DENTAL TRIBUNE Swiss Edition · Nr. 6/2013 · 5. Juni 2013 Statements & News 7 ÁFortsetzung von Seite 1 doch relevante Unterschiede. So wirkt das parodontale Ligament bei der Pa- rodontitis wie eine natürliche Barriere. Die Infektion wird bindegewebig ein- geschlossen und vom Knochen abge- schirmt. Dagegen sind Periimplanti- tisläsionen gemäss Tord Berglundh, Schweden, nur ungenügend eingekap- selt, schreiten aggressiver voran und breiten sich zum Knochen hin aus, der in der Folge resorbiert wird. Welche Faktoren eine Periimplan- titis begünstigen, fasste Andrea Mom- belli, Schweiz, zusammen: eine ungenü- gende Menge keratinisierter Mukosa, zu geringes Knochenvolumen, ein kleiner Abstand zwischen Implantaten sowie eine ungünstige dreidimensionale Im- plantatposition. Lisa Heitz-Mayfield, Australien, wies zudem darauf hin, dass bei zementierten Rekonstruktionen auch überschüssige Zementreste ein Ri- siko darstellen und Entzündungen ver- ursachen können. Um das Implantat zu überwachen, sollte der Zahnarzt peri- apikale Röntgenbilder zum Zeitpunkt der definitiven prothetischen Versor- gung und anschliessend einmal jährlich im Rahmen der obligaten Nachkon- trolle erstellen. Neben den Röntgenbil- dern sind Implantatmobilität, Taschen- tiefe und klinische Entzündungszei- chen wichtige Parameter. Welche Therapien haben sich bewährt? Giovanni Salvi, Schweiz, und Frank Schwarz, Deutschland, präsentierten den aktuellen Stand der Wissenschaft zur Periimplantitistherapie. Nach einer vorbereitenden Phase, in der Risikofak- toren wie mangelhafte Mundhygiene oder schlecht zu reinigende Rekon- struktionen eliminiert werden, folgt die nichtchirurgische Behandlung mit Ent- fernung des Biofilms und antimikro- bieller Therapie. Systemische oder lo- kale Antibiotika, Laser, aber auch die photodynamische Therapie können mit gutem Erfolg eingesetzt werden. Ein bis zwei Monate später wird der Defekt reevaluiert und bei Bedarf eine chirurgische Therapie mit Entfernung des Granulationsgewebes und Dekon- tamination der Implantatoberfläche durchgeführt. Zusätzlich können Anti- biotika verabreicht werden. Eine Im- plantoplastik im Anschluss kann die er- neute Besiedelung der Implantatober- fläche verhindern. Frank Schwarz stellte das Verfahren näher vor. Dabei wird das Schraubenrelief des Implantats abge- schliffen, und das Implantat heilt an- schliessend gedeckt ein. Will man ausserdem verlorenes Gewebe durch re- generative Massnahmen ersetzen, sind unbedingt bewährte Produkte zu ver- wenden. Die Tatsache, dass im parodontal kompromittierten Gebiss die Entwick- lung einer Periimplantitis be güns tigt wird, gilt vielen als ein Argument dafür, auch Zähne mit starkem Knochenver- lust und Furkationsproblemen zu er- halten. Niklaus P. Lang, Schweiz, stellte deshalb in der ersten Session des Sym- posiums eine Orientierungsleitlinie für die Entscheidung Zahnerhalt vs. Zahn- extraktion bei parodontal kompromit- tierten Zähnen vor. Im Anschluss prä- sentierten die Redner ermutigende Da- ten zum Management von intraossären Defekten und Furkationsproblemen. Früh eingreifen lohnt sich Die optimale Therapie beginnt früh. Ein Vortragsblock in Monaco kreiste des- halb um die Entscheidungen, die schon „Internationales Osteology Symposium 2013“ 1 4 [Bildergalerie] 3 6 2 5 7 Abb. 1: Festveranstaltung Abb. 2: Prof. Dr. Massimo Simion Abb. 3: Prof. Dr. Niklaus P. Lang (Wissenschaftlicher Vorsitz) Abb. 4: Workshop Abb. 5: Prof. Dr. Christoph Hämmerle (Präsident der Osteology Stiftung) Abb. 6: Impressionen Abb. 7: Pressekonferenz vor oder gleich nach der Zahnextraktion anstehen. Mit welchen Resorptionen ist durch den Kollaps der Extraktionsalve- ole zu rechnen? Lässt sich das Volumen dennoch erhalten? Was muss der Zahn- arzt in der ästhetischen Zone bedenken? Mariano Sanz, Spanien, zeigte histologi- sche Daten aus einer präklinischen Stu- die zum frühen Heilungsverlauf