2 Statements and News DENTAL TRIBUNE German Edition · Nr. 6/2012 · 6. Juni 2012 Keine neuen Zähne mehr über 80! Jürgen Pischel spricht Klartext Trotz der Milliardenüber- schüsse der Krankenkassen überschlagen sich die Kas- senmanager beider Provenienzen, gesetzlich wie privat, und die Po litiker in öffentlichen Anklagen der „Kostentreibenden“ und vom „Pfusch“ profitierenden Abzocker aus dem Stand der Ärzte und Zahn- ärzte. Den Höhepunkt der Schlag- zeilenträchtigkeit in den Medien schaffte der FDP-Gesundheits - minister Daniel Bahr mit seiner Forderung, die „Zahl der Hüft- und Knie-OPs“ drastisch einzu- dämmen, die Fallzahlen zur Kas - sen einsparung zu reduzieren. Ein CDU-Jugendpolitiker brachte es auf den Punkt: „Keine künstli- che Hüfte mehr auf Kosten der Kasse für 80-Jährige.“ Wann kommt die Jungpopulisten-Forde- rung „Keine neuen Zähne mehr über 80, es macht doch auch die alte Schlappe“. Gott sei Dank, so weit ver - steigen sich Funktionäre und Poli- tiker noch nicht. Wenn auch die Angriffe, alle bereits der Strategie - planung für die nächste Bundes- tagswahl dienend, einer General- mobilmachung gegen die Freihei- ten, die sich die Zahnärzte in den letzten Jahren schaffen konnten – Stichwort Festzuschüsse, Mehr- kostenvereinbarungen – gleich- kommen. Die Kassen wollen mit ihren Vorwürfen, medial bestens ver- breitet, von der Tatsache ablenken, dass die Versicherten zu erkennen beginnen, dass sie die Rundumver- sorgung versprechen, aber nichts Ausreichendes dafür bieten. Dem Versicherten wird die Chance zu Eigenverantwortung und Thera- piefreiheit bestritten, die Kassen- bürokratie will Herr über das private Leistungsgeschehen wer- den. „Patientenschutz“ lautet die PR-Erfolgsformel der GKVen und PKVen im Kampf gegen die soge- nannten „Zahnärzte-Privilegien“, indem alle klassischen Klischees bedient werden. Kampagnen gehen auch wieder vorüber, denken viele, nächste Wo- che wird eine andere Sau durchs Mediengeschehen getrieben. Ja, aber hier wurden von den Kassen mit Forderungen nach mehr „Transparenz“, nach „Sicherung von mehr Qualität“, nach „Schutz vor Abzocke“ Fakten in der politi- schen Diskussion geschaffen, die eine böse Folge für die Zahnärzte- schaft in der Gesundheitspolitik der nächsten Bundesregierung zei- tigen werden. Leider müssen wir davon aus- gehen, dass – in welcher Regie- rungskonstellation auch immer – der Weg in die Einheitsversiche- rung weiter vorangeschritten wird, – die FDP fällt als Regulativ, ob im nächsten Bundestag oder nicht, so oder so aus – und die Zahn - arztfunktionäre werden wie bis- her gegen diese Tendenzen macht- los bleiben. So bleibt nur eines, Pflege der Patienten als wichtigstes Gut, toi, toi, toi, Ihr J. Pischel IMPRESSUM Verlag Oemus Media AG Holbeinstraße 29, 04229 Leipzig Tel.: 0341 48474-0 Fax: 0341 48474-290 kontakt@oemus-media.de www.oemus.com Verleger Torsten R. Oemus Verlagsleitung Ingolf Döbbecke Dipl.-Päd. Jürgen Isbaner Dipl.-Betriebsw. Lutz V. 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Fedder- witz ist es der Versuch der GKVen, davon abzulen- ken, dass die Kranken- kassen weitaus weniger leisten, als die Versicher- ten von ihnen erwarten. Es zeuge von enormer Chuzpe, dass die Kassen dort, wo sie nichts leis- ten, mitreden, und dort, wo sie nichts bezahlen, die Preise kontrollieren wollen. Fedderwitz for- derte stattdessen eine seriöse Debatte um die wichtigen Versorgungs- fragen: „Packen wir die Fakten auf den Tisch und die Fiktionen in die Tonne.“ Quellen: Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). „GKV-Ausgabenentwicklung“ (Diagramm oben links) Sind in den letzten 30 Jahren (1981 = 100) die Einnahmen bei einer „gleichen Geldwertbeurteilung“ um 69 Prozent angestiegen, sank der Anteil der zahnärztlichen Behand - lun gen um 27 Prozent. So lagen die Ausgaben der Kassen für den Zahn- arzt (inkl. Zahnersatz) 2010 bei 11,42 Mrd. Euro (ein Plus von 2,8 Prozent gegenüber 2009 mit 11,22 Mrd. Euro). Bereits 1992 gaben die Kassen 11,28 Mrd. Euro für die Zahnbehand- lung aus. Der Anteil „Zahnarzt“ (inkl. Zahnersatz) an den GKV-Ausgaben lag 2010 bei 6,92 Prozent, für Zahner- satz allein bei 1,89 Prozent. 