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CD0217

| Spezial Psychologie umfangreichen oder unzulänglichen Provisorien, fehlenden Zähnen und insuffizienten Bissverhält- nissen zurechtkommen (weil der Mensch ja objektiv auch ohne Zähne leben kann). Schließlich zeigen sich die zwei Gesichter des Patienten spätestens dann, wenn die anfänglichen überhöhten Erwartun- gen in bittere Enttäuschung umgeschlagen sind. Dann werden solche Patienten oft niederträchtig und setzen ihre Energie darauf ein, dem Zahnarzt möglichst zu schaden, sei es durch Zahlungsverwei- gerung, belastende Schriftwechsel, die Einbezie- hung von Kammern, Versicherungen und Gerichten, Negativbewertungen im Internet oder (wie selbst erlebt) sogar Stalking. Vertrauensverlust Wie bereits erwähnt, ist bei solchen Patienten das für jede Behandlung erforderliche Grundvertrauen in die Fähigkeiten und Absichten der Zahnärzte ver- loren gegangen. Dies führt häufig zu dem Bestreben einer Fernsteuerung des Zahnarztes, Zahntechni- kers und des Praxisteams. Das Trauma einer miss- glückten Zahnbehandlung oder eines unwieder- bringlichen Verlustes von Zahnsubstanz, Zähnen oder Hart-/Weichgewebe mag zu einem solchen Vertrauensverlust führen. In der Folge wird zu- nächst jede Aussage des Arztes sehr kritisch auf- genommen und nur akzeptiert, wenn sie mit der eigenen vorgefassten Auffassung übereinstimmt. Stimmt sie nicht überein, dann entfernt sich der Pa- tient innerlich wieder vom Zahnarzt, was durch die Körpersprache und Mimik zumeist deutlich zum Ausdruck kommt. Beobachten Sie Ihre Patienten be- sonders aufmerksam in den Momenten, wenn Sie unbequeme Wahrheiten aussprechen. Eine Patien- tin, der ich ansah und auf den Kopf zusagte, dass ich merke, dass das, was ich zu ihrer Situation sagte, nicht das sei, was sie hören wolle, sprach es sogar aus und meinte, dass meine Aussagen zu 50 % dem entsprächen, was sie hören wolle. Jegliches weitere Gespräch oder gar eine Behandlung erübrigt sich an diesem Punkt. Ich konnte ihr nur noch den „Rat“ geben, besser einen Kollegen zu suchen, der zu 100 % das sagt, was sie hören wolle. Nicht selten treten auch Charakterzüge von Phobien zutage, und zwar nicht so sehr hinsichtlich einer „Zahnarztangst“, sondern vielmehr in Bezug auf Materialien, Vergiftungen oder Pfusch im Mund. Diverse Angststörungen sind auch allgemein unter den psychischen Störungen relativ häufig anzutref- fen, sodass hier eine allgemeine Neigung zu über- triebenen Ängsten eine Rolle spielen mag. Zentrierung des Problems Als weiteres Merkmal rückt die Zahnproblematik massiv ins Zentrum der eigenen Aufmerksamkeit, des Denkens und Handelns. Unvorstellbar viel Zeit, Energie und Geld wird auf das Zahnthema und die dazugehörigen Nebenkriegsschauplätze verwendet. Während sich normale Patienten nicht kontinuier- lich mit dem Zustand im eigenen Mund beschäfti- gen, befassen sich diese Pateinten bis zu mehrmals am Tag mit ihren Zähnen. Die Zahnprobleme werden häufig auch als ursäch- lich für oder im Zusammenhang stehend mit weite- ren Beschwerden oder Missempfindungen wahrge- nommen. Andere mögliche Ursachen werden dabei ausgeblendet. Eine gründliche Anamnese ergibt oft eine Unmenge an weiteren Leiden, die das Grund- problem und eine exakte Diagnostik verschleiern oder verkomplizieren. Wenn, wie häufig der Fall, diesen subjektiven Übeln ebenfalls psychogene Ur- sachen oder Komponenten zugrunde liegen, wird die vom Patienten erwartete Beseitigung oder gar Verbesserung dieses vielfältigen Beschwerdebildes durch den Zahnarzt unmöglich. Ein deutlicher Hinweis auf eine psychogene Ursache liegt dann vor, wenn laut Angabe des Patienten nach einer bestimmten Behandlungsmaßnahme kurzfristig eine Verbesserung eingetreten ist, aber dann nicht ganz verschwunden ist, oder, noch ein- deutiger, ein anderes oder neues Problem nun in den Vordergrund gerückt ist. „Ja, aber“ ist das, was man dann am häufigsten hört und man kann dem Patienten versprechen, dass egal, was man als Zahnarzt unternimmt, immer wieder ein neues Pro- blem auftauchen wird. Aufmerksamkeitsdefizit Dies steht im Zusammenhang mit einem weiteren häufigen Charakteristikum – für etliche dieser Pa- tienten ist die kontinuierliche Behandlung selbst ein Mittel, über längere Zeit und regelmäßig ungeteilte Aufmerksamkeit zu erhalten. Unbewusst soll die Be- handlung niemals ganz zu Ende sein. Hier wird aus- genutzt, dass ein Arzt den Aussagen eines Patienten zunächst einmal immer Glauben schenken sollte. Gerade bei Zähnen soll ein Patient nicht mit Stör- kontakten, Schmerzen oder einem unguten Gefühl aus der Praxis gehen. Da den Patienten selbst nicht bewusst ist, dass von ihnen nicht erwartet wird, noch die letzte Imperfektion oder Unbehagen auf- zuspüren, sondern den neuen Zustand letztendlich zu adaptieren, erscheinen die Angaben des Patien- ten auch authentisch, sodass es einem oft schwer- fällt, weitere Korrekturmaßnahmen zu verweigern. Die Angabe von Beschwerden ist auch das wir- kungsvollste Mittel der Patienten, um psychischen Druck aufzubauen, denn einen Schmerzfall verwei- gert ein Arzt nicht und macht dafür auch frühere Termine möglich. In einem erlebten Beispiel er- zwang eine Patientin die Nachbesserung an LZPs mit der Aussage, die Ränder seien undicht und dies 34 cosmetic dentistry 2 2017

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