nach Zahn extraktion. Lingual blieben die Knochenverhältnisse fast unverändert, die bukkale Knochenlamelle resorbierte in der horizontalen Dimension jedoch stark. In einer klinischen Studie, die 120 zahnlose Patienten einschloss, konnten die Ergebnisse präklinischer Untersu- chungen zur Knochenresorption bei Spontanheilung bestätigt werden. Jan Lindhe, Schweden, zeigte hierzu unver- öffentlichte Daten in seiner Key Note Lecture. Eine Sofortimplantation kann Knochenresorptionen zwar in der mesi- alen/distalen, nicht aber in der bukka- len/palatinalen Dimension verhindern. Die bukkale/palatinale Dimension lässt sich jedoch durch eine Ridge Preserva- tion mit Biomaterialien weitgehend er- halten. Ronald E. Jung, Schweiz, ging da - raufhin die Vor- und Nachteile der ver- schiedenen Möglichkeiten durch – Sofortimplantation, spätere Implanta- tion in Kombination mit einer Ridge Preservation oder Spontanheilung. Falls das Implantat nicht innerhalb von drei Monaten nach Extraktion gesetzt werden kann, sollte die Extraktionsalve- ole mit einem Biomaterial gefüllt und mit einer Membran abgedeckt werden. Will der Zahnarzt aber die Qualität der Weichgewebe noch verbessern, kann er einen Socket Seal mit einem Weichge- webetransplantat aus dem Gaumen (mit der Stanze präpariert) oder mit ei- ner Kollagenmatrix machen. Auch Dietmar Weng, Deutschland, ging auf die Vorteile der Ridge Preserva- tion nach Zahnextraktion ein. Die Not- wendigkeit, später grössere Augmenta- tionen durchzuführen, ist fünfmal grös- ser, wenn der Zahnarzt keine Ridge Pre- servation durchführt. Das verwendete Biomaterial sollte sehr langsam resor- bieren, damit das Volumen stabil bleibt. So kann man dem Knochen vor der Im- plantatsetzung ausreichend Zeit für die Heilung geben. Um auch im Fall einer Sofort implantation der unvermeid- lichen Resorption entgegenzuwirken, füllt der Referent den Spalt zwischen Implantat und bukkaler Knochenla- melle ebenfalls mit einem Biomaterial. Klare Richtlinien für grössere Augmentationen Neben der „frühen Regeneration“ gleich nach der Zahnextraktion stand die klassische Knochenregeneration im Fokus – etwa die Frage, wie sich die GBR-Techniken im Laufe der Jahre ver- ändert haben. Daniel Buser, Schweiz, betonte den grossen Fortschritt, den re- sorbierbare Membranen in Kombina- tion mit einem Knochenersatzmaterial für die tägliche Praxis bedeuten. Das am besten bewährte Protokoll ist die frühe Implantatsetzung (nach vier bis acht Wochen) in Kombination mit einer si- multanen Konturaugmentation, für die Biomaterial und autologe Knochen- chips verwendet werden. Wissenschaft- lich geprüfte Biomaterialien stellen für Daniel Buser einen massgeblichen Fak- tor für den Therapieerfolg dar. Massimo Simion, Italien, beschrieb die Entwick- lung der horizon talen und vertikalen Augmentationstechniken über die Jahre. Gemäss seinen Ausführungen geht es mittlerweile darum, die bewähr- ten Verfahren zu vereinfachen. Den- noch sollten technisch anspruchsvolle Augmentationen nach wie vor nur von Spezialisten durchgeführt werden. Weichgewebemanagement – immer wichtiger für Ästhetik und Funktion Nicht nur die gestiegenen ästheti- schen Ansprüche der Patienten machen das Weichgewebemanagement zu ei- nem so wichtigen Thema. Ausreichend keratinisierte Mukosa rund um Implan- tate scheint auch als Schutz vor Periim- plantitis zu wirken. Am Osteology Sym- posium in Monaco stellten die Referen- ten deshalb verschiedene Methoden der Weichgewebeaugmentation vor. Ein Schwerpunkt lag auf der Frage, in welchen Fällen Biomaterialien an- stelle von Bindegewebetransplantaten oder freien Schleimhauttransplantaten verwendet werden können. Das „Weichgewebe aus der Dose“ erspart so- wohl Operationszeit als auch Schmer- zen, da dem Patienten kein Gewebe aus dem Gaumen entnommen werden muss. Misst man die Patientenakzep- tanz resp. den „patient reported