2 Statements and News DENTAL TRIBUNE German Edition · Nr. 5/2012 · 9. Mai 2012 Aufrüsten oder Abhaken Jürgen Pischel spricht Klartext D ie Stan- despolitik zeigt sich eigentlich recht zufrieden mit dem, was in der Ge- sundheitspolitik und in Kassenver- handlungen in den letzten zwei Jahren erreicht werden konnte. Diese ge- pflegte Selbstzufriedenheit hat aber weniger ihre Ursache in wirklichen Erfolgen für die Zahnärzte. So wurde das Ende der Budgetierung verkündet, die es so nicht geben wird. Den Zahn- ärzten wurde eine GOZ-Aufwertung durch Besserdotierung „wichtiger“ Abrechnungspositionen vertraut ge- macht, die spätestens 2014 mit einer „Budgetierung“ dann auch für die GOZ ins Kontor schlägt. Für die Appeacement-Politik der Körperschaften, KZVen und Kammern gibt es vor allem zwei Gründe, die die Funktionäre über die Realität hinweg - sehen lassen. Einmal ist es die Haupt- amtlichkeit der Vorstände, die selbst alle Zahnärztefunktionäre von System - kri tikern, die Missstände aufdecken, zu Systemjublern und zu Verhandlungser- gebnis-Optimierungen mutieren ließ. Wohl dotiert, auf Augenhöhe mit Kas- senbossen – man kann auf diese vom Status und Einkommen schon mal he runterschauen –, muss das eigene Handeln glorifiziert, ins positive Licht gestellt werden. Zum anderen ist es die Rücksicht- nahme auf die „Zahnärzte-Partei“, die auch wegen ihrer Gesundheitspolitik am Boden liegend, um eine Widerauf- erstehung kämpfend, strampelt. Sie lässt die Zahnarztfunktionäre so viele Entwicklungen in der Gesundheits - politik hin zur „Einheitsversicherung“ im „Einheitstarif von GKV und PKV“ einfach stillschweigend hinnehmen. Was hätte es für ein wochenlanges Ge- heule gegeben, wären die Vorschläge zum Einheitstarif GKV/PKV nicht aus der CDU, von deren Gesundheitsspre- cher, gekommen, sondern aus der SPD als Regierungspartner? So oder so, alles läuft auf die „Ein- heitsversicherung“ hinaus, wie auch immer benannt. In der Kassenabrech- nung wird die Budgetierung auf nach- trägliche Konsequenzen hin getrimmt, die GOZ geht den gleichen Weg. Viele GOZ-Positionen sind längst „BEMA- tisiert“, und nun wollen die gesetzlichen Kassen auch noch über die Privatanteile bei Festzuschüssen und Mehrkosten- vereinbarungen, in der Endo und KFO, verhandeln, ein weiteres GKV/PKV- Tarifgeschehen in Szene setzen. Noch sieht der FPD-Gesundheits- minister keine Notwendigkeit zum Handeln, aber das Projekt ist auf Schiene gesetzt. Die Kassen wollen, auf einen Nenner gebracht, Einzel- und Gruppenverträge nach neu definierten Höchstsätzen zur GOZ abschließen und vor allem Maßnahmen zur „Siche- rung der Ergebnisqualität“ bei gesetz- lichen Kassen wie aufbauenden Privat- leistungen durchsetzen. Was den Kas- sen bei „Zusatzleistungen“ recht ist, ist den PKVen in ihren Tarifen natürlich billig. Der Kreis schließt sich, bis hin zur Tatsache, dass die Kammerorganisation in den Bundesausschuss Ärzte/Zahn- ärzte/Krankenkassen mit aufgenom- men wurde. Das Dach über einer künf - tigen Einheitsvertretung Kasse/Privat- versorgung wurde bereits gebaut, nun werden die Fundamente verstärkt und die zahnärztliche Zwangsvertretung mit eingemauert. Nicht was rauskommt ist diesen wichtig, sondern als „Partner“ dabei zu sein – zur ewigen eigenen Exis- tenzsicherung. So wird es nichts mit einem Auf- rüsten in der Standespolitik gegen die Einheitsversicherungsbestrebungen von Politik und Kassen, die Zahnärzte können erhofften Widerstand abha- ken, aber selbst ist der Mann, toi, toi, toi, Ihr J. Pischel ÁFortsetzung von Seite 1 Leitartikel lungen der gesetzlich Versicherten an. Nach Einschätzung der GKV-Experten würden