RECHT Besonderheit: Aufklärung bei rein ästhetisch- kosmetischen Eingriffen Jeder ärztliche Heileingriff, ob gelungen oder misslungen, ist rechtlich betrachtet eine tatbe- standliche Körperverletzung, die durch Ein- willigung des Patienten nach vorheriger ord- nungsgemäßer Aufklärung gerechtfertigt ist. Gerade bei Eingriffen, die medizinisch nicht notwendig sind, sind an den Umfang der Auf- klärung besondere Anforderungen zu stellen. Es gilt folgende Faustregel: Je weniger dring- lich und je gefährlicher der Eingriff ist, umso höher sind die Anforderungen an die Aufklä- rung. Nach der einschlägigen Rechtsprechung wird vom Arzt bei Schönheitsoperationen ver- langt, dass sämtliche potenziellen negativen Folgen des Eingriffes besonders sorgfältig, umfassend und ggf. schonungslos aufzuklären sind. Dies gilt nicht nur inhaltlich hinsichtlich der Gründlichkeit und der Eindringlichkeit, sondern auch in zeitlicher Hinsicht ist eine frühzeitige Aufklärung erforderlich, bevor der Patient in die Operationsforderungen einbe- zogen wird, sodass beispielsweise eine erst- malige Aufklärung und Konfrontation mit er- heblichen Risiken am Vorabend der Operation als nicht ausreichend angesehen wird (OLG Frankfurt, Urteil vom 11.10.2005, AZ: 8 U 47/04). Merke: Für ärztliche/zahnärztliche Leistun- gen, die rein ästhetisch-kosmetischen Zwe- cken dienen, gelten insgesamt verschärfte Anforderungen an Inhalt, Eindringlichkeit und Zeitpunkt der Aufklärung. Wirtschaftliche „Aufklärung“ Angesichts der Tatsache, dass für rein ästhe- tisch-kosmetische Leistungen kein Kosten - träger eintritt, sollte auch die wirtschaftliche Aufklärung besonders sorgfältig und umfas- send erfolgen und entsprechend dokumentiert werden. Der Patient muss finanziell genau wissen, wel- cher Betrag auf ihn zukommt und ob er sich die fragliche Behandlung überhaupt leisten kann. Eine mangelnde wirtschaftliche Aufklärung lässt allerdings die Einwilligung des Patienten in den Eingriff unberührt. Sie ist eine Neben- pflicht aus dem Behandlungsvertrag. Ihre Nichtbeachtung durch den Arzt/ Zahnarzt kann für diesen aber finanzielle Nachteile nach sich ziehen. Die mangelnde wirtschaftliche Aufklärung hat – anders als die medizinische Aufklärung – der Patient im Arzthaftungsprozess zu beweisen. Besonderheit: Dokumentation Nach der einschlägigen Rechtsprechung schuldet der Arzt dem Patienten eine ord- nungsgemäße Dokumentation als Bestand- teil einer ordnungsgemäßen Behandlung. Aus einer unsorgfältigen Dokumentation kann auf eine unsorgfältige Behandlung zu- rück geschlossen werden (Beweiserleichte- rung für den Patienten im Rahmen des Arzt - haftungsprozesses). Gerade bei rein äs - thetisch-kosmetischen Eingriffen sollte be- sonders sorgfältig dokumentiert werden. Dazu gehört auch die sorgfältige und um - fassende Dokumentation der erfolgten Auf- klärung („Haftungsprophylaxe“). Abrechnung/Erstattung Erstattung Rein ästhetisch- kosmetische Leistungensind sog. kostenträgerfreie Leistungen, d.h., kein Kostenträger (GKV, PKV, Beihilfestelle) kommt für die Kosten auf. Vielmehr sind diese mit dem Patienten zu vereinbaren und vom Patienten selbst zu zahlen. Daraus ergibt sich zunächst die Fragestellung, ob nach GOZ/GOÄ berechnet werden muss oder ob „Pauschalberechnungen“ ohne Be- achtung der Vorgaben der Gebührenordnun- gen möglich sind. Der BGH hat hier mit Urteil vom 23.03.2006 (AZ: III ZR 223/05) entschieden, dass ein Arzt, der in niedergelassener Praxis nicht medi - zinisch indizierte Operationsleistungen (ins- besondere auch kosmetische Operationen) durchführt, ungeachtet der (fehlenden) me- dizinischen Indikation dennoch den Vor- schriften der GOÄ unterliegt. Begründet wird dies damit, dass die GOÄ die Vergütung jeg- licher ärztlicher Tätigkeit regelt. Der Mangel der Indikation entbindet hiervon nicht. Die Grundsätze des BGH gelten auch für rein ästhetisch-kosmetische Leistungen, die durch niedergelassene Zahnärzte erbracht werden. Der Zahnarzt hat hier nach GOZ/GOÄ zu be- rechnen. Die Regeln der GOZ/GOÄ gelten ohne Wenn und Aber. Es ist daher auch keine „Pauschalberechnung“ möglich. Berechnung Auf Verlangen des Zahlungspflichtigen kön- nen Leistungen im Sinne des §1 Abs. 2 Satz 2 GOZ (Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen), die weder im Ge- bührenverzeichnis der GOZ noch im Gebüh- renverzeichnis der GOÄ enthalten sind, ab- weichend von dieser Verordnung in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden. Der Heil- und Kostenplan muss vor Erbringung der Leistung erstellt werden; er muss die einzelnen Leistungen und Vergü- tungen sowie die Feststellung enthalten, dass es sich um Leistungen auf Verlangen handelt und eine Erstattung möglicherweise nicht ge- währleistet ist (Vereinbarung nach §2 Abs. 3 GOZ). Findet sich für die zu erbringende rein äs- thetisch-kosmetische Leistung keine Ge- bührenposition in der GOZ/ GOÄ, sollte vom Zahnarzt die Vereinbarung nach § 2 Abs. 3 der GOZ verwendet werden. Eine Berech- nung im Wege der Analogie scheidet dage- gen aus, weil die Analogberechnung nur für medizinisch notwendige Leistungen vorge- sehen ist. Bezeichnung in der Liquidation Leistungen, die auf Verlangen des Zahlungs- pflichtigen erbracht werden (§1 Abs. 2 Satz 2 und §2 Abs. 3 GOZ), sind als solche in der Li- quidation zu bezeichnen. a) Die Berechnung von Bleaching Da es sich (mit Ausnahme der oben geschil- derten Situation) beim Bleaching regelmäßig um eine rein ästhetisch-kosmetische Leistung handelt, die über das medizinisch notwen dige Maß hinausgeht und für die es in der GOZ keine Leistungsposition gibt, erfolgt die Be- rechnung über eine Vereinbarung nach §2 Abs. 3 GOZ. b) Die Berechnung von Veneers Stellungnahme der Bundeszahnärztekam- mer (für medizinisch notwendige Veneers): Die Berechnung erfolgt analog, denn es han- delt sich um eine neu eingefügte Leistung im Sinne des §6 Abs. 2 GOZ. Abrechnungsempfehlung: – Bei medizinischer Indikation erfolgt die Be- rechnung gem. §6 Abs. 2 GOZ (analog); eine nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleich- wertige Position ist z.B. die GOZ Nr. 222 „Teil- krone“. – Bei rein ästhetischen Versorgungen (auf Verlangen des Patienten) erfolgt die Berech- nung über eine Vereinbarung nach §2 Abs. 3 GOZ. 14 ZWP spezi al 6/2011