitis zu spielen scheint. Dieser Keim ist sehr titanaffin und hat entsprechend den Untersuchungen von SALVI et al. (2008) einen hohen positiven (80 %) und negativen (90 %) Voraussagewert. Das Auftreten einer Periimplantitis ist durch die Oberflächenbeschaffenheit der Implantatschulter beeinflussbar. Allerdings lässt die aktuelle Studienla- ge keinen eindeutigen Schluss zu, ob sich eine raue oder glatte Oberfläche vorteilhaft auf das Auftreten einer Periimplantitis auswirkt (DEGIDI et al., 2012, SCHLOTTIG, 2011, SUBRAMANI et al., 2009) 3. Risikofaktoren und Prävention Implantatverluste werden in einem Zeitfenster von bis zu einem Jahr („früher Implantatverlust“) und von über einem Jahr („später Implantatverlust“) eingeteilt (ZITZMANN & BERGLUNDH, 2008). Dabei führen Perimplantitiden meistens zu einer späten, wohinge- gen mechanostatische Faktoren meist zu einer frühen Verlustsituation führen. Als allgemeine Risikofaktoren für die Entwicklung einer Periimplantitis gelten (WALLOWY, 2012; SCHWARZ et al., 2008; CHARYEVA et al., 2012; HUYNH-BA et al., 2008; HEITZ-MAYFIELD, 2008; GRUICA et al., 2004; LAGERVALL & JANSSON, 2013; LORENZ & KLANG, 2013; LINKEVICIUS et al., 2013, Smeets et al., 2014a): • Mangelnde Patientencompliance und eingeschränk- te Mundhygiene. Hierunter fallen auch vernachläs- sigte Kontrolluntersuchungen post implantationem • Nikotionabusus mit zusätzlichem signifikant höhe- rem Risiko für etwaige Komplikationen bei Vorliegen eines IL-1 Genotyp als Polymorphismus • Systemische Erkrankungen (z. B. schlecht einge- stellter Diabetes, Immunsupression) • Vorrausgegangene Gingivitiden und Parodontitiden mit besonderer Beachtung der Restbezahnung • Weichgewebsschäden bzw. qualitativ minderwer- tiges Weichgewebe am Ort der Implantation (u. a. fehlende keratinisierte Gingiva) • Iatrogene Ursachen (z. B. Zementitis, bei Vorliegen einer Parodontitis) • Historie eines oder mehrerer implantologischer Miss- erfolge Vorliegende Parodontitiden und Raucherstatus führen dabei 4,7 bzw. 4,6-mal häufiger zu Perimplantitiden (WALLOWY, 2012). Über einen Beobachtungszeitraum von 10 Jahren konnten die bei Parodontitis-Patienten zuvor eliminierten Bakterienstämme A. actinomyce- temcomitans und P. gingivalis wieder auf der oralen Mukosa detektiert werden (ZITZMANN & BERG- LUNDH, 2008). P. intermedia war hingegen durchge- hend aufzufinden. Dies spricht für ein Nischenüber- leben der Bakterien mit Wiederauftreten der gleichen Mikroflora wie vor der Extraktion, wobei resektive Therapieverfahren (Gingivektomie und offene Reini- gung) bei vorliegender Parodontitis zu durchgehend niederschwelligeren Immunantworten an der Extrak- tionsstelle als nicht-resektive Verfahren (offene Wur- zelreinigung) führten. Im Besonderen ist im Rahmen des Therapieverfahrens auf die Restbezahnung als po- 22 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Bei Kraftentwicklungen im Kiefergelenk von über 1300 Newton können einheilende Implantate in den ersten Monaten bereits bei sagital einwirkenden Kräften von durchschnittlich 50N um 100 Mikrome- ter verschoben bzw. bewegt werden (FLANAGAN et al., 2009). Diese durchschnittlichen Referenzkräfte steigen bei Artikulationswinkeln bei bis zu 60° in der Horizontalen auf 87N an. Abb. 2 Implantat-Abutment-Innenverbindung mit Platform Switch bei einem BEGO Semados® RS/RSX Implantat mit PS-Line Prothetik Als weitere Präventionsmaßnahme sind Implantatsys- teme mit Innenverbindungen und nach innen verla- gertem Microgap zu bevorzugen (Abb. 2) (WALLOWY, 2012). Wichtigstes Kriterium bleibt hier aber weiterhin das maximal hygienische Arbeiten und die Berücksich- tigung aller chirurgischen Präventionsmaßnahmen. tentielle Infektionsquelle zu achten. Für diagnostische Zwecke kann die Matrix-Metallproteinase-8 (MMP-8) bei Periimplantitiden um bis zu 971 % gegenüber ge- sunden Zähnen erhöht sein (XU et al., 2008; SORSA et al., 2011; SORSA et al., 2010). Eine durch „Zementitis“ induzierte Periimplantitis liegt bei fast jedem 5. Implantat vor, wobei die Entfernung der Zementreste zu einem Rückgang der Entzündungs- reaktion um fast 60 % führt (KORSCH et al., 2014). LINKEVICIUS et al. (2013) konnten bezüglich Zement- resten sich obligat entwickelnde Periimplantiden in ei- nem Patientenkollektiv mit Parodontitis-Vorgeschichte aufzeigen (100 %). Bei Patienten ohne vorangegange- ne Parodontitis begünstigten Zementreste in 65 % der Fälle die Entwicklung einer Periimplantitis Eine Unterscheidung anhand charakteristischer Sondierungstiefen (pocketing) ist dabei als obligater Kofaktor anzusehen (SCHWARZ & BECKER, 2013; HEITZ-MAYFIELD, 2008). Die Sondierung sollte bei minimalem Kräfteeinsatz erfolgen, wobei der soge- nannte „platform switch“ (Abutmentdurchmesser kleiner als der Implantatdurchmesser) die Sondierung erschweren und so das wahre Ausmaß einer Periim- plantitis verbergen kann (SCHLOTTIG, 2011; AL- NSOUR et al., 2012). Abzugrenzen sind Implantatverluste aufgrund folgen- der weiterer Faktoren (ZITZMANN & BERGLUNDH, 2008; WALLOWY, 2012; SCHWARZ et al., 2008; FLANAGAN et al., 2009; MAHNAMA et al., 2013; STEIGENGA et al., 2003; GEORGIOPOULOS et al., 2007; Smeets et al., 2014a): • Überbelastungen des Implantats • Materialfehler, technische Fehler und falsch ge- wählter Materialeinsatz bzgl. maßgeblicher Bestim- mungsfaktoren des Implantaterfolgs • Mangelnde Verfügbarkeit bzw. qualitativ minderwer- tiger Knochen am Implantationsort • Systemische Erkrankungen und medikamentöse Therapien, welche Knochenmodulationen gemäß des Wolffschen Gesetzes (Knochendichte und Festigkeit nehmen bei Belastung zu – und umgekehrt) und der mechanostatischen Theorie aufheben So weisen Implantate >10 mm im Vierkantgewinde- Design höhere Erfolgsraten auf als geringere Implan- tatlängen oder Formen ohne Gewinde oder Sägezahn- gewinde (STEIGENGA et al., 2003; GEORGIOPOULOS et al., 2007). Auch scheinen raue Implantatoberflä- chen von > 2 μm eine bessere Osseointegration als glatte (< 0,5 μm) oder moderate Oberflächen (1–2 μm) aufzuweisen, wobei hier aufgrund anderer kontroverser Ergebnisse weitere Studien nötig sind (SCHLOTTIG, 2011). 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 23
