14 International Science DENTAL TRIBUNE Swiss Edition · Nr. 6/2015 · 10. Juni 2015 Bio-Emulation Colloquium: „Eine andere Art der Zahnmedizin ist möglich“ Das zweite Bio-Emulation Colloquium wird vom 4. bis 5. Juli 2015 in Berlin stattfinden. Dr. Javier Tapia Guadix, Mitbegründer Bio-Emulation Study Group, im Gespräch mit Claudia Duschek, Dental Tribune International. Das Bio-Emulation Colloquium ist ein Zertifizierungsprogramm, das vor allem auf die Steigerung des Leis- tungsniveaus in der ästhetischen Zahnheilkunde abzielt. Dr. Javier Tapia Guadix aus Spanien, der 2011 die Bio-Emu lation Study Group zu- sammen mit Dr. Panos Bazos und Dr. Gianfranco Politano ins Leben rief, ist ein angesehener internationaler Refe- rent und führt eine private Praxis in Madrid mit Fokus auf restaurative und ästhetische Zahnmedizin. Dr. Javier Tapia Guadix Claudia Duschek: Dr. Tapia Guadix, könnten Sie bitte den Begriff „Bio- Emulation“ etwas näher erklären? Dr. Javier Tapia Guadix: Der Begriff „Bio-Emulation“ bezieht sich auf die biomimetische Nachahmung der Na- tur mithilfe eines histoanatomischen Ansatzes. Das Konzept stellt eine Rückkehr zur histomorphologischen Studie in Verbindung mit optischen Merk malen und Biomechaniken dar, um zu verstehen, wie Zahnstrukturen funktionieren und um neue Techni- ken sowie Materialien zu entwickeln, die näher an der Natur sind. Wir folgen damit dem biomimetischen Prinzip. Dies kann als der nächste natürliche Schritt in der biomimetischen Zahn- heilkunde, die unsere Mentoren in der Vergangenheit begründet haben, ge- sehen werden. Hierzu gibt es ein passendes Zitat von Albert Einstein, das die Bio-Emu- lation-Philosophie sehr gut wieder- spiegelt: „Schau tief in die Natur, und dann wirst du alles besser verstehen.“ Wie sind Sie mit der Bio-Emulation- Bewegung in Verbindung gekom- men? Ich hatte 2011 die Ehre, Dr. Panos Bazos, den Gründer der Bewegung, kennenzulernen. Er hatte bereits be- gonnen, nach dem Bio-Emulation- Konzept zu arbeiten und auch schon einen ersten Artikel im damaligen European Journal of Esthetic Dentistry (Jetzt: International Journal of Esthetic Dentistry) unter dem Titel „Bio-emu- lation: Biomimetically emulating na- ture utilizing a histo-anatomic ap - proach; structural analysis“ veröffent- licht. Sein Enthusiasmus hat mich gleich angesteckt, da wir auf einer Wellenlänge lagen. Im Sommer 2011 organisierten wir zusammen mit Dr. Gianfranco Politano ein Meeting, und während dieses Treffens entschieden wir die Bio-Emulation Study Group zu grün- den. Wir hatten das grosse Glück, dass uns Pascal und Michel Magne sofort unterstützten, und wir fingen an, uns ab diesem Moment zu einer kleinen Gemeinschaft zu entwickeln. Alle internationalen Referenten der Gruppe verfügen über ausserordentli- che Fähigkeiten und haben vor allem eine starke Motivation, das, was sie miteinander gelernt haben, mit ande- ren zu teilen. Was würden Sie als das allgemeine Ziel des Colloquiums beschreiben und inwiefern unterscheidet sich der Kurs von anderen Veranstaltungen? Das allgemeine Ziel des Collo- quiums ist es, eine klare und praktika- ble Botschaft zu vielen verschiedenen Themen der biomimetischen Zahn- heilkunde zu kommunizieren. Alle unsere Vorträge und Workshops en- den mit einem Merksatz, der in der täglichen Praxis angewendet werden kann. Wir sind hier, um anderen dabei zu helfen, zu lernen, wie man nach ho- hen Qualitätsstandards in der Zahn- medizin arbeitet. Wir sind auch im- mer offen für Fragen und Anregun- gen. Wir glauben fest daran, dass Tei- len der einzige Weg ist, mit dem sich die