out- come“, zeigt sich dieser Vorteil in einer grösseren Patientenzufriedenheit, wie Todd Scheyer, USA, in einer Studie zeigte. Anton Sculean, Schweiz, und Gio- vanni Zuchelli, Italien, fokussierten in ihren Vorträgen auf die Rezessions - deckung. Wird dazu nur ein koronaler Verschiebelappen gebildet, kommt es seltener zur kompletten Wurzelde- ckung, als wenn zusätzlich ein Bindege- webetransplantat oder Emdogain ein- gesetzt werden. Eine Alternative zum Verschiebelappen ist der modifizierte Tunnel. Dabei wird ein Bindegewebe- transplantat aus dem Gaumen oder ein vergleichbares Biomaterial in einem Tunnel unter die Gingiva gezogen und dort vernäht. Die Vorteile des technisch anspruchsvollen Verfahrens: kaum Nar- benbildung, bessere Durchblutung, per- fekte farbliche Anpassung. Die Methode ist vor allem für multiple Rezessionen der Miller-Klasse I und II geeignet. Orale Regeneration bei medizinisch kompromittierten Patienten Mit der oralen Regeneration bei kompromittierten Patienten befasste sich eine Session unter der Leitung von Friedrich W. Neukam, Deutschland. So wird beispielsweise Diabetes mellitus mit einer verringerten Knochendichte, verzögerter Knochen- und Wundhei- lung sowie erhöhtem Komplikationsri- siko in Verbindung gebracht. Gut kon- trolliert stellt die Erkrankung keine Kontraindikation für regenerative Massnahmen respektive Implantatset- zungen dar. Da die Heilung aber länger dauert, sollte nach GBR-Massnahmen mindestens zwei Monate länger als nor- mal gewartet werden, bevor ein Implan- tat gesetzt wird, sagte Nikos Donos, Grossbritannien. Eine schwerwiegende Erkrankung diskutierte Wilfried Wagner, Deutsch- land: die Kiefernekrose. Sie tritt vor al- lem nach zahnmedizinischen Eingrif- fen an Patienten auf, die im Rahmen ei- ner Tumortherapie intravenös mit Bis- phosphonaten behandelt werden. Patienten mit Prostatakrebs sind häufi- ger betroffen als Patienten mit multi- plem Myelom oder Brustkrebs. „Das Ri- siko ist nicht, ein Implantat zu verlieren, sondern Teile des Kiefers“, machte der Referent die Gefahr deutlich. Bei einer malignen Primärerkrankung, intrave- nös applizierten hochpotenten Bis- phosphonaten über einen langen Zeit - raum und einer zusätzlichen Chemo- oder Kortisontherapie sind deshalb Augmentationen und Implantatset- zungen dringend zu vermeiden. Auch wenn das Risiko wesentlich kleiner ist, kann aber auch die orale Bisphospho- natgabe zu Kiefernekrosen führen. Wissenschaft am Kongress erlaubte Blick in die Zukunft Die Regenerationsforschung zu fördern sowie Forschung und Klinik en- ger zusammenzubringen, sind Kernan- liegen der Osteology Stiftung. Entspre- chend gab es in Monaco nicht nur eine grosse Posterausstellung, sondern auch zwei sehr gut besuchte Workshops für Wissenschafter und ein ganztägiges Fo- rum mit Präsentationen aktueller Ar- beiten. Zum Schluss wurde der Oste- ology Research Prize verliehen. Für den Bereich präklinische Forschung ging er an Elena Martínez-Sanz, Spanien, und ihre Arbeit: „Minimally invasive cleft palate repair using injectable hydro- gels.“ Im Bereich kli nische Forschung gewann Mario Roccuzzo, Italien, den Preis mit einer Arbeit zu: „Long-term (ten year) stability of soft tissues around implants following ridge preservation technique by means of collagen-coated bovine bone.“ Führungsrolle in der regenerativen Zahnmedizin Mit ihrem Geburtstagssymposium hat die Osteology Stiftung ihre Füh- rungsrolle in der regenerativen Zahn- medizin gefestigt, sowohl hinsichtlich Weiterbildung als auch in Bezug auf Forschungsförderung. Ihr Engagement macht sie unverzichtbar. In ihrer Kon- gresskampagne stellte die Stiftung des- halb fest: „Regenerative dentistry wi- thout Osteology is like a smile without teeth.“ Infos zum Unternehmen Das nächste Inter- nationale Osteo logy Symposium wird 2016 stattfinden. DT Osteology Foundation Tel.: +41 41 368 44 47 www.osteology.org