2009 wa- ren es noch 6,99 Prozent während 1992 die Zahnbehandlungen in der GKV noch 11,06 Prozent (Zahnersatz 4,78 Prozent) umfassten. „Zahnärztlichen Entwicklung“ (Diagramm oben rechts) Die Zahl der niedergelassenen Zahnarztpraxen ist in Deutschland seit Jahren rückläufig. Dies bei konti- nuierlich steigender Anzahl von „Zahnärzten ohne Tätigkeit“ und ei- ner ansteigenden Zahl von Zahnärz- ten, die als Praxisvertreter, angestellte Zahnärzte, Beamte, Assistenten oder außerhalb von Zahnarztpraxen tätig sind. Obwohl die Zahnarzt-Zahlen- Entwicklung in den letzten 10 Jahren einen Anstieg von 10 Prozent – von 78.000 auf über 86.000 – verzeichnet, ist in den letzten Jahren die Zahl der niedergelassenen Zahnärzte mit über 54.000 konstant geblieben. DT Arzt-Patienten-Beziehung auf Augenhöhe Regierungsentwurf für Patientenrechtegesetz – keine Beweislastumkehr – Zustimmung und Kritik. BONN/KREMS (jp) – Patienten sol- len mehr Rechte gegenüber ihren Ärzten erhalten und sich bei Behand- lungsfehlern besser zur Wehr setzen können. Auf eine generelle Beweis- lastumkehr, wie Patientenschützer sie gefordert hatten, verzichtet der Regierungsentwurf für ein neues Pa- tientenrechtegesetz, das Ende Mai im Bundeskabinett auf den Weg ge- bracht wurde. Anfang 2013 soll es in Kraft treten. Das Gesetz bündelt und vervoll- ständigt die Vorschriften, die bislang in einer Vielzahl von Einzelregelun- gen und Urteilen verteilt sind. Damit „stärkt es die Patienten auf dem Weg vom Bittsteller zum Partner“, lobte Wolfgang Zöller (CSU), der Patien- tenbeauftragte der Bundesregierung. Ärzte und Zahnärzte müssen in die Beratung und Aufklärung der Patienten künftig mehr Zeit und Aufwand investieren. Sie werden ver- pflichtet, „Patienten verständlich, umfassend und persönlich über Dia- gnosen, Therapien und Risiken auf- zuklären“. Ausdrücklich müssen sie dabei auch über alle Kosten informie- ren, die bei der Behandlung entstehen können, aber nicht von der Kranken- kasse übernommen werden. Der bes- seren Aufklärung des Patienten soll zudem ein Recht auf Einsicht in die Krankenakte dienen. Die Kranken- kassen sollen ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadenser - satz ansprüchen unterstützen. Es ent- stünden so „Arzt-Patienten-Bezie- hungen auf Augenhöhe“, sagte Bahr zur Vorlage des Gesetzesentwurfes. Zustimmung und Kritik Mit dem Hinweis auf „Besonder- heiten der Zahnbehandlung“ wollen BZÄK und KZBV die Notwendigkeit der Verbreiterung der Patienten- rechte bei Zahnärzten infrage stellen. „Zahnmedizinische Behandlungen sind keine Controlling-Prozesse, die mit bürokratischen Auflagen opti- miert werden können“, so der Präsi- dent der Bundeszahnärztekammer Dr. Peter Engel. „Die Verschärfungen im Bereich der Dokumentation, Ein- willigung und Aufklärung reduzieren die Behandlungszeit, dies kommt dem Patienten nicht zugute.“ Der Vorsitzende des Vorstandes der KZBV, Dr. Jürgen Fedderwitz, er- klärte: „Es ist zwar erfreulich, dass die Krankenkassen zukünftig Entschei- dungen über beantragte Therapien nicht mehr beliebig verzögern kön- nen. Aber leider führt die Einführung enger Fristen dazu, dass das bewährte Gutachterverfahren im zahnmedizi- nischen Bereich ausgehebelt wird.“ Positiv bewerten BZÄK und KZBV, dass einer generellen Beweis- lastumkehr und einer verschuldens - unabhängigen Haftung eine Absage erteilt wurde. Diese hätten zu einer Defensivmedizin geführt. Ob es im Rahmen der Beratungen im Bundes- tag und vor allem im Bundesrat (rot- grüne Mehrheit) nicht doch noch zu den befürchteten und vor allem von Patientenschützern geforderten Ver- schärfungen zulasten der Mediziner kommt, hängt vor allem davon ab, ob es dem Bundesgesundheitsminister gelingt, eine Zustimmungspflicht des Bundesrates auszuschließen. DT ÁFortsetzung von Seite 1 oben „GOZ“ Damit sei bei den betreffenden Leistungen die Berechnung von Stei- gerungssätzen über dem 2,3-fachen Satz erschwert oder nicht zulässig. Dies ist, so die BZÄK, „eindeutig falsch“. Paragraph 5, Absatz 1, Satz 1 eröffnet für die Berechnung der Höhe der einzelnen Gebühr einen Gebührenrahmen vom Einfachen bis zum Dreieinhalbfachen des Ge- bührensatzes. Absatz 2 legt fest, wie die indivi- duelle Höhe der Gebühr in dem von Absatz 1 Satz 1 eröffneten Gebüh- renrahmen zu finden ist. Die Norm gibt dem Zahnarzt hierfür Bemes- sungskriterien an die Hand. Dieser Gebührenrahmen steht für die Ge- bührenbemessung weiterhin unein- geschränkt zur Verfügung, so die BZÄK. Fachjuristen äußern jedoch Zweifel, ob nicht Gerichte der PKV- Auslegung der BMG-Verordnung folgen werden – schon früher diente die „Begründung“ als Rechtsnor- mierung – und für eine Reihe von GOZ-Leistungen den 2,3-fachen Gebührensatz zementieren. DT