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Ein Einfluss der Mikroarchitektur unterschiedlicher Implantatschulter-Designs auf das krestale Knochen- angebot und das Auftreten von Plaqueakkumulationen wird ebenfalls diskutiert (HERMANN et al., 2011; SUBRAMI et al., 2009). Implantatsysteme mit mikro- strukturierten Schulterbereichen sollen durch eine raue Oberfläche begünstigende Faktoren für die Kno- chenneubildung und damit einhergehend einen gerin- gen krestalen Knochenverlust schaffen (HERMANN et al., 2011) (Abb. 3; B, b). Maschinierte Implantat- schultern dagegen sollen die Plaqueakkumulation und das damit einhergehende Infektionsrisiko im Vergleich zu rauen Oberflächen minimieren (SUBRAMI et al., 2009; QUIRYNEN et al., 1996) (Abb. 3; A, a). In einer aktuellen Close Up-Übersichtsarbeit kommt FIENITZ (2014, angenommen) zu dem Schluss, dass für enossale Implantate ein Kompromiss zwischen Knochenbildung-fördernden rauen Oberflächen und Biofilm-resistenteren glatten Oberflächen ent- sprechend den Erfahrungen des Behandlers, dem Patientenwunsch und der Compliance sowie unter Berücksichtigung weiterer Risikofaktoren in Perriim- plantitis-Prozessen gefunden werden muss. A a B b match“ erzeugt als auch einer Prothetik-Linie für ein (B, b) „platform switch“ möglich. © BEGO Implant Systems GmbH & Co. KG Abb. 3: Implantatschul- ter-Design und „platform switing“-Möglichkeit. Das RS/RSX-Implantat- system hält Lösungen mit (A) maschinierter Schulter [RS] und (B) mikrostrukturierter Schulter [RSX] bereit. Die Versorgung der RS/ RSX Implanate ist sowohl mit einer Prothetik-Linie die ein (A, a) „platform Neben Beratung und Patientenschulungen zur opti- malen Mundhygiene sind als Präventionsmaßnahmen professionelle Zahnreinigungen und individuell zu ver- einbarende, engmaschige Kontrolluntersuchungen zu initiieren (Tab. 3) (WALLOWY, 2012). Im Besonderen ist hierbei auf die Reduzierung oben genannter Risiko- faktoren wie starkes Rauchen oder Diabetes mellitus zu achten. Tabelle 3: Anzahl der Kontrolluntersuchungen (KU) für bestimmte Patientenkollektive Mundhygiene und Hygienefähigkeit des Implantats KU = 1 Gut KU = 2 Mittel Raucherstatus Parodontitis, Mukositis (mit Vorgeschichte) Weitere Risiken / / / Vorgeschichte / / KU > 1 Schlecht Gegeben Gegeben u. a. systemische Erkrankungen, Historie einer nicht geglückten Implantatversorgung 24 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Im Rahmen der ganzheitlichen Therapie und Kontroll- untersuchungen sind so genannte Referenzparameter („Stunde Null“) und klare Kontrollabläufe mit engma- schiger Dokumentation einzuhalten. Prä-, intra- und postimplantologische Röntgenuntersuchungen sind unter Erfassung des intraimplantologischen Situs als Referenzparameter zu bilden, wobei periimplantäre Entzündungsvorgänge als Aufhellungszonen bezüglich erhöhter Knochenresorptionsraten auffällig werden (WALLOWY, 2012). Eine Kontrolluntersuchung sollte neben Beratung, Schulung und einer professionellen Zahnreinigung das Festhalten der Sondierungstiefen der Taschen und Festlegen des nächsten Termins be- inhalten. Blutungen, Schwellungen und Rötungen bei der makroskopisch-manuellen Sondierung weisen per definitionem auf eine mögliche Periimplantitis hin. 4. Therapie Im Rahmen des therapeutischen Konzepts wird zwi- schen einem chirurgischen und einem nicht-chirurgi- schen Ansatz unterschieden, wobei je nach Fall syner- getische Therapiepläne in Frage kommen. 4.1. Konservative Therapie Neben medikamentösen und manuellen Therapiefor- men (Teflon-, Karbon-, Kunststoff-, Titanküretten, Ultraschall- und Pulverstrahlsysteme) werden gehäuft innovative Techniken wie die lasergestützte und photo- dynamische Therapie in Anspruch genommen. Dabei weisen Therapien mittels Ultraschall oder Küret- tage durchgängig schlechtere Resultate auf als Be- handlungen mittels Pulverstrahlsystemen (SCHWARZ et al., 2008, TASTEPE et al., 2013; TASTEPE et al., 2012; PERSSON et al., 2010; RENVERT et al., 2009; SAHM et al., 2011; LOUROPOULOU et al., 2013; KARRING et al., 2005; Smeets et al., 2014a). PERS- SON et al. (2010) und RENVERT et al. (2009) konnten dabei eine zum Teil signifikant niedrigere Bakterienanzahl mit teilweiser Reduzierung der Plaque- und Blutungs- scores nach mechanischer Kürettage feststellen, wäh- rend SCHWARZ et al. (2008) von 30 % niedrigeren residualen Biofilmbereichen bei Ultraschallbehandlun- gen berichtet. Dabei sind je nach Oberflächentopogra- phie verschiedene Therapieansätze zu verfolgen (Tab. 4). Tabelle 4: Effektivität verschiedener Reinigungsmethoden Glatte Oberfläche Sandgestrahlte und säuregeätzte Oberfläche (SLA) Plasmagesprühte Oberfläche Gummikappe Kürette aus Metall; rotierende Titanbürsten Kürette aus Plastik Ultraschallsysteme mit Metallspitzen Ultraschallsysteme mit Plastikspitzen Pulverstrahl o o o o (poliert) o x o x o x x o x o x x Qualitativ befundene Effektivität (x: ja/ o: nein) verschiedener Reinigungsmetoden in Abhängigkeit von der Titanoberläche (LOUROPOULOU et al., 2013; Smeets 2014a). 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 25
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Die insgesamt als effektiv einzustufenden Pulverstrahl- systeme sind in ihrem Behandlungsgergebnis wiede- rum abhängig vom eingesetzten Strahlmittel, wobei in der Reihenfolge Hyroxylapatit/Trikalziumphosphat, Hyroxylapatit, Glycin-Pulver > Titandioxid > Wasser und Luft (Kontrollgruppe) > Phosphorsäure signifikant bessere Ergebnisse erzielt werden konnten (TASTEPE et al., 2013). Abrasive Strahlmittel können die Ober- fläche von Implantaten modifizieren und bilden Rück- stände, wobei das zelluläre Adhäsionsverhalten bei niedrigerer Zellantwort erhalten bleibt (TASTEPE et al., 2012, SAHM et al., 2011). Die Re-Osseointegrations- rate von Titanimplantaten nach Pulverstrahltherapie wird zwischen 39 % und 46 % angegeben, wobei sich das klinische Implantatattachment erhöht und die Taschentiefe reduziert (TASTEPE et al., 2012). Das Auftreten von Blutungen, einer der qualitativen Para- meter bei Vorliegen einer Periimplantitis, wird nicht reduziert (SAHM et al., 2011). Darstellung der knöchernen Defekte nach Lappenbildung Glättung aller Oberflächenrauhigkeiten und Entfernung der infizierten oberfläch- lichen Knochenschichten mit Er:Yag-Laser. Abb. 4 Oberflächenplastik am Implantat. 4.1.1. Medikamentöse Therapie In vitro- und in vivo-Studien zur medikamentösen The- rapie der Mukositis und Periimplantitis sind zahlreich und teilweise widersprüchlich in ihren Ergebnissen. Eine definitive Wirksamkeit einer bestimmten Therapie oder eines bestimmten Antibiotikums kann aufgrund der schlechten Vergleichbarkeit der Studien unterein- ander, welches den verschiedenen Studiendesigns geschuldet ist, nicht gegeben werden. Folgende drei Bereiche können grob unterschieden werden: 1. Verabreichung von systemisch und lokal wirkenden Antibiotika unter Berücksichtigung der Taschentiefe 2. Verabreichung von systemisch und lokal wirkenden Antibiotika unter Berücksichtigung weiterer Parame- ter als den oben genannten 3. Desinfizierende Spülungen mit Bezug auf unter- schiedliche Parameter In einem Review von JAVED et al. (2013) unter Be- zugnahme von neun Studien führten systemische und lokale Antibiotikaapplikationen (z. B. Tetracyclin, Doxacyclin, Amoxicillin, Metronidazol, Minoxicyclin- Hydrochlorid, Ciprofloxacin, Sulfonamide + Trimetho- prim) zu teils signifikanten Reduktionen der Taschen- tiefe in einem Zeitraum zwischen einem und sechs Jahre. Gleiches konnten MOURA et al. (2012) für resorbierbare Doxicyclin freisetzende Nanosphären in lokaler Applikation über einen Zeitraum von 15 Mo- naten feststellen. LEONHARDT et al. (2003) attes- tierten verschiedenen systemischen Antibiotika und Antibiotikakombinationen eine Gesamterfolgsrate von 58 % nach chirurgischer Eröffnung und Reinigung der Implantatoberflächen. ASTASOV-FRAUENHOFFER und Mitarbeiter (2013) konnten für 10 x MICs (Minimale Hemm-Konzentra- tionen) vollständig wachstumshemmede Effekte von Amoxicillin und Metronidazol auf S. sanguinis und P. ging ivalis feststellen, ohne das jedoch etwaige Wirkstoff- kombinationen bessere Effekte auszulösen vermochten. BASSETTI et al. (2013) stellten in einem Vergleich von lokalen Antibiotikagaben und photodynamischer The- rapie keine Unterschiede hinsichtlich der Reduzierung 26 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS der Taschentiefe oder Reduktionen der Bakterienanzahl in den Zahnfleischtaschen fest. Der u.a. als Antioxidans bekannte Grapefruitsaft wirkt lediglich gegen S. aureus bakteriostatisch (SHRESTHA et al., 2012). Spülungen und Anwendungen mit Chlorhexidin führ ten in verschiedenen Studien zu einer Reduktion der Taschentiefe, einer höheren implantären Adhäsion sowie einer allgemeinen Abschwächung der Entzündung gemäß der Entzündungsparameter IL1-Beta, VEGF und PGE-2 (MACHTHEI et al., 2012; WAAL et al., 2013; DI CARLO et al., 2008). Im Vergleich mit Doxicyclin führte Chlorhexidin zu signifikant weniger reduzierten Taschen- tiefen (RENVERT et al., 2008; RENVERT et al., 2006). Im Bereich des „tissue engineering“ konnten LAN et al. (2013) mittels eines Poly-ε-Caprolacton/Alginat-Rings eine kontinuierliche Freisetzungskinetik von Metronida- zol über 30 Tage aufzeigen. HOU et al. (2011) inkorpo- rierten Fluoruracil in zylindrische Poly-ε-Caprolacton- Implantate unterschiedlichen Durchmessers. 4.1.2. Lasertherapie Mit dem Vorteil einer bakteriziden Wirkungsweise werden CO2-, Dioden-, Er:Yag (Erbium-dotierte Yttrium- Aluminium-Garnet)- und Er,Cr:Yag (Erbium, Chromium- dotierte Yttrium-Aluminium-Garnet)- Laser mit zuneh- mender Häufigkeit in der Therapie von Perimplantitiden eingesetzt, wobei auf minimale Absorptionen und Rückstrahlungen zwecks Material-und Gewebeschutz geachtet werden muss. Er:Yag- und Er,Cr:Yag- Wellen- längen in einem Spektrum von 3 μm können Biofilme um bis zu 90 % reduzieren, wobei im Gegensatz zu den meisten mechanischen Therapieansätzen etwaige Biokompatibilitäten und zellstimulierende Eigenschaf- ten kompromittiert werden können (SCHWARZ et al., 2008, YAMAMOTO & TANABE, 2013; SCHWARZ et al., 2006). Die Bestrahlung mit einem CO2-308nm-Exci- merlaser führte dagegen hauptsächlich und effizient im anaeroben Bakterienspektrum zu zufriedenstellenden Ergebnissen (DEPPE et al., 2007). Im Vergleich mit einer mechanischen Behandlung durch Plastikküretten führten Behandlungen mit einem Er:Yag-Laser zu signifikant besseren Ergebnissen hinsichtlich von Blutungsereignissen bei Periimplan- titis, wobei Taschentiefe, klinisches Attachmentlevel, Plaque-Index und Gingivarezession in beiden The- rapieformen nicht signifikant unterschiedlich, aber verbessert zum Ausgangswert waren (SCHWARZ et al., 2006) (Abb. 4). PERSSON et al. (2011) untersuchten in einer randomi- siert-klinischen Studie mit 42 Patienten über 6 Monate die Effektivität von Er:Yag-Lasern zu einem Pulver- strahlsystem. Bis auf unterschiedlich reduzierende Effekte auf spezifische Bakterien nach einem Monat (Er:Yag: Fusobacterium nucleatum; Pulverstrahlsys- tem: P. aeruginosa, S. aureus und S. anaerobius) konn- ten nach 6 Monaten keine langfristig reduzierenden Effekte aufgezeigt werden. 4.1.3. Photodynamische Therapie In der photodynamischen Therapie werden mithilfe von hochenergetischem monofrequenten Licht, z. B. aus Diodenlasern, in Kombination mit Photosensibili- satoren (z. B. Toluidinblau) reaktive Sauerstoffspezies mittels Multiplizität erzeugt. In einem Wellenlängen- bereich von 580 bis zu 1400 nm und Toluidinkonzen- trationen zwischen 10 und 50 μg/ml entwickelt die photodynamische Therapie bakterizide Effekte gegen aerobe und anaerobe Bakterien (A. actinomycetem- comitans, P. gingivalis, P. intermedia, S. mutans, E. facalis) (SCHWARZ et al., 2008; AL-AHMAD et al., 2013; MEISEL & KOCHER, 2005). In einer Studie von DEPPE et al. (2013) zur Effektivität der Phototherapie bei moderater und schwerer Periimplantitis konnten sowohl klinisches Attachment als auch Blutungsindex signifikant verringert werden, wobei schwere Verläufe weitere Knochenresorptionen aufwiesen. Somit soll- ten photodynamische Therapieversuche lediglich bei weniger weit vorangeschrittenen Stadien angewendet werden. 4.1.4. Therapie der Mukositis Unter Einbeziehung der oben genannten nicht-chi- rurgischen Therapieverfahren wird die Behandlung von Mukositiden unter allgemeiner Verbesserung der Mundhygiene in eine mechanische Implantatreini- gung (Titan- und Kunststoffküretten, Ultraschall, Pulverstrahl, photodynamische Therapie), orale (Chlorhexidinglukonate, Fluoride, Wasserstoffperoxid, Natriumperkarbonat) und lokale (z. B. Betaisodonna) antiseptische Maßnahmen eingeteilt. In zwei randomisiert klinischen Studien (HEITZ- MAYFIELD et al., 2011, HALLSTRÖM et al., 2012) konnten keine Vorteile von Desinfektionsmaßnahmen (Chlorhexidin und Azithromax® (Makrolid)) gegenüber den jeweiligen Kontrollgruppen in der Reduktion der Taschentiefe, des Plaque-Index oder der Pusbildung festgestellt werden. Reduktionen im Blutungsindex wurden auf die allgemeine Verbesserung der Mundhy- giene unter Verweis auf die potentielle Bedeutung von Leitlinien bzw. Behandlungsprotokollen zurückgeführt (HEITZ-MAYFIELD et al., 2011; HALLSTRÖM et al., 2012; ZEZA & PILLONI et al., 2012). 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 27