Zahnmedizin und Wissenschaft ge nerell entwickeln kann. Und genau das praktizieren wir – es gibt keinen Grund, die Geheimnisse für sich zu behalten, ausser sein eigenes Ego zu füttern. Wir haben keine Angst vorm Teilen. Was ist der grösste Vorteil des Kurses für den Behandler sowie den Patien- ten? Das Erlernen der Schlüsselele- mente, die die tägliche klinische Ar- beit verbessern, und die Fähigkeit, Pa- tientenbedürfnisse besser analysieren zu können, werden zu einem konser- vativeren und berechenbareren An- satz führen, der letztlich einen ent- scheidenden Einfluss auf die Patien- Mal mit einer grösseren Teilnehmer- zahl an Zahntechnikern, da wir ein exzellentes Programm für diese Ziel- gruppe zusammengestellt haben. Wir streben an, das Colloquium als ulti- mative Re ferenz in der biomimeti- schen Zahnheilkunde zu etablieren. Was sind, Ihrer Erfahrung nach, heutzutage die grössten Herausfor- derungen in der ästhetischen Zahn- heilkunde? Ich denke, die grösste Herausfor- derung ist es, die Erwartung des Pa- tienten und die höchsten ästhetischen Ansprüche zu erfüllen und dabei ultrakonservativ mit den Zahnstruk- turen umzugehen. Die Materialien, einen konservativeren Ansatz erlaubt, welcher besser für die Behandlungs- prognose ist. Glauben Sie, dass Bio-Emulation die ästhetische Zahnmedizin grundle- gend verändern könnte? Ja, das ist unser Ziel: Anderen Leu- ten helfen zu verstehen, dass eine an- dere Art der Zahnmedizin möglich ist – nicht nur in Bezug auf ästhetische Fälle, sondern auch bei der täglichen Arbeit. Unsere Philosophie ist klar: Wir stützen unsere Konzepte auf wis- senschaftliche Beobachtungen der Natur, nicht auf subjektive Beschrei- bungen. Dieser Ansatz wird mögli- cherweise mit alten Konzepten zu- „Wir sind verrückt genug um zu denken, dass wir die Welt ändern können.“ tengesundheit haben wird. Das Pro- gramm ist sehr umfangreich mit zahlreichen Workshops zu Themen wie Isolation, Layering, Keramiken, Morphologie und Fotografie. Es ist ein unglaubliches und intensives Pro- gramm über zwei Tage. Ich bin sicher, niemand wird es bereuen, sich ange- meldet zu haben. Wenn Sie an das erfolgreiche Event in Santorini im vergangenen Jahr den- ken, was sind Ihre Erwartungen für das zweite Colloquium in Berlin? Wir erwarten eine weitere erfolg- reiche Veranstaltung, vielleicht dieses die wir heutzutage zu Verfügung haben, ermöglichen uns solche kon- servativen Behandlungsmethoden. Trotzdem ist es manchmal schwer, die höchste Ästhetik zu erreichen, vor allem, da wir auf sehr kleinem Raum arbeiten. Die kieferorthopädische Vorbe- handlung ist eine weitere Herausfor- derung, die wir bei Patienten haben. Sie wollen für gewöhnlich schnelle Re- sultate sehen und wir müssen ihnen helfen zu verstehen, dass eine kiefer - orthopädische Vorbehandlung später sehr viele funktionelle und ästhetische Vorteile mit sich bringt, und oft auch sammenstossen, die in Zeiten etabliert wurden, in denen Materialien be- grenzter und die Anwendung des bio- mimetischen Konzepts nicht möglich waren. Trotzdem glauben wir fest an das, was wir tun und wir sind verrückt genug um zu denken, dass wir die Welt ändern können. Die Zeit wird zeigen, ob wir es schaffen. Ich persönlich wäre zufrieden, wenn wir zumindest eine neue Basis schaffen könnten, auf die zukünftige Generationen aufbauen und das Ziel schliesslich erreichen können. Vielen Dank für das Gespräch. DT 1 4 2 3 5 Abb.1, 2, 4, 5: Impressionen vom 1. Bio-Emulation Colloquium 2014 in Santorini. – Abb.3: Das zweite Bio-Emulation Colloquium findet vom 4. bis 5. Juli 2015 in Berlin statt.