die Kosten der Patienten beim Zahnarzt damit deutlich sinken. Die Zahnarztverbände, voran die BZÄK, wehren sich gegen die Vorwürfe: „Gesetzliche Kassen bezuschussen nur von ihnen festgelegte Grundleistungen – dadurch gegebenenfalls nötig gewor- dene Zuzahlungen können nicht den Medizinern angekreidet werden“, so der Präsident der Bundeszahnärzte- kammer Dr. Peter Engel. Wünscht der Patient höherwertige Leistungen bei der Versorgung, z.B. eine Kunststoff - füllung statt Amalgam, wird über die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) abgerechnet, die vom Bundesgesund- heitsministerium kürzlich novelliert wurde. „Der Gesetzgeber dünnt die Leistungen immer mehr aus, der Patient muss mehr zuzahlen. Für die galoppie- renden Verwaltungskosten der Kassen und die Schieflage in der Verteilungs- struktur können die behandelnden Zahnmediziner aber nicht der Sünden- bock sein“, so Engel. DT ANZEIGE Ärger um 350.000 Euro KBV-Chefgehalt KZV-Bosse verdienen ähnlich gut – Gehalt entspricht Überschuss aus mehr als 1 Million Honorarumsatz. BONN/KREMS (jp) – Die drei Chefs (Vorstände) der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KBV) verdienen jährlich rd. 320.000 Euro (240.000 Euro Grundgehalt, 38.000 Euro „variable Bestandteile“ und 39.000 Euro „berufs- ständischer Versorgungszuschuss“), dazu kommen noch ein „Dienstwagen auch zur privaten Nutzung“ und das Recht, zwei Tage in der Woche in der ei- genen Praxis zu arbeiten. 320.000 Euro Einkommen entsprechen laut KBV- S tatistik dem Praxisüberschuss aus über 1 Million Honorarumsatz in der Praxis, während die Durchschnittspraxis nur auf 120.000 Euro Jahresüberschuss aus 390.000 Euro Praxishonorarumsatz kommt. Die Aufsichtsbehörde, das Bundes- gesundheitsministerium (BGM), hält diese Einkommen, die alljährlich zum 1. März veröffentlicht werden müssen, für tolerabel, verweist nur in anderem Zusammenhang darauf, dass das Gehalt der Vorsitzenden des Krankenkassen- Spitzenverbandes im Jahr 2011 bei 230.000 Euro gelegen habe. Die Einkom- men der Chefs in den Landes-KZVen bewegen sich mit sehr unterschiedlichen Regelungen für Zusatzleistungen (Auto, Versorgungszuschüsse, Praxisneben - tätigkeit etc.) zwischen 250.000 Euro (Nordrhein) und um die 100.000 Euro für stellvertretende Vorsitzende in klei- neren KZVen (z.B. Saarland). In der nicht allzu großen KZV Rheinland-Pfalz werden mit den Zugeständnissen von 16 Stunden Praxistätigkeit in der Woche insgesamt 207.000 Euro vergütet und bei Ausscheiden aus der KZV sechs Monats- gehälter ausbezahlt. Üppige Gehaltserhöhung und Zusatzleistungen Neu entfacht ist die Diskussion um die Einkommen der Ärzte- und Zahn- ärzte-Vorstände in KVen und KZVen durch Presseberichte über einen „Staats- bescheid“ des Gesundheitsministers Bahr zur „allzu üppigen Gehalts - erhöhung“ des KBV-Vorsitzenden Dr. Andreas Köhler. Nach seiner Wiederwahl im März des vergangenen Jahres hatte Köhler sei- nen Arbeitsvertrag mit der KBV-Vertre- terversammlung neu verhandelt. Dabei setzte er einen Anstieg seines Jahres - salärs um 90.000 Euro auf 350.000 Euro durch – zum Verdruss Bahrs, der einen deutlich niedrigeren Verdienst für an - gemessen hält. Aber auch die Zusatzleistungen für Köhler halten Bahrs Experten für zu üppig. So steht ihm bei Ausscheiden aus dem Amt eine zusätzliche Leistung von 39.900 Euro im Jahr zu. Nach Berech- nungen des Ministeriums würde Köhler damit Versorgungsbezüge erhalten, die 91 Prozent seiner Jahresvergütung im Amt entsprechen. Sollte Köhler die KBV vor Ablauf seiner Amtszeit 2015 verlassen, erhält er in dieser Zeit weiter sein volles Gehalt. Das gilt laut Ministerium