CLOSE UP THE OPEN ACCESS 4.2. Chirurgische Therapie Die chirurgische Therapie kombiniert oben genannte nicht-chirurgische Therapieformen mit resektiven und regenerativen chirurgischen Ansätzen. Die Indikation zur Therapie sowie der chirurgische Ansatz selbst wurde in Patientenstudien aufgezeigt (Tab. 5, 6) und bemisst sich unter anderem am AKUT-/CIST-Konzept (Auffangende Kumulative Unterstützende Therapie/Cu- mulative Interceptive Supportive Therapy) (RUTAR et al., 2001; SCHMAGE, 2010; Smeets et al., 2014a). Hier werden gemäß der Gesamtstudienlage bezüglich kieferchirurgischer Augmentationsansätze häufig autologe, allogene und xenogene Biomaterialien als Augmentationsmaterialien bei knöchernen Defekten verwendet, wobei allogene und xenogene Transplan- tate dem autologen Material nahezu gleichwertig sind (FISCHER et al., 2011; KOLK et al., 2012; SMEETS & KOLK, 2011; Smeets et al., 2014b,c,d). Tabelle 5: Auswahl an klinischen Studien zur chirurgischen Therapie der Periimplantitis Autor Methoden Ergebnisse Schwarz 2006 Versorgung der Knochendefekte von 22 Pati- enten mit xenogenem Knochen und kollagener Membran (Gruppe 1) oder Hydroxylapatit und kollagener Membran (Gruppe 2) über 6 Monate Roos-Jansåker 2007 Vergleich von: • Gruppe 1 (n=17): Algipore + Membran (Osseoquest) • Gruppe 2 (n=19): Algipore Vergleich von autogenem (AG, n=23) zu xenogenem Knochenersatzmaterial (XG, n=22) hinsichtlich: • Blutungsindex • Taschentiefe • Knochenwachstum Versorgung der Knochendefekte von 24 Patien- ten mit xenogenem Knochen und kollagener Membran nach Defektreinigung mit: • Gruppe 1 (n=12): Er:YAG-Laser • Gruppe 2 /n=12): Plastikküretten, Wattepellets, Kochsalzlösung Gruppe 1: • Taschentiefe: 7,0+/-0,6 auf 4,9+/-0,6 mm • Klinisches Attachment: 7,5+/-0.8 auf 5,7+/-1,0 mm Gruppe 2: • Taschentiefe: 7,1+/-0,8 auf 4,5+/-0,7 mm • Klinisches Attachment: 7,5+/-1,0 auf 5,2+/-0,8 mm Reduzierung der Taschentiefe um 2,9 (Gruppe 1) und 3,4 mm (Gruppe 2) bei Defektfüllungen von 1,5 bzw. 1,4 mm XG signiikant besser zu AG und Baseline Gruppe 2 mit signiikant besserem Blu- tungsindex als Gruppe 1 und Baseline Aghazadeh 2012 Schwarz 2012 Wiltfang 2012 Mijiritsky 2013 Matarasso 2014 22 Patienten bei Versorgung mit Gemisch aus au- tologem- und xenogenem Knochenersatzmaterial Durchschnittliche Taschenreduktionen von 3,5 mm Versorgung von 18 Implantaten mit Titangranulat mit Effektmessung nach 6 bis 15 Monaten Knochenzuwachs von durchschnittlich 2,1 mm Versorgung von 11 Implantaten mit deminera- lisierter boviner Knochenmatrix und Kollagen- matrix subkrestal sowie Implantatplastik supra- krestal. Evaluation nach 12 Monaten. Signiikante Veränderungen: • Taschentiefe: 8,1+/-1,8 auf 4,0+/-1,3 mm • Klinisches Attachment: 9,7+/-2,5 auf 6,7+/-2,5 mm Auswahl an klinischen Studien zur chirurgischen Therapie der Periimplantitis 28 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Tabelle 6: AKUT-/CIST-Protokoll Stufe Befund 0 1 2 3 4 ST: Sondierungstiefen Totalmisserfolg: Implantatbruch, Primärkompli- kation < 6 Monate; mehr als 2/3 der Implantat- länge an Knochenverlust Therapie Explantation Infektion wegen Fremdkörper („Zementitis“) Mechanische Reinigung, Politur Mukositis ST > 3 mm ohne radiologischen Knochenverlust Mechanische Reinigung, Politur, Desinfektion mit CHX Leichte Periimplantitis ST ≥ 4 mm Knochenverlust < 2 mm Fortgeschrittene Periimplantitis ST > 5 mm Knochenverlust ≥ 2 mm radiologisch Mechanische Reinigung, Politur, Desinfektion mit CHX, syst. antibio- tische Therapie (Metronidazol 3x400/d + 3x/500/d Amoxicillin) für 7d Chirurgische Intervention: Situs darstel- len, Konkremente und Bioilm entfernen, Implantatplastik, Knochenersatzmaterial zur Defektstabilität, Membran und dichter Verschluss insbesondere um Implantat, antibiotische Therapie mit Metronidazol + Amoxicillin In einer retrospektiven Studie von LAGERVALL et al. (2013) mit 150 Patienten (382 Implantaten) war die am meisten angewendete Operationsform die parodon- tale Lappenoperation mit Osteoplastik (47 %), gefolgt vom Einsatz von Knochenersatzmaterialien (20 %). Dabei konnten für beide Verfahren kumuliert eine Erfolgsrate von 69 % verzeichnet werden, welche bei Patienten mit Risikofaktoren wie Rauchen, Parodontitis und schlechter Mundhygiene signifikant niedriger war. 5. Fazit Abschließend erschweren die Anzahl der Studien sowie die zum Teil widersprüchliche Ergebnisse eine abschließende Beurteilung der „idealen Periimplanti- tistherapie“. So sollte der Prävention als einfachstes Instrumen- tarium mit engmaschigen Kontrolluntersuchungen größte Beachtung zuteilwerden. Dabei sind ver- schiedene Risikofaktoren auf Seiten des Patienten und des behandelnden Arztes zu beachten. Neben Raucherstatus, schlechter allgemeiner Mundhygiene und Vorerkrankungen (z. B. Parodontose, systemische Infektionskrankheiten, Knochenkrankheiten) sind ärzt- licherseits auf etwaige Faktoren wie Restbezahnung, Zementitis, Implantatwahl, Knochenstatus, Aufklärung zum Umgang mit Zahnimplantaten sowie engmaschige Kontrolluntersuchungen zu achten. In der nicht-chirurgischen Therapie sind vor allem Kombinationen aus der mechanischen Reinigung mit Metallküretten und Pulverstrahlgeräten (z. B. Hydro- xylapatit + Trikalziumphosphat) als vielversprechend einzustufen. Diese Maßnahmen können durch syste- misch wirksame Antibiotika-Kombinationstherapien ergänzt werden. Die Laser- und photodynamische Therapie zeigten hier weniger vielversprechende Er- folge und sollten vornehmlich ebenfalls supportiv oder in weniger vorangeschrittenen Befunden angewendet werden. 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 29
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Auf der nicht-chirurgischen Therapie aufbauend ergänzen chirurgische Ansätze das Therapieregime um resektive und augmentative Verfahren. Die hierbei verwendeten Knochenersatzmaterialien (z. B. BEGO OSS oder BEGO Collagen Membrane) können als gute und nahezu gleichwertige Materialien zum autologen Knochenersatz angesehen werden. Dabei ist insgesamt mangels Leitlinien das AKUT-/ CIST-Protokoll als definitive Orientierungshilfe anzu- sehen, wobei eine penible Einbeziehung aller beste- henden Risikofaktoren beachtet werden muss. Die „ideale Periimplantitistherapie“ ist somit als multifaktorielles Therapieregime anzusehen, welches bisweilen auf individuell maßgeschneiderte Behand- lungsmodelle zurückgreifen muss, um der Vielfalt der multifaktoriellen Genese, Therapiemöglichkeiten und Studienergebnisse gerecht zu werden. Referenzen • Hier finden Sie die vollständige Literaturliste. 30 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS BEGO SECURITY Implants – für eine umfassende 5-Jahres-Garantie Schultergeometrie je nach Patientenanforderung Individuell mit BEGO Semados® RS/RSX • Maschinierte (RS-Line) oder mikrostrukturierte (RSX-Line) Schulter mit Platform Switch • Implantatdurchmesser 3,0 – 5,5 mm • Bionisch optimierte Mikrorillen (zum EU Patent angemeldet, noch nicht offen gelegt) • Selbstschneidendes Gewindedesign mit optimalem Schneidwinkel • Weitere Infos unter www.bego.com Miteinander zum Erfolg 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 31
