14 | www.kn-aktuell.de PRAXISMANAGEMENT Nr. 1/2 | Jan./Feb. 2011 Fortsetzung von Seite 13 Testen Sie Ihre Einstellung! stellt. Zum Beispiel, wenn der frisch gebackenen Helferin zum ersten Mal perfekte Intraoralauf- nahmen gelungenen sind, wird sie sich über das Lob des Kie- ferorthopäden sicherlich freuen. Bei der erfahrenen Kollegin, für welche dieser Vorgang mittler- weile eine Selbstverständlichkeit darstellt, wirkt das Lob hingegen aufgesetzt. Das heißt: Welches das „richtige“ Lob ist, ist immer abhängig vom jeweiligen „Emp- fänger“. Ein weiterer positiver Aspekt des „richtigen“ Lobens liegt in der Vorbildwirkung. Denn die psychologische Forschung be- legt: Wer seinen Vorgesetzten als unterstützend erlebt und sieht, dass er bemüht ist, die Mitarbei- ter zu fördern, ist eher bereit, den Kolleginnen unter die Arme zu greifen. Lob fördert die Hilfsbe- reitschaft im Team und führt letztlich zu einem sonnigen Be- triebsklima. Wer gelobt wird, be- müht sich, dem Lob auch tat- sächlich gerecht zu werden und ist eher bereit, seinerseits zu lo- ben und andere aktiv zu unter- stützen. Erhellende Studie Ein weiteres Schlaglicht auf die Kunst des Lobens wirft eine Studie, die im März 2008 in den USA veröffentlicht wurde. Aus der Untersuchung (durchgeführt mit Kindern an der Stanford Uni- versität) geht hervor, dass spe - zifisches Lob eine größere mo - tiva torische Kraft entwickelt als allgemeines Pauschallob. Ein Beispiel: Malt ein Kind ein Bild, sollten Eltern besser sagen: „Die Katze hast du aber schön ge- malt“ als: „Du bist eine tolle Malerin“. Solch eine allgemein gehaltene Aussage könne den Kindern sogar die Motivation nehmen, so ein Ergebnis der Untersuchung. Die Begrün- dung: Durch die allgemein ge- haltene Anerkennung verinner- lichten die Kinder, dass sie gut malen können, akzep tierten dies als Tatsache und Selbstverständ- lichkeit. Sie würden diese Fähig- keit dann für eine überdauernde Eigenschaft halten, so die Auto- ren der Studie. Die Motivation, sich zu verbessern, entfalle mit- hin. In dem Versuch zeigte sich überdies, dass Kinder, die zuerst allgemein für ein Bild gelobt wurden, auf spätere Kritik sehr sensibel reagierten. Sie verloren das Interesse an ihrer Arbeit und äußerten keine Ideen zur Verbes- serung. Konkret bedeutet das: Wenn der Kieferorthopäde die Mitarbeite- rin, die gute Leistungen bei der Einführung des Qualitätsmana- gementsystems erbracht hat, da- für loben will, sollte er ins Detail gehen und sie etwa für die exzel- lente Erarbeitung des QM-Hand- buchs loben. Welche weiteren Konsequenzen haben die Ergeb- nisse der Studie für die Mitar - beiterführung und das Praxis- management des Kieferortho - päden? Welcher/welchen der folgenden Aussage(n) können Sie am ehesten zustimmen und was sagt dies über Ihre Einstellung zum Mitarbeiterlob aus? }Wenn eine Mitarbeiterin ihre Aufgaben von sich aus gut erfüllen möchte, braucht sie dazu nicht meine Anerkennung. }Lob und Anerkennung sind die wichtigsten Leistungstreiber. Ohne Lob verwelkt das Engagement der Mitarbeiterin. }Mitarbeiterlob ist Luxus. Immerhin werden meine Mitarbeiterinnen dafür bezahlt, dass sie einen guten Job machen. }Feedback geben, Kritik sachlich üben, berechtigtes Lob aussprechen: Das sind bedeutende Instru- mente der Mitarbeiterführung, die man sich auch antrainieren kann. }Wenn ich meine Mitarbeiterinnen allzu häufig lobe, werden sie selbstgefällig und liefern schlech - tere Leistungen ab. }Ich freue mich darüber, wenn auch meine Leistungen lobend anerkannt werden. Das wirkt motivierend auf mich. In Anlehnung an: Vera F. Birkenbihl: Die Kunst des Lobens. Bonn 1992 Konsequenz 1: Jeder Mensch braucht positive Bestätigung Viele Kieferorthopäden tun sich mit dem Motivationsverstärker „Lob und Anerkennung“ recht schwer. Oft scheint es so, als wür- den sie es als Selbstverständ - lichkeit ansehen, wenn ihre Mit- arbeiterinnen gute Leistungen in der Praxis erbringen. Sie sollten sich einmal selbstkritisch fragen, ob es sie nicht auch freut, wenn sie gelobt werden – etwa im Hobby- bereich: Wenn der Golftrainer den Kieferorthopäden über den grünen Klee lobt, weil er seinen Abschlag verbessern konnte, wird dieser gewiss motiviert