4 Interview DENTAL TRIBUNE Swiss Edition · Nr. 12/2012 · 14. Dezember 2012 „Es gibt draussen mehr kluge Köpfe als drinnen“ Näher beim Kunden, erfolgreicher im Markt – Nobel Biocare CEO Richard T. Laube fokussiert und konsolidiert das Unternehmen. Mit einer Strategie der Kundennähe will Nobel Biocare wieder zurück auf die Erfolgsspur. Die Zeichen stehen gut, wenn auch dem Schweizer Im- plantatehersteller ein rauer Wind ent- gegenbläst. Doch warum soll es einem Unternehmen besser gehen, wenn die Masse der Patienten weniger Geld in der Tasche hat und auch die Zahnärzte vorsichtiger investieren? Richard T. Laube, Nobel Biocare, sprach mit Johannes Eschmann über die Strategie und Ausblick, „Designing for Life“. Während der Gemeinschafts - tagung der SGI/DGI/ÖGI vom 29.11.–1.12.2012 in Bern, sprach Johannes Eschmann mit CEO Richard T. Laube über die Ausrich- tung des Unternehmens. Dabei inte - ressierten wir uns hauptsächlich für den Schweizer Markt. Seine Mission und seine Strategie in einem Satz: Wie helfen wir unseren Kunden, mehr Patienten besser zu behandeln? Ob in China, den USA, Australien oder eben in der Schweiz. Der 57-jährige schweiz-amerika- nische Doppelbürger mit Aargauer Wurzeln braucht Stehvermögen. Als Triathlet und früherer 400-Meter- Läufer hat er das bewiesen. „Mit 6 Jahren kam ich mit meinen Eltern in New Jersey an und sprach kein Wort Englisch, konnte aber schnell laufen“, bemerkte er mit einem Lächeln. Wie geht es Nobel Biocare und wie sehen Sie die Position von Nobel Biocare im Heimmarkt? Schritt für Schritt besser, wir haben gute und engagierte Leute, ein klares Konzept und gute Produkte. Der Schweizer Markt ist für uns klein (ca. 1% vom Umsatz), aber emotional von grosser Bedeutung. Jeder kennt Nobel Biocare, wir gewinnen konti- nuierlich an Boden, obwohl der Ge- samtmarkt schrumpft. Der Markt - anteil wächst. Der Service wird besser und persönlicher, das ist für mich keine Formel, sondern ein wichtiger Schritt in Richtung Vertrauen. Der Markt ist auch für die Kunden härter geworden. Welche Unter - stützung können die Zahnärzte und Zahntechniker von Nobel Biocare erwarten? Indem wir chirurgische Proto- kolle zur Sofortimplantation und die entsprechenden Komponenten an- bieten, damit gehen auch die Mate - rialkosten pro Patientenfall zurück. 40 % der Patienten kommen nach einer Extraktion nicht mehr in die Praxis zurück. Einige Zahlen: In den entwickelten Ländern leben über 70 Millionen Menschen ohne Zähne und nur 125’000 davon sind mit Implantaten behandelt worden (in der Schweiz sind ca. 14 % der über 65- jährigen zahnlos). Hier liegt ein gros- ses Patientenpotenzial. Deshalb sollte Richard T. Laube, CEO Nobel Biocare AG, Zürich, im Interview während der Gemein- schaftstagung SGI/DGI/ÖGI im Kursaal Bern. Fotos: Eschmann Medien AG sich der Zahnarzt mit diesen Konzep- ten auseinandersetzen. Mit unserem Konzept der Vollversorgung auf vier Implantaten kann der Patient in we- nigen Tagen versorgt werden. Das reduziert die Behandlungskosten er- heblich. Durch die kürzere Behand- lungsdauer gewinnt der Patient an Lebensqualität und der Zahnarzt ar- beitet kosteneffizienter. Die Anwen- dung des Konzeptes ist natürlich patientenbedingt, aber es kommen mehr Patienten dafür infrage, als ge- meinhin angenommen wird. Nobel Biocare steht auch für Neu- entwicklungen. Welche neuen Pro- dukte wurden kürzlich lanciert und welches sind die Vorteile für den Zahnarzt? Wir haben ein Innovationspro- gramm installiert: Forschung und Entwicklung arbeiten übergreifend zusammen. Dazu kommt ein „Idea screening Board“, das alle Ideen prüft, die an uns herangetragen werden, denn es gibt mehr kluge Köpfe draus- sen als drinnen. Fokusgruppen, be- stehend aus Zahnärzten und Zahn- technikern, prüfen die Ideen, diejeni- gen, die valide sind, werden entwi- ckelt. Offenheit, das haben wir von den Softwareentwicklern gelernt. Ein Beispiel ist OsseoCareTM Pro, die erste Chirurgieeinheit, die mit einem iPad® bedient wird. Wo sehen Sie die Rolle der Zahn- technik und hier besonders die intraorale Abformung? Unser Ziel ist ganz klar, den Zahn- techniker in die Patientenversorgung zu integrieren. Das Labor ist äusserst wichtig. Das All-on-4-Konzept wäre ohne gute Labore nicht möglich. Für mich ist der Zahntechniker wie der Goalie im Fussball, ein wichtiges Mit- glied der Mannschaft. Die CAD/ CAM-Schulung und Ausbildung ist Teil dieser Lösung. Die Spezialisie- rung und Entwicklung auf CAD/ CAM ist die Basis der Zusammenar- beit zwischen Zahntechniker und Zahnarzt für Stege und Abutments. Wo steht Nobel Biocare in fünf Jahren? Wenn ich in fünf Jahren die Augen öffne, sehe ich einen Mehr - wert für Zahnarzt und Patient und einen aussergewöhnlichen Service. Basis dafür sind unsere Produkte und Innovationen, gemäss dem Motto „Designing for Life“. Wenn man durch die Ausstellung an der Tagung ging, dann war die Prä- senz von „Billiganbietern“ nicht zu übersehen. Ebbt die Welle ab oder wird sie stärker? 