CLOSE UP THE OPEN ACCESS SCIENCE RADAR Implantologie Journal 2015,19(4):28-32 Bionische Anforderungen an das Implantatdesign moderner Systeme Von See C. Neben funktionalen Aspekten erwarten Implantatpa- tienten im Lichte der zweifelsohne Erfolg versprechen- den Implantattherapie eine Sofortbelastung inklusive ästhetischer Interimsversorgung. Die gehobenen Ansprüche stellen auch ein neues Anforderungsprofil an das Implantatdesign selbst. Dabei zählen vor allem eine hohe Oberflächengüte, Primärstabilität und gute Osseointegration zu den gewünschten Systemmerkma- len. Prof. Dr. Constatin von See beleuchtet im Folgen- den ausführlich die verschiedenen Parameter, die ein modernes Implantatdesign auszeichnen. On the Screen Oberflächenstruktur • Großer Einfluß auf die Primärstabilität • Raue Implantatoberfläche führt zu Knochen- spanbildung • Ungenügendem Spanraum: unkontrollierte Knochenkompression an der Implantatkon- taktfläche Breite der Gewindeflanken • Breite der Gewindeflanken: bestimmt die Führung des Implantates beim Inserieren • Breite Gewindeflanken benötigen oft ein vorgeschnittenes Gewinde: Reduziert das Eindrehmoment und verhindert ein Verkanten • Selbstschneidende Gewinde erreichen höhe- re Primärstabilitäten. Können verkanten und eine Richtungsänderung beim Inserieren herbeiführen Steigwinkel • Definiert den Vortrieb des Implantates beim Inserieren • Technische Umsetzung des Gewinde-Steig- winkels bestimmt die Insertionstechnik Implantatgrundkörper • Wesentlicher Einfluss auf die Primärstabilität • Zylindrische Grundkörper: Haftreibung • Konische Grundkörper: Haftreibung, laterale und senkrechte Knochenkompression Implantataußenkontur • Wesentlicher Einfluss auf das maximalev- Drehmoment beim Inserieren • Zylindrische Kontur: Haftreibung, Gleitreibung • Konische Kontur: Haftreibung, Gleitreibung, Knochenkompression über die Seitenflächen Gewindegangtiefen • Verhältnis der Implantat-Außenkontur zum Implantatgrundkörper • Zunehmende Gewindegangtiefe: vergrößert die Auflagerungsfläche und die Lastverteilung • Biologische Grenze: Versorgung des Kno- chens im Gewindegangrund • Vorschneiden des Gewindes: beugt einer hohen Druckbelastung des Knochens and der Gewindespitze vor Das Inserieren und das Drehmoment Die Oberflächenreibung nimmt über die Länge und den Durchmesser des Implantates zu. Manuelles Inserieren muss die Haftreibung überwinden, wobei diese Haftreibung immer größer als die nötige Gleitreibung ist. Beim maschinellen Einbringen ist das Implan- tat stetig in Bewegung, es tritt keine Haftrei- bung auf. Dadurch ist das maximale Drehmo- ment beim maschinellen Einbringen geringer. Weiterführende Literatur Von See et al. (2014). Influence of The cutting edge angle of a titanium instrument on chip formation in the machining of trabecular and cortical bone.Int J Oral Maxillofac Implants 29(4):942- 8. 32 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS DAS SCHULTERDESIGN Maschinierte versus mikrostrukturierte Implantatschulter – Was ist besser? Dr. Tim Fienitz, Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Uniklinik Köln Abstract Die Mehrheit der aktuell auf dem Dentalmarkt er- hältlichen Implantatsysteme weist vergleichbar gute Implantatüberlebensraten auf. Vor diesem Hintergrund kommt den ästhetischen Ergebnissen bei Verwen- dung unterschiedlicher Implantatsysteme eine immer größer werdende Bedeutung zu. Die ästhetischen Ergebnisse werden maßgeblich durch das umgebende Weichgewebe bestimmt, welches wiederum direkt vom krestalen Knochenangebot abhängt. Das krestale Knochenangebot kann sowohl durch die Makroarchi- tektur des Implantatkörpers als auch die Mikroarchi- tektur der Implantatoberfläche beeinflusst werden. In der vorliegenden Übersichtsarbeit wird mit Hilfe einer aktuellen Lite raturrecherche die Bedeutung der Implantatschulter unter besonderer Berücksichtigung der Oberflächen beschaffenheit in diesem Bereich untersucht. Eine mikrostrukturierte Implantatschulter scheint die krestale Knochenresorption positiv zu beeinflus- sen, wohingegen die maschinierte Implantatschulter durch geringere Plaqueakkumulation ein geringeres Infektions risiko bei unerwünschter Exposition des Implantats zur Mundhöhle mit sich führt. Anhand der aktuellen Studienlage lässt sich keine eindeutige Aussage über die Überlegenheit eines Implantatschulter-Typs treffen und die Wahl einer der beiden Möglichkeiten sollte unter Berücksichtigung der patientenindividuellen Situation getroffen werden. Schlagwörter: Implantatschulter, maschiniert, mikrostrukturiert, Platform Switching 5 1 0 2 | 3 0 • Dieser Artikel ist Online. Wissenschaftsportal Wissenschaftlich gestützte Literatur für Dentalkonzepte Das Schulterdesign Maschinierte versus mikrostrukturierte Implantatschulter – Was ist besser? Highlights Platform Switching Mikroarchitektur der Implantatschulter 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 33
CLOSE UP THE OPEN ACCESS 1. Dentalimplantate in der zahnärztlichen Praxis Die dentale Implantologie stellt ein wichtiges Aufga- bengebiet in der zahnärztlichen Praxis dar. Mit Hilfe von dentalen Implantaten kann festsitzender Zahn- ersatz hergestellt werden, der dem Patienten maxi- malen Komfort ermöglicht. Hierbei können sowohl einzelne Zähne ersetzt, als auch implantatgetragene Brückenkonstruktionen verankert werden. Bei der prothetischen Versorgung mittels Implantaten wird eine zusätzliche Präparation von klinisch unauffälligen benachbarten Zähnen vermieden. Dadurch können auch zahnlose Patienten mit festsitzendem Zahnersatz versorgt werden. Alle implantatgetragenen prothe- tischen Lösungen erfordern ein stabil in den Kiefer- knochen integriertes Implantat, das die entstehenden Kaubelastungen trägt. Die knöcherne Integration von dentalen Implantaten kann durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden. Neben patienteneigenen Faktoren wie z. B. Rauchverhalten und Mundhygiene, können auch implantatspezifische Eigenschaften die knöcherne Integration beeinflussen. Diese Faktoren umfassen sowohl die Mikroarchitektur des Implantats im Sinne der Oberflächenbeschaffenheit als auch die Makroarchitektur bzw. das Implantatdesign. In diesem Zusammenhang kommt auch der Implantatschulter und ihrem Einfluss auf den krestalen Knochenverlust eine besondere Bedeutung zu. 2. Makroarchitektur dentaler Implantate / Implantatdesign Das Design dentaler Implantate erlaubt eine große Variabilität, mit der individuelle Patientensituationen und auch Vorlieben der Anwender abgedeckt werden können. Die Auswahl kann zwischen • verschiedenen Implantatlängen und -breiten • einer zylindrischen oder konischen Form • einteiligen oder mehrteiligen Implantatsystemen • oder einer unterschiedlichen Anzahl und Anordnung an Gewindegängen getroffen werden. Die Wahl der Implantatlänge wird zumeist von der patientenindividuellen Knochensituation und von der Lage des Nervus alveolaris inferior im Bereich des Unterkiefers bestimmt. Des Weiteren kann in kompro- mittierten Knochensituationen auch auf kürzere oder im Durchmesser reduzierte Implantate zurückgegrif- fen werden, um auf Knochenaugmentationen oder Nervlateralisationen mit den entsprechenden Kom- plikationsrisiken verzichten zu