18_Praxismanagement Nr. 1/2 | Januar/Februar 2009 | www.kn-aktuell.de PRAXISMANAGEMENT Rationelle Korrespondenz & E-Mail-Knigge für den Kieferorthopäden Tag für Tag verlieren Kieferorthopäden wertvolle Zeit durch lästige Aufgaben, die dennoch erledigt werden müssen. Zu diesen Verpflichtungen gehört u. a. auch die Korrespondenz, also das Verfassen von Briefen, Faxen und E-Mails. Einfach umsetzbare Techniken helfen, jenen Schriftverkehr möglichst rationell und zeitsparend zu erledigen – Zeit, die somit für das eigentliche Tagesgeschäft, nämlich die Behandlung der Patienten, bleibt. Ein Beitrag von Alfred Lange. Kieferorthopäden, die schon einmal analysiert haben, wie viel Zeit sie täglich für „Klein- kram-Arbeiten“ ver(sch)wen- den,sind erstaunt,welch reich- haltige Beute der „Zeitdieb“ Korrespondenz macht.Sicher- lich ist es notwendig, Berichte zu schreiben, mit Kollegen oder Patienten zu korrespon- dieren, E-Mails zu beantwor- ten, Bestellungen schriftlich vorzunehmen und Telefonate zu führen. Allzu häufig aber geschieht dies mit einem viel zu hohen Zeitaufwand. Ein einfaches Beispiel: Ein Kieferorthopäde bearbeitet morgens zwischendurch ein paar Mails und Briefe, dann in der Mittagspause und schließlich nach Feierabend. Jedes Mal muss er sich aufs Neue in diese Tätigkeit hi- neindenken, da er ständig durch andere Zeitdiebe un- terbrochen wird oder nach Unterlagen kramt, die er zur Beantwortung benötigt. Ra- tioneller ist es, wenn er eine Schreib(halb)stunde festlegt, in der er sich konsequent, intensiv und damit zeitspa- rend um seine Korrespondenz kümmern kann. Den Posteingang delegieren Hier hilft das Motto des Zeit- management-Experten Lo- thar J. Seiwert weiter, jeden Korrespondenzvorgang mög- lichst nur noch einmal in die Hand zu nehmen. Damit dies gelingt, sollte sich der Kie- ferorthopäde zunächst einmal verdeutlichen,dass die Korres- pondenz in der Regel nicht zu seinen Kernaufgaben gehört. Ist es tatsächlich notwendig, dass er die Eingangspost durchstöbert und sich dabei auch mit unwichtiger Post be- schäftigen muss? Die Bearbeitung der Eingangs- post gehört zu den Aufgaben, die der Kieferorthopäde einem Mitar- beiter übertragen kann, der die Post vorsortiert und das Schreiben oder Anfragen, die er selbst bzw.ein Kollege bear- beiten kann, herausfischt. So- mit landet auf dem Schreib- tisch des Kieferorthopäden dann lediglich der Schriftver- kehr, den dieser nur selbst be- antworten kann und daher von ihm persönlich bearbeitet wer- den sollte. Zudem obliegt es diesem Mit- arbeiter,alle Unterlagen,die zu einem Briefvorgang gehören, vorab herauszusuchen. Wenn der Kieferorthopäde an die Be- arbeitung geht, liegen ihm so alle relevanten Informationen vor, die er benötigt. Lästiges Kramen und Herumsuchen entfällt. Musterformulare und Kurzbriefe erleichtern die Arbeit Das zeitsparende Verfassen von Antwortbriefen beginnt bereits beim Lesen der Post. Der Kieferorthopäde sollte Texte grundsätzlich mit Text- marker und Stift in der Hand lesen und sich am Briefrand Notizen machen, die ihm bei der späteren Verfassung des Antwortschreibens als Er- innerungsstütze dienen.Wich- tige Stellen findet er somit rasch wieder, und nach der Lektüre eines Briefes steht oft schon das Gerüst für den Ant- wortbrief. Mithilfe der mar- kierten wichtigen Stellen kann der Kieferorthopäde in relativ kurzer Zeit einen Ant- wortbrief bzw. -E-Mail verfas- sen. Wenn er während des Lesens feststellt,dass er die Beantwor- tung des Briefes delegieren könnte, sollte er einen speziel- len Laufzettel nutzen, der dem Brief beigelegt wird. Der Mit- arbeiter entnimmt dem