auch, wenn eine grobe Pflichtverletzung vorliegt oder Köhler bzw. sein Stellvertreter sich entschließen sollten, freiwillig zurück- zutreten. Ähnliche Regelungen gibt es bei einzelnen KZVen auch, dass selbst für den Fall der „Amtsenthebung“ Über- gangsgelder bezahlt werden. DT ZA-Bewertungsportale werden aufgerüstet „Weiße-Liste-Projekt“ mit 37 Millionen Partner-Versicherten – Zahnarztfunktionäre fordern Verlässlichkeit. BONN/KREMS (jp) – Die Bertels- mann-Stiftung, die Dachverbände der Patienten- und Verbraucherzentralen und die AOK, die Barmer GEK und die Tech nikerkrankenkasse haben im Projekt „Weiße Liste“ auf dem Bewer- tungsportal „Arztnavigator“ nun für die 55.000 Zahnärzte einen eigenen 40-Fra- gen-Pool zur Zahnarztbewertung durch ihre 37 Millionen Versicherten einge- richtet. Wer miturteilen will, muss sich mit der Versichertenkarte registrieren, die Be fragung selbst ist anonym und soll vor Manipulation geschützt sein. An der Entwicklung des Fragebogens seien auch Vertreter der Zahn ärzte - schaft beteiligt gewesen, heißt es, die Befragung solle Hilfestellun- gen für Patienten bieten, aber der Kassen war es auch wichtig, einen eigenen Zahnarztfragebogen zu erstellen: „Zahnärzte sind speziell. Auch der Zahnarztkontakt unter- scheidet sich in wesent- lichen Punkten vom Be- such bei anderen Ärzten. So wissen wir aus vielen Untersuchungen und Umfragen, dass Schmerz - ängste und Kostenas- pekte die Behandlungs- situation beim Zahnarzt prägen.“ Das „Patienten - erlebnis“ stehe, heißt es bei den Kassen, „im Mittelpunkt“, eine „Expertenmei- nung“ werde nicht abgefragt. auch gegenüber den Zahnärzten fair sein. So verzichte man auf freie Kommentare, um Diffamierungen aus- zuschließen. Die Kassen sehen darin nicht nur eine Orientierungshilfe für Patienten, sondern auch ein „Angebot für die Ärzte und Zahnärzte, das sie nutzen können – zum Beispiel für praxis internes Qua- litätsmanagement“, so Jürgen Graal- mann, Geschäftsführender Vorstand des AOK-Bundesverbandes. Aus Sicht So wird unter anderem danach ge- fragt, wie das Praxispersonal agiert, wie und wo der Zahnarzt mit dem Patienten die Behandlung besprochen hat, ob sich der Zahnarzt um Zahnerhaltung und schmerzfreie Behandlung bemüht und über die Kosten und die von den Kassen übernommenen Leistungen informiert. Verlässlich oder kommerziell? Man werde die Zahnarztbefragung im Arztbewertungsportal der Weißen Jürgen Graalmann, Geschäfts- führender Vorstand des AOK- Bundesverbandes. Liste „kritisch, aber kon- struktiv“ begleiten, so die Kassenzahnärztliche Bun - desvereinigung. Besonde - re Probleme sieht die KZBV darin, dass über Bewertungsportale nur weiche Faktoren abgefragt werden können und keine Behandlungsqualität im klinischen Sinne. Sie sind auch kein Ersatz für den Aufbau einer persönlichen Vertrauensbeziehung zwi- schen Patient und Zahn- arzt.“ Ins gleiche Horn bläst die BZÄK: „Mit we nigen Ausnah- men sind Bewertungsportale kaum in der Lage, Patienten Hilfestellung bei der Suche nach einer guten Praxis oder Klinik zu geben. Häufig stehen kom- merzielle Interessen der Betreiber im Vordergrund“, so der Vizepräsident der Bun des zahn ärzte kammer, Prof. Dr. Dietmar Oesterreich. Auch wenn die aktuelle Qualitätsof- fensive im Bereich der Online-Arzt suche ein positiver Beitrag sei, um die Rolle des aufgeklärten Patienten zu stärken, gelte es darauf hinzuweisen, dass kein Bewer- tungsportal die freie Entscheidung des Patienten übernehmen, geschweige denn ersetzen könne. Viel wichtiger als die Frage „Wo finde ich einen guten Arzt?“ sei die Beantwortung der Frage „Wie finde ich ein verlässliches Portal?“ DT