können. Dabei werden kürzere Implantate (< 10 mm) als anfälliger für einen Misserfolg beschrieben (MISCH, 2005). Durchmesser- reduzierte Mini-Implantate (< 3 mm) weisen anfäng- lich vergleichbare Überlebensraten wie Standard-Im- plantate auf, jedoch kann die Langzeitüberlebensrate dieser Implantate noch nicht zufriedenstellend nach- gewiesen werden (BIDRA et al., 2013). Sowohl der Implantatdurchmesser als auch die Länge und Neigung des Implantathalses scheinen einen ent- scheidenden Einfluss auf die Belastungen, die an der Kontaktstelle zwischen kortikalem Knochen und Im- plantatoberfläche entstehen (Bone-Implant-Interface) zu haben (FAEGH et al., 2010). So können beispiels- weise die zwischen den beiden Flächen auftretenden Belastungen durch eine Erhöhung des Implantat- durchmessers, durch einen längeren Implantathals und durch eine positive Implantathalsneigung, d. h. eine Zunahme des Durchmessers zur Implantatspitze hin, reduziert werden (FAEGH & MUFTU, 2010). Die Wahl zwischen ein- oder zweiteiligen Implantatsys- temen ist hauptsächlich von der patientenindividuel- len Indikation abhängig. Zweiteilige Implantatsysteme bestehen aus einer Implantatschraube, die in den Knochen eingebracht wird und unterhalb der Gingiva zu liegen kommt, sowie einem Aufbau (Abutment), welcher als Bindeglied zwischen Implantat und dem Kronenaufbau fungiert. Bei einteiligen Systemen beinhaltet das Implantat selber eine Verbindungs- möglichkeit zu der prothetischen Versorgung, welche nach der Implantation über die Gingiva heraus ragt. Einteilige Implantate eignen sich deshalb besonders in Fällen, in denen eine Sofortbelastung angestrebt wird, wohingegen zweiteilige Implantatsysteme in den meisten Fällen erst nach einer initialen Einheilungs- phase freigelegt und zu diesem späteren Zeitpunkt mit einem Abutment versorgt werden können. Studien, die Vor- und Nachteile beider Systeme miteinander ver- gleichen, bezüglich des Einflusses beider Systeme auf das umgebende Hart- und Weichgewebe kommen zu teils sehr unterschiedlichen Ergebnissen (zur Über- sicht: [PRITHVIRAJ et al., 2013]. Während einige Studien weniger Knochenverlust und eine geringere Abnahme der biologischen Breite für einteilige Sys- 34 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS teme beschrieben (HERMANN et al., 2001), wurde während anderen Studien eine geringere Erfolgsrate und eine erhöhte Knochenresorption für einteilige Implantatsysteme gefunden (OSTMAN et al., 2007; ZEMBIC et al., 2012). Ein Grund für diese Diskrepanz könnte darin begründet liegen, dass sich die in den einzelnen Studien verwendeten Implantate nicht nur in ihrer Zugehörigkeit zu ein- oder zweiteiligen Implan- tatsystemen sondern auch in weiteren Eigenschaften unterschieden und somit einen direkten Vergleich der Studien erschweren. 2.1 Biologische Breite Die bereits erwähnte biologische Breite ist eine zunehmend wichtiger werdende Größe im Bereich der dentalen Implantologie. Während in der Vergan- genheit hauptsächlich nur auf die knöcherne Einhei- lung des gesamten Implantates geachtet wurde, steigt bei zunehmend besseren Implantatüberlebensraten auch der Anspruch an die Ästhetik, welche maßgeb- lich vom umgebenden Weichgewebe bestimmt wird. Die biologische Breite natürlicher Zähne unterscheidet sich nur geringfügig von der biologischen Breite an Implantaten. Bei natürlichen Zähnen wird der Bereich zwischen höchstem Kontaktpunkt der Gingiva zur Zahnkrone und dem höchsten Punkt des Alveolarkno- chens als „dentogingivaler Komplex“ bezeichnet. Dieser Komplex setzt sich zusammen aus dem Sulkus (0,2 – 0,5 mm) und der biologischen Breite, die wie- derum in das epitheliale Attachment (ca. 1 mm) und das bindegewebige Attachment (ca. 1 mm) unterteilt werden kann. Dieser Komplex hat vor allem eine Schutzfunktion und soll durch die bindegewebigen Fasern und das Epithel das unterliegende Gewebe wirkungsvoll von der Mundhöhle abgrenzen (SICHER, 1959). Die Fasern des bindegewebigen Attachments an natürlichen Zähnen verlaufen dreidimensional angeordnet (FENEIS, 1952) entlang und quer zur Zahnachse, wohingegen die bindegewebigen Fasern der biologischen Breite von Implantaten lediglich parallel zur Längsachse des Implantates verlaufen (BUSER et al., 1992; BERGLUNDH et al., 1991) (Abb. 1). Es konnte nachgewiesen werden, dass die Höhe des dentogingivalen Komplexes von rund 3 mm (GARGIULO et al., 1961) relativ konstant ist und eine Veränderung der Alveolarknochenhöhe bei konstant bleibendem dentogingivalen Komplex eine entspre- chende Veränderung der Gingivahöhe bewirkt. Für die Implantologie bedeutet dies, dass eine Abnahme des krestalen Knochens am Implantat in einem Rück- gang der Gingivahöhe und damit in einer ästhetisch unbefriedigenden Freilegung des Implantathalses resultiert. Bei zweiteiligen Implantatsystemen wurde in diesem Zusammenhang eine Abhängigkeit zwischen der krestalen Knochenresorption und der Lokalisation des Mikrospaltes beobachtet (HERMANN et al., 1997; HERMANN et al., 2000). Dieser Mikrospalt besteht zwischen der Implantatschulter und dem aufgebrach- ten Abutment. Die Gestaltung der Implantatschulter und des aufsitzenden Abutments können die Lokali- sation des Mikrospaltes verändern und damit die kres- tale Knochenresorption direkt beeinflussen. • höchster Kontaktpunkt der Gingiva zur Zahnkrone • Sulkus x e l p m o K r e l a v i g n i g o t n e D e t i e r B e h c s i g o l o i B • epitheliales Attachment • bindegewebiges Attachment • höchster Punkt des Alveolarknochens Abb. 1: Die Biologische Breite an natürlichen Zähnen und Implantaten Der dentoginigvale Komplex hat eine Schutzfunktion Die bindegewebigen Fasern und das Epithel bilden die Grenze zur Mund- höhle. Die Fasern im Bindegewebe verlaufen an natürlichen Zähnen dreidimensional entlang und quer zur Zahnachse. Im Bindegewebe der biologischen Breite um Implantate verlaufen die Fasern parallel zur Längsachse des Implantates. Dieser parallele Faserverlauf hat Einfluss auf die Schutzfunktion des dento-gingivalen Komplexes. 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 35