2003 gab es etwa 70 Anbieter, 2009 waren es schon 210, zwei Jahre später nur noch 200. Die grosse Welle ist also vorbei. Es ist schwer, rentabel zu wer- den und zu bleiben. Verantwortungs- volle Zahnärzte achten auf Evidenz und Nachhaltigkeit im Sinne ihrer Patienten. Der Preis des einzelnen Im- plantats spielt nicht die entscheidende Rolle, man muss die gesamte Behand- lung anschauen, dann kann man das Verhältnis Preis-Leistung darstellen. Herr Laube, wir danken Ihnen für das Gespräch. DT Die neue Strategie: Nähe zum Kunden und zur Wissenschaft Meinungsbildner aus der Schweiz, Deutschland und Österreich trafen sich am 28. November am Hauptsitz von Nobel Biocare in Kloten. Die Tagung ist Teil der neuen Strate- gie von CEO Richard T. Laube, Kun- den mehr in die Entwicklung zu in- volvieren und Rückmeldungen aus der Praxis zu erhalten. Dazu hat Richard T. Laube die Leiter der drei Länder sowie die wich- tigsten Mitarbeiter für Marketing, Verkauf, Forschung und Entwick- lung, Produktmanagement und kli- nischer Forschung aufgeboten. Michael T. Studer, verantwort- lich für Nobel Biocare in der Schweiz und Österreich, ermunterte die Gäste zur Diskussion: „Wir suchen die Kun- dennähe und die Wissenschaft steht wieder im Zentrum.“ Lebensqualität für Patienten Was können wir besser tun, wo liegen die Stärken und Schwächen? Nobel Biocare CEO Richard T. Laube will das Unternehmen wieder an den Ursprung seiner Stärke führen. Das heisst: Mehr Zeit für Forschung und Entwicklung, implantatbasierte Be- handlungen stehen im Fokus ebenso wie Schulungen in Zusammenarbeit mit den Kunden. „Patienten kann nur besser behandeln, wer trainiert, diese besser zu behandeln“, folgerte der CEO. Dank eines systematischen Inno- vationsprogramms, das regelmässig mit Kunden diskutiert wird, sollen Fehlentwicklungen vermieden und nur Produkte auf den Markt kom- men, die ausgereift sind. Das braucht seine Zeit. Dies den Analysten zu er- klären, ist nicht einfach. Weg von „Speed to market“ – hin zu „Quality to market“. Kundennähe im Fokus Melker Nilsson, globaler Ver- kaufsleiter, titelte seine Präsentation: „ZusammenWachsen“ womit er Nobel Biocare als Partner der Kunden sieht. Wie es mit der Produktentwick- lung steht und weitergeht, erklärte Hans Geiselhöringer, selber Zahn- techniker und Leiter Forschung und Entwicklung. An der Ausrichtung der Implementierung des digitalen Workflows überprüft seine Abteilung in Zusammenarbeit mit Zahnärzten und Zahntechnikern die laufenden Projekte. Welche Vorteile die Naviga- tionssoftware NobelClinician dem Anwender bietet, erläuterte Dr. med. dent. Pascal Kunz, Produktmanager Guided Surgery und Digital Dentis- try. Michael Putscher, Leiter Pro- duktmanagement Implantate, ging in seinem Vortrag vor allem auf die Vorteile der konischen Innenverbin- dung ein, welche sowohl bei Nobel Active als auch bei NobelReplace CC zum Einsatz kommt. Einen wichtigen Part übernahm Dr. rer. nat. Ingo Braun, Leiter klinische Forschung. Wissenschaftliches Arbeiten zusam- men mit Nobel Biocare: Der persön- liche Kontakt mit Forschern und Klinikern wird gefördert, sich nur übers Web auszutauschen sei zu we- nig. Klinische Studien bilden den Nukleus der Nobel Biocare Produkte und Anwendungen. Lebhafte Diskussionsbeiträge prägten die Tagung. „Ich habe heute viel gelernt und bin sehr zufrieden“, sagte Richard T. Laube zum Ab- schluss. DT Text und Fotos: Johannes Eschmann Michael T. Studer, Leiter Schweiz und Österreich, begrüsste Opinionleaders aus den deutschsprachigen Ländern und betonte die Nähe zum Kunden. Offene Diskussion mit den Gästen (v. l.): Dr. Dr. Matthias Leupold, Balgach, Prof. Dr. Peter Rammels- berg, Heidelberg, Dr. Massimo Morandini, Lugano, und Dr. Christian Hammächer, Aachen. ZT Hans Geiselhöringer, Leiter Forschung und Ent- wicklung. Wie sind Komponenten möglichst einfach und kostengünstig anzuwenden? Dr. rer. nat. Ingo Braun, Leiter der klinischen For- schung. Klinische Studien und Evidenz bilden den Kern der Nobel Biocare Produkte und Anwendungen.