22 Practice DENTAL TRIBUNE Swiss Edition · Nr. 6/2012 · 1. Juni 2012 Wurzelkanalfüllung mit warmer Guttapercha: Klassisches Vorgehen trifft auf neue Technologie Die Füllung des Wurzelkanals mit warmer Guttapercha gilt als zuverlässig. Dr. Sam Kratchman, USA, beschreibt eine neue Methode. Wie Herb Schilder in seinem Artikel „Abfüllung von Wurzelkanälen in drei Dimensionen“1 bemerkte, haben alle derzeit erhältlichen Fülltechniken ihre Vorteile, jedoch erziele „die warme ver- tikale Kondensation von Guttapercha bei korrekter Durchführung kom- pakte, formstabile, dreidimensionale Wurzelkanalfüllungen“. Dieser Artikel war der Beginn eines grundsätzlichen Umdenkens nicht nur im Hinblick auf warme Fülltechnik, sondern auch auf die Reinigung und Formgebung von Wurzelkanälen wie auch auf Spül - protokolle. Zusätzlich zur klassischen „Schil- der-Technik“ zur Obturation kennen wir Steve Buchanans Technik der „con- tinuous wave of condensation“ und deren Variationen. Die vertikale Obtu- ration ist heute eine der zuverlässigsten Methoden. Sie wird in den meisten Endodontieausbildungen in Nord- amerika unterrichtet, aber auch zuneh- mend in Programmen für Allgemein- praktiker. Die Erfolgsraten sind gut dokumentiert.2 „Nach der Idee braucht es noch viel Zeit, um die Technologie zu erlernen“, um hier passend James Dyson, den Er- finder des beutellosen Dual Zyklon Staubsaugers zu zitieren. In den 44 Jahren, nachdem Schilder den oben erwähnten Artikel veröffent- lichte, gab es Fortschritte hinsichtlich der Geräte und Instrumente, die die Technik der warmen Obturation zuver- lässiger und anwendungsfreundlicher machten. In dem Artikel konzentriert man sich auf neue Technologien mit gleichzeitigem Blick auf wichtige grundlegende Prinzipien. Die optimale Form zur warmen vertikalen Fülltechnik muss mit der In- tegrität der Wurzel und der Zahnsubs- tanz im Gleichgewicht stehen. Ideal ist ein Ansatz, der die Behandlung des ge - samten Zahnes berücksichtigt.2 Eine durchgehend konische Aufbereitung der Kanäle mit einer Konizität von .04 oder .06 scheint die beste Basis für eine erfolgreiche Obturation mit thermo- plastischem Guttapercha zu sein. Dabei muss der apikale Durchmesser und die apikale Form sorgfältig beachtet wer- den. Eine konservative Aufbereitungs- form, ohne den koronalen oder mittle- ren Bereich der Wurzel zu schwächen, ist heute dank der verfügbaren kleineren Instrumente einfacher geworden. So gibt es etwa die Serie der Hitzeplugger mit .04 Konizität für neuere Geräte, wie auch kleinere Nickel-Titan-Plugger, die zur Kondensation des Guttapercha im apikalen Drittel verwendet werden. Fortschritte bei Geräten zur warmen Guttapercha Für die Anwender der thermoplas- tischen Guttaperchatechnik waren bis- her die am besten bekannten Geräte das Toch’n Heat oder System B (Sybron Endo, Orange, USA) zum „downpack“ des apikalen Drittels, und das Obtura (Obtura Spartan, St. Louis, USA) für den „backfill“, die Füllung des restlichen Kanalraumes. Auch wenn diese Geräte über 20 Jahre ihren Dienst zuverlässig verrichtet haben, gab es einige deut - liche Verbesserungen der Technologie. Nachteilig war meist, dass jedes endo - dontologische Gerät ein Kabel und wertvollen Platz benötigte. Die neue Alpha A2 Hitzequelle und Beta Gutta- percha Injektionspistole (B&L Biotech, Ansan, Südkorea) (Abb. 1)sind kabellos und haben dieses Problem damit gelöst. Beide Geräte verfügen über eine Li- thium-Ion-Batterie, die nach voller La- dung vier Stunden ununterbrochen verwendet werden können. Man könnte Bedenken haben, die Ladezeit sei Ausfallzeit, aber bei den Alpha- und Beta-Geräten ist dies sicher nicht der Fall. Während des Obturationsvor- gangs werden die Geräte nur für Sekun- den verwendet. Vier Stunden entspre- chen deshalb Tagen oder sogar Wochen, je nachdem wie viele Fälle man im Schnitt behandelt, ohne dass man die Geräte laden müsste. Die neuartigen Batterien haben keinen „Memory-Ef- fekt“, somit können die Geräte auch im- mer auf die Ladestation gestellt werden. Wenn die Batterie nach etwa zwei Jah- ren verbraucht ist, kann der Anwender diese leicht selbst wechseln. Der Hauptvorteil dieser neuen ka- bellosen Geräte ist die hervorragende Mobilität. Sie können problemlos von einem Behandlungsraum zum anderen gebracht werden, ohne dass Kabel im Weg sind. Das Alpha A2-Gerät – apikales Drittel Im Prinzip ähnlich zu System B, sind an dieser kabellosen Hitzequelle (Abb. 2a und b) vier verschiedene Tem- peratureinstellungen möglich. Bei Ak- tivierung am Handstück erreicht man die voreingestellte Temperatur in zwei Sekunden, die Abkühlung ist fast ge- nauso schnell. Eine Herausforderung bei der Anwendung von Down-pa- cking-Geräten dieser Art ist der immer etwas unterschiedliche Winkel, mit dem man in den Kanal eintritt. Dies ist besonders an oberen Molaren schwie- rig. Der Anwender muss die Hand in eine unangenehme Position drehen. Beim B&L Alpha A2-Gerät schnappen die Spitzen in eine hexagonale Passung (Abb. 3 und 4), sodass sich der Kanal in verschiedenen Winkeln erreichen lässt. Die Beanspruchung des Handgelenks und der Hand wird somit verringert. Das Alpha-Gerät ist mit den tradi- tionellen .55mm-Durchmesser Plug- gern, in den Konizitäten .06, .08 und .10 erhältlich, es gibt aber auch eine Aus- wahl an kleineren Grössen wie 30/.04 (Abb. 4)oder grösseren wie 60/.12 (Abb. 5a und b). Der einzige Nachteil der klei- neren Pluggergrössen ist, dass sie etwas empfindlicher sind. Ältere Geräte wie Toch’n Heat konnten die Spitzen schnell aufheizen, die Temperatur stieg jedoch solange an, wie der Anwender das Gerät aktivierte. Neuere Wärmequellen, wie das B&L Alpha, heizen bis zu einer voreingestell- ten Temperatur und halten diese kons - tant. Je konstanter die Temperatur ist, desto mehr Kontrolle hat man bei der Down-packing-Phase der warmen ver- tikalen oder Continuous-Wave-Tech- niken. Diese Funktion ist ebenso von Vorteil, wenn das Gerät zu Hitzevitali- tätstests verwendet wird (Abb. 6). Das Beta-Gerät – Backfill Nach Abschluss der kritischen Phase der Obturation, des apikalen Drittels, lässt sich die restliche Obtura- tion dank der Injektionsgeräte schnell und einfach durchführen. Die kabel- lose Beta-Obturations-Pistole (B&L Biotech, Ansan, Südkorea) (Abb. 7a und b), ist eine ergonomisch gestaltete Pistole, die selbst mit kleinen Händen leicht bedient werden kann. Wie auch bei früheren Generationen dieser Ge- räte ist das Guttapercha in Pellets ge- formt (Abb. 8), die von oben in das Beta- Gerät eingeführt werden (Abb. 9). Ein Plugger schiebt das Pellet in die Heiz- kammer, wo das Guttapercha auf die voreingestellte Temperatur gebracht wird, es kann zwischen 150, 180, 200 oder 230 Grad Celsius gewählt werden. Die Guttapercha gibt es in drei ver- schiedenen Viskositäten: meist wird weich und normal verwendet. Dabei wird das weiche Guttapercha norma- lerweise für die kleinsten Nadeln (25 G) verwendet. Ansonsten bevorzugt man normale Guttapercha, da es gut durch die 23 G Nadeln fliesst. Um beste Wärmeleitung für den Transport der Guttapercha in den Ka- nal hinein zu gewährleisten, verwendet man Nadeln (Abb. 10a), die aus einer Silberlegierung hergestellt sind. Dank der Silberlegierung kann man die Na- deln auch leicht mit einem präzisen Werkzeug biegen (Abb. 11). Drei Grös- sen sind lieferbar: 20, 23 und 25 G, wo- bei 23 G die am meisten verwendete Grösse ist. Es ist sinnvoll, eine kleine Stückzahl aller drei Grössen zur Hand zu haben. Dabei verwendet man 23 G Nadeln für die meisten Fälle, 25 G für kleine Kanäle, 20 G für grosse Kanäle oder Resorptionsfälle. Mehrere Längen sind verfügbar: 22, 26 und 28 mm. Die wichtigste neue Funktion des Beta-Ge- rätes ist die Möglichkeit, die Nadeln um 360 Grad drehen zu können (Abb. 10b). Dies ist ein wichtiger Vorteil für den An- wender, da man jederzeit den Eintritts- winkel in den Kanal verändern kann, was das Backfilling in Molaren deutlich einfacher gestaltet. Andere Geräte zum Backfill, wie Elements Obturation (Sybron Endo, Orange, CA), sind motorisiert, nicht manuell aktiviert. Beide Gerätetypen haben ihre Vorteile, manuell aktivierte Geräte wie das Beta-Gerät erlauben je- doch eine bessere taktile Kontrolle und sie haben keine Kabel. Anwendungstechnik Wie oben erwähnt, gibt die Form der Kanalaufbereitung die Wahl des Hitzepluggers vor. Einige Studien und Berichte geben an, dass eine dichte api- kale Füllung wahrscheinlicher ist, wenn man den Plugger auf 4 bis 5mm vor Ar- beitslänge anpassen kann.2 Sowohl der Hitzeplugger des Alpha-Gerätes als auch die des Handpluggers sollten ange- passt und Gummistopps auf Länge ge- setzt werden, bevor man den Master Cone anpasst. Die Wahl des Guttaper- cha Master Cone hängt von der ISO- Grösse und der Konizität der apikalen Aufbereitung ab. Ein intelligentes Werk- zeug zur Anpassung des GP Cone, vor allem wenn man keine passenden Cones verwendet oder nicht standardisierte Cones bevorzugt, ist Intermedium (An- gelus, Londrina, Brasilien) (Abb. 12). Es Abb.1: Die kabellosen Alpha- und Beta-Obtura- tionsgeräte. Abb. 2a: Das Alpha-Gerät in der Ladestation. Abb. 2b: Das Alpha-Gerät mit Hitzeplugger. Abb. 3: BL Heat Pluggergrösse 55/.06. Abb. 4: BL Heat Pluggergrösse 30/.04. Abb. 5a: Für das Alpha-Gerät verfügbare Hitzeplugger und Spitzen. Abb. 5b: Ständer für den Hitzeplugger.