CLOSE UP THE OPEN ACCESS 2.2 Platform Switching Eine Methode bei der die Abhängigkeit zwischen der krestalen Knochenresorption und der Lokalisation des Mikrospalts zur Verbesserung der marginalen Kno- chensituation berücksichtigt wird, ist das so genannte Platform Switching. Hierbei wird ein zweiteiliges Den- talimplantat mit einem hinsichtlich des Durchmessers kleineren Abutment versorgt. Dadurch wird der zwi- schen Implantat und Abutment vorhandene Mikrospalt horizontal von der Außenwand des Implantats zur Implantatmitte hin verlagert. Einige Studien konnten in diesem Zusammenhang eine verringerte marginale Knochenresorption sowohl im Tierversuch (BECKER et al., 2009) als auch am Patienten (ATIEH et al., 2010) beobachten, die umso geringer ausfällt, je größer der Größenunterschied zwischen Implantat und Abutment ist. Als Erklärung für die Begrenzung des marginalen Knochenverlustes durch Platform Switching werden unterschiedliche Gründe diskutiert. • So soll das Platzangebot für die Gewebe der biologi- schen Breite durch das Platform Switching optimiert werden (DEGIDI et al., 2008) • das Entzündungs-Bindegewebe im Bereich der Implantat-Abutment-Verbindung horizontal zur Implantatmitte verlagert werden (LUONGO et al., 2008) • sowie der Bereich der maximalen biomechanischen Belastung zur Implantatachse verlagert werden (CHANG et al., 2010). Eine systematische Übersichtsarbeit von Annibali und Mitarbeitern (ANNIBALI et al., 2012) konnte die verringerte marginale Knochenresorption an dentalen Implantaten bestätigen. Allerdings konnte kein nen- nenswerter Unterschied hinsichtlich der Implantat- überlebensrate zwischen Implantaten mit und ohne Platform Switching nachgewiesen werden. Exkurs 1 Platform Switching Abutment = Implantatdurchmesser Der Mikrospalt kommt an der Implantataußenseite zu liegen Abutment < Implantatdurchmesser Der Mikrospalt wird in Richtung Implantatachse verschoben 36 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS 3. Mikroarchitektur der Implantatschulter Zu den Verfahren, mit denen die Implantatoberfläche modifiziert werden kann, gehören • die anodische Oxidation • das mechanische Strahlen mit verschiedenen Partikeln (z. B. Titanoxid, Aluminiumoxid, Hydro- xylapatit) und das chemische Ätzen mit verschiede- nen Säuren (z. B. Salzsäure, Flusssäure) • oder Kombinationen von mechanischen und chemi- schen Verfahren. Neben dem Design und der Lokalisation der Implan- tatschulter muss auch der Oberflächenbeschaffenheit eine große Bedeutung hinsichtlich des krestalen Knochenverlustes beigemessen werden. Grundsätz- lich können die heute auf dem Dentalmarkt erhält- lichen Implantate in die Gruppe der Implantate mit maschi nierter Implantatschulter (Abb. 5 & 3) und die Gruppe der Implantate mit mikrostrukturierter Implan- tatschulter (Abb. 4 & 5), bei denen die meist raue Implantatoberfläche das gesamte Implantat bedeckt, eingeteilt werden. Entgegen dem Unterschied bei der Oberflächenbeschaffenheit der Implantatschulter ist die übrige Oberfläche heutzutage bei fast allen Titan- implantaten mittels unterschiedlicher Verfahren angeraut. Dies geschieht, um die Oberflächenbeschaf- fenheit zugunsten der Zellanheftung zu verändern, da bei unbehandelten glatten Titanoberflächen eine langsamere Besiedlung mit Zellen als bei angerauten Oberflächen beobachtet werden konnte (NISHIMOTO et al., 2008). Des Weiteren konnte beobachtet wer- den, dass Osteoblasten sehr sensitiv für eine erhöhte Oberflächenrauigkeit sind und die Produktion ver- schiedener Wachstumsfaktoren gesteigert wird. So wird erreicht, dass kürzere Einheilungszeiten vor der anschließenden Implantatbelastung benötigt werden und auch kleinere Implantate als gewohnt verwendet werden können (NASATZKY et al., 2003). Abb. 2 REM, Vergrößerung 100 x, maschinierte Implantatschulter, BEGO Semados® RS-Implantat Abb. 3 REM, Vergrößerung 400 x, maschinierte Implantatschulter, BEGO Semados® RS-Implantat Abb. 4 REM, Vergrößerung 100 x, mikrostrukturierte Implantatschulter BEGO Semados® RSX-Implantat Abb. 5 REM, Vergrößerung 400 x, mikrostrukturierte Implantatschulter, BEGO Semados® RSX-Implantat Neben einer Änderung der Implantatmorphologie können diese Verfahren zusätzlich zu einer hydrophile- ren Implantatoberfläche führen. Erhöhte Hydrophilie konnte als weiterer begünstigender Faktor für die an- fängliche Anheftung von Knochenzellen nachgewiesen werden (WATANABE et al., 2012). Bei Implantaten mit mikrostrukturierter Implantat- schulter steht die Idee der begünstigten Knochenneu- bildung an rauen Oberflächen auch im Bereich der Implantatschulter und damit verbunden ein geringerer marginaler Knochenverlust im Vordergrund. Dieses Ergebnis konnte in unterschiedlichen Studien beob- achtet werden. Sandgestrahlte und säuregeätzte Titan- implantate, die keine maschinierte Implantatschulter aufwiesen, wiesen im Vergleich zu Implantaten mit maschinierter Schulter weniger periimplantären kre- stalen Knochenverlust auf (HERMANN et al., 2011). 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 37
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Eine vergleichbare Studie beobachtete sogar einen marginalen Knochenzuwachs bei den mikrostruktu- rierten SLA®-Implantaten und einen Knochenverlust bei den maschinierten Implantaten nach einem Jahr (VALDERRAMA et al., 2010). In diesem Zusammen- hang gilt auch für maschinierte Implantate, dass der marginale Knochenverlust umso geringer ausfällt, je kleiner die maschinierte Schulter ist. In einer Studie, in der ein gleiches Implantatsystem mit unterschied- lichen maschinierten Implantatschultern untersucht wurde (0,4 mm bzw. 1,6 mm), wiesen die Implantate mit der kleineren maschinierten Implantatschulter nach drei Monaten signifikant weniger marginalen Knochenverlust und einen höheren Bone-to-Implant- Contact (BIC) auf (SCHWARZ et al., 2008). Diese vorteilhaften Auswirkungen auf die Knochen- bildung werden jedoch von einer erhöhten Gefahr der Plaquebesiedlung begleitet. Diese Gefahr besteht besonders dann, wenn die Wundheilung nicht kom- plikationslos verläuft und die Implantatschulter der bakteriellen Flora der Mundhöhle exponiert wird. In diesem Zusammenhang kam eine Übersichtsarbeit von Subramani und Mitarbeitern (2009) zu dem Schluss, dass eine Zunahme der Oberflächenrauigkeit von Implantaten und Abutments mit einer Förderung der Biofilm-Bildung einhergeht. So wurde bezüglich der subgingivalen Plaque eine 25-fach höhere Akku- mulation an rauen im Vergleich zu glatten Oberflächen gemessen (QUIRYNEN et al., 1996). Der entstehende Biofilm ist häufig verantwortlich für Entzündungen im Bereich der Mundhöhle wie beispielsweise einer Gingivitis, Periimplantitis oder Periodontitis und seine Bildung sollte daher möglichst unterbunden werden (DHIR, 2013). Um das Risiko einer Periimplantitis, die in letzter Konsequenz zu einem Implantatverlust führen kann, zu reduzieren, sollte neben den klas- sischen Risikofaktoren, wie Rauchen und schlechte Mundhygiene, auch eine raue Implantatschulter- und Abutmentoberfläche gemieden werden (QUIRYNEN et al., 2002). Anders als bei Abutments, die regelhaft der Mundhöh- le und der darin befindlichen bakteriellen Flora aus- gesetzt sind, sollte daher bei enossalen Dentalimplan- taten ein Kompromiss zwischen die Knochenbildung fördernden rauen Oberflächen und Biofilm resistente- ren glatten Oberflächen gefunden werden. Die Wahl zwischen Implantaten mit maschinierter oder mikrostrukturierter Implantatschulter sollte daher ent- sprechend eigener Erfahrungen des Behandlers und auch abhängig vom Patientenwunsch und der Com- pliance sowie dem Mundhygienestatus des Patienten getroffen werden. 