Lauf- zettel, dass er bei- spielsweise d i e s e n Brief bis zum nächsten Freitag ei- genständig unter Berücksich- tigung beiliegender Informa- tionen bearbeiten soll.Der Kie- ferorthopäde notiert für den Mitarbeiter, was in den Ant- wortbrief auf jeden Fall hinein soll, also welche inhaltlichen Aspekte Berücksichtigung finden sollen. Das heißt natürlich: Der Kie- ferorthopäde muss den Lauf- zettel erarbeiten. Das kostet ihn zunächst einmal Zeit – aber die Entwicklung von Muster- formularen wird für ihn zu ei- ner immensen Zeitersparnis führen. Das Prinzip: Er arbei- tet wo immer möglich mit stan- dardisierten Kurzbriefen, bei denen unter dem Briefkopf eine Aufzählung von Aktivitä- ten zu finden ist – er muss nur noch die entsprechenden Ak- tivitäten ankreuzen. Mögliche Aktivitäten wären hierbei: • Anbei erhalten Sie: ... • Wir bitten Sie um: ... • Anbei folgende Anlagen: ... Am Schluss lässt der Kieferor- thopäde am besten ein wenig Platz frei, um knappe schriftli- che Anmerkungen zu notie- ren. Das Ganze wird ausge- druckt und fertig.Solche Kurz- briefe gibt es schon seit Lan- gem, aber seitdem der Com- puter Einzug in die Büros bzw. Praxen gehalten hat, ist es nicht mehr notwendig,die For- mulare im Bürofachhandel zu kaufen. Der Kieferortho- päde kann ohne größeren Auf- wand Standardformulare ent- wickeln, die ganz individuell auf die jeweilige Situation zu- geschnitten sind. Ein Tipp: Sinnvoll ist es, wenn der Kieferorthopäde für die- jenigen Personengruppen, die für ihn am wichtigsten sind (Patienten, Mitarbeiter, Phar- ma-/Industrievertreter, Liefe- ranten, Krankenkassen etc.) jeweils einen zielgruppen- spezifischen Kurzbrief ent- wirft, der auf die Bedürfnisse der KFO-Praxis optimal abge- stimmt ist. Fix und kurz per Fax Wichtig fürs Faxen: Der Kurz- brief sollte nie mehr als eine Seite umfassen und kann da- her „fix“ gefaxt werden. Der Kieferorthopäde sollte diesen Hinweis unbedingt beachten, um lästige und ärgerliche Pa- pierstaus zu vermeiden – beim eigenen Faxgerät, aber auch beim Faxempfänger. Eigentlich liegt die Verwen- dung solcher Kurzbriefe nahe und sollte selbstverständlich sein. Effektive Arbeitsorgani- sation lebt häufig gerade da- von, dass man das Nahelie- gend-Logische tut, auf das man in der täglichen Hektik aber vielleicht einfach nicht kommt. Das Leitmotiv rationeller Kor- respondenz lautet stets: In der Kürze liegt die Würze. Wenn ein Brief mit einem interessan- ten Angebot hereinflattert, etwa hinsichtlich neuer kie- ferorthopädischer Apparatu- ren bzw. Materialien, Praxis- einrichtungen oder neuer Pra- xissoftware, kann der Kie- ferorthopäde seine Wünsche oder Fragen handschriftlich auf dem Schreiben vermer- ken: „Bitte nähere Infos zusen- den“ oder „Bitte um Terminver- einbarung“ – und ab auf's Fax damit. Persönliche Schreiben individuell gestalten „In der Kürze liegt die Würze“ – dieses Motto sollte auch gel- ten,wenn der Kieferorthopäde selbst zur Feder oder in die Tastatur greift. Nützlich und zeitsparend sind dann Muster- briefe, bei denen er nur noch die Adresse und einige weni- ge Textelemente aktualisieren muss. Möglich ist dies z.B. bei Kaufverträgen für die Praxis- einrichtung oder interessan- ten Werbebriefen, wenn der Kieferorthopäde zu einem KFO-Produkt konkretere und ausführlichere Informationen haben möchte.Die Mitarbeiter können und sollten diese Stan- dardbriefe natürlich ebenfalls verwenden. Bleiben die persönlichen Briefe. Bei diesen allerdings dürfen auf keinen Fall Stan- dardformulare oder Muster- vorlagen verwendet werden. Der Kieferorthopäde sollte nicht nach Möglichkeiten su- chen, beim Schreibvorgang selbst Zeit zu sparen.Dies geht immer zulasten der Genauig- keit, Glaubwürdigkeit und Au- thentizität. Die Gefahr, miss- verstanden zu werden,ist groß. Persönliche Korrespondenz mithilfe von Musterformula- ren zu führen, ist zudem nicht gerade stilvoll. Besser ist es, bei der Vorberei- tung nach Rationalisierungs- möglichkeiten Ausschau zu halten. Der Kieferorthopäde überlegt sich genau, wem er was und warum schreiben will, notiert Stichwörter und skiz- ziert seine Gedanken. Erst da- nach beginnt er mit der Nieder- schrift. Inhalt und Tonalität des Briefes oder der Mail je- doch sollten persönlich gehal- ten werden, auch wenn dies etwas mehr Zeit kostet. Bei E-Mails Zeit lassen Der Adressat eines Briefes wird sich freuen,wenn sich der Schreiber knapp, bündig so- wie präzise ausdrückt – zumin- dest bei Geschäftskorrespon- denz. Bei E-Mails allerdings wird die Forderung nach Knappheit zuweilen übertrie- ben, die Präzision leidet. E-Mails schreiben – ein Prob- lem für sich. Häufig wird hier der Verfall der Schreibkultur und -sitten beklagt, wohl zu Recht. Bedauerlich sind weni- ger die Fehler bei Rechtschrei- bung und Zeichensetzung. Mehr ins Gewicht fällt die schlechte Angewohnheit,alles abzukürzen. Dies führt zu Un- verständlichkeit und Entindi- investieren Mehr Zeit zu spart Zeit! Und das beginnt schon bei der Überlegung, ob es wirklich notwendig ist, eine Mail zu vidualisierung des Schreib- stils und zuweilen zu Missver- ständnissen, die vermieden werden könnten, wenn mehr Sorgfalt auf die Formulierun- gen verwendet würde. Bei Antwortbriefen wird häu- fig gar die Anrede und jede Form der Höflichkeit verges- sen – dabei liest sich z.B.„Einen schönen guten Tag, lieber ...“ doch so angenehm. Der Wunsch, bei den E-Mails Zeit zu sparen, hat eher negative Folgen. Und darum sollte sich der Kieferorthopäde – ganz ineffektiv – bei seinen Mails etwas mehr Zeit lassen. Mail-Schneeballsystem verhindern Bevor wir Gedanken nieder- schreiben, überlegen wir uns diese zumeist sehr gut. E- Mails allerdings verführen dazu, schnell etwas in den Computer „hineinzuhacken“ und flugs zu versenden. Die erwähnte Sorgfältigkeit der Formulierungen bleibt auf der Strecke. Wenn der Kie- ferorthopäde so vorgeht, droht die Gefahr, dass der Adressat und er aneinander vorbei schreiben. Und im Gegensatz zum Gespräch hat der Kieferorthopäde nicht die Möglichkeit, etwas rasch klarzustellen. Die Folge: Klarstellungen über Klarstel- lungen, Mails über Mails. Und darum gilt in diesem Fall: verfassen. Eben weil dies so schnell geht, wird so manche überflüssige Nachricht auf die Reise geschickt und der Adressat sieht sich dann ebenfalls bemüßigt, zu ant- worten. Ein Mail-Schnellball- system setzt sich in Gang, das einfach nur Zeit stiehlt – dem Adressaten und dem Kie- ferorthopäden. Die E-Mail als Brief Der Kieferorthopäde und die Mitarbeiter sollten darauf achten, dass sie in ihrer Kom- munikation nach innen und nach außen gewisse E-Mail- Spielregeln einhalten. Es spart Zeit und verhindert peinliche Situationen, wenn ein interner E-Mail-Knigge entworfen wird, in dem diese Spielregeln definiert sind. Wie aber könnte ein solcher Knigge ausschauen? Die Idee: Zumeist ist es so, dass das, was beim offiziellen Brief Berücksichtigung fin- det, beim Schreiben der Mail fahrlässig vernachlässigt wird, etwa das gründliche und ver- ständliche Formulieren. Und dieser Zusammenhang birgt die Lösung in sich: Die Grundlage einer gepflegten Mail-Kommunikation ist die Einstellung – und zwar die zu Gesprächspartner und Me- dium. Das Praxisteam erarbeitet sich die Einstellung, der E-