4. Schlussfolgerung Anhand der aktuellen Studienlage lässt sich die Frage nicht eindeutig beantworten, ob maschinierte oder mikrostrukturierte Implantatschultern in der dentalen Implantologie zu bevorzugen sind. Mikrostrukturierte Implantatschultern scheinen einen Vorteil hinsichtlich der marginalen Knochenresorption zu haben, da die knochenbildungsfördernde raue Oberfläche auch im Bereich der Implantatschulter fortgesetzt wird. Maschinierte Implantatschultern weisen eine geringe- re Plaqueakkumulation und damit einhergehend ein geringeres Infektionsrisiko im Falle einer nicht kompli- kationslosen Einheilung mit Exposition des Implantats auf. Referenzen • Hier finden Sie die vollständige Literaturliste. 38 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS 1. Wahl für Zahnärzte und Implantologen Bezahlbare Spitzenqualität made in Germany Mit BEGO Implantologielösungen immer gut aufgestellt Ihr verlässlicher Partner in Ihrer Nähe seit über 20 Jahren www.bego.com Miteinander zum Erfolg 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 39
CLOSE UP THE OPEN ACCESS KLINISCHER FALLBERICHT Navigierte Implantation mit simultanem Sinuslift Dr. med. dent. Sebastian Stavar, MSc. Oral Implantology Houten, Niederlande Indikationsprofil Hintergrund und Schwer- punkt des Falles Navigierte Implantation mit simultanem Sinuslift 26 und Regio 44–47 mit simultaner horizontaler Kieferkammaugmentation Patient Indikationsprofil männlich Alter  weiblich 56 Jahre Bereich Oberkiefer  Unterkiefer Ästhetischer Bereich  Nicht-ästhetischer Bereich Einzelzahnersatz  Ersatz mehrerer Zähne Knochensituation Kein Knochendefekt  Knochendefekt      Art des Knochendefektes: OK ist eine Anhebung des Kieferhöhlenbodens notwendig, im UK ist das bukkale Knochenangebot nicht ausreichend für die geplante Implantation. Augmentation und Implantation  Augmentation vor Implantation  Weichgewebe Besonderheit: ausreichend keratinisierte gingivale Verhältnisse im OK und UK Prothetisches Konzept Einzelzahnkrone 26 verschraubt, Brücke 44–47 verschraubt Abbildung 1: Ausgangssituation Oberkiefer Abbildung 2: Ausgangssituation Unterkiefer Okklusalansicht. Geplante Implantatposition Regio 26. Okklusalansicht. Geplante Implantatpositionen Regio 44, 46 und 47. Abbildung 3: Anprobe der Bohrschablone im OK Abbildung 4: Sinusbodenelevation Passgenauer Sitz der Bohr- schablone in situ. Elevierte Schneider’sche Membran. 40 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Abbildung 5: Auffüllung der Kieferhöhle Abbildung 6: Implantatbett-Präparation Positionierung der Bohrscha- blone nach Einbringen von volumenstabilem, bovinen Knochenersatzmaterial in den Sinus. Schablonengeführte Aufbe- reitung des Implantatbettes mit Hilfe des BEGO Guide RS/RSX Line-Trays. Abbildung 7: Finale Augmentation der vestibulären Kieferhöhle Auffüllen (überaugmentieren) der Kieferhöhle nach Implan- tatinsertion über das laterale Fenster. Abbildung 8: Spannungsfreier Wundverschluss Okklusalansicht nach Wund- verschluss. Abbildung 9: Postoperatives Kontrollröntgenbild Regio 26 Abbildung 10: Schnittführung im Unterkiefer Postoperative Röntgenkontrol- le. Optimale Implantatposition und Lage des Augmentates. Crestale Inzision durch den Sulkus der Nachbarzähne um einen mesialen Entlas- tungschnitt zu vermeiden. Präparation eines Muko- periostlappens. 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 41
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Abbildung 11: Anprobe der Bohrschablone im UK Bohrschablone in situ. Abbildung 12: Präparation des Implantatbetts durch Reduktionshülsen Aufbereitung des Implantat- bettes durch die Bohrschablo- ne mit Hilfe des BEGO Guide RS/RSX-Line Trays. Abbildung 13: Implantatinsertion Abbildung 14: Implantatposition Implantatinsertion an Position 44 durch die Bohrschablone mit Hilfe des BEGO Guide Connectors mit Tiefenan- schlag. Implantate Region 44 und 46 in situ. Abbildung 15: Augmentation Geringes bukkales Knochen- angebot in Regio 44 und 46. Defekt außerhalb des Kieferkamms. Eröffnung der Markhöhle mittels zahlreicher Bohrlöcher zur Blutung in den Defektraum. Abbildung 16: Augmentation Auffüllen des bukkalen Defekts mit volumenstabilem, bovinen Knochenersatzmate- rial und Abdeckung mit einer Kollagenmembran. 42 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup
CLOSE UP THE OPEN ACCESS Abbildung 17: Platzierung der Kollagenmembran Abbildung 18: Spannungsfreier Wundverschluss Positionierung der Kollagen- membran über das Augmentat und Fixierung mit Titanpins. Spannungsfreier Wundver- schluss zur Primärheilung und störungsfreier Integration des Augmentates. Abbildung 19: Postoperatives Kontrollröntgenbild Abbildung 20: Nahtentfernung Crestal bündige Implantatpo- sition in Regio 44, 47 – leicht subcrestale Platzierung an 46. Der vestibuläre, mit Knochen- ersatzmaterial aufgefüllte Defekt an 46, ist durch die Limitation eines zweidimen- sionalen OPGs nicht zu erkennen. Nahtentfernung nach 14 Tagen. Komplikationslose Einheilung. Fallbericht Fazit Referenzen und weiter- führende Literatur Bei diesem klinischen Fall wurde die virtuelle Implantatplanung auf eine vollnavigierte Bohr- schablone übertragen. Das klinische und intraoperative Handling war problemlos. Die dentale Abstützung sowie die exakte Passform der BEGO Guide Bohrschablone ermöglichte eine sichere und planungskonforme Insertion der Implantate in Ober- und Unterkiefer. Durch den BEGO Guide Connector konnte die Implantatinsertion präzise durch die Bohrschablone hindurch erfolgen und komplettierte somit die genaue Umsetzung der präoperativen Implantatplanung. Scherer P, Bahr T. 3D-Navigation im komplexen Patientenfall. DDM Digital Dental Magazin 2014,4:18-25 Rothamel D, Fienitz T, Gerstenberg M, Hofmaier, F, Zöller JE. Initiale Knochenneubildung nach critical-size Kalotten-Augmentation mit gesinterten und nicht gesinterten bovinen Knochener- satzmaterialien. Deutsche Gesellschaft für Implantologie (DGI), Posterbeitrag 2014 Rothamel D Schwari F, Smeets R, Happe A, Fienitz T, Mazors Z, Zöller JE. Sinusbodenelevation mit einem gesinterten, natürlichen Knochenmineral – Eine humanhistologische Fallstudie / Sinus floor elevation using a sintered, natural bone mineral- A histological case report study. Zzi Z Zahnarzt Impl 2011,1(27):60-71 04 | Dezember 2015 | www.bego.com/closeup 43
www.bego.com 5 0 / 6 1 0 2 O G E B y b ® – 5 1 1 5 1 M 4 D – 0 0 / 7 3 4 4 8 : . r N - . t r A BEGO Implant Systems GmbH & Co. KG Wilhelm-Herbst-Str. 1 · 28359 Bremen, Germany Tel. +49 421 2028-246 · Fax +49 421 2028-265 E-Mail info@bego-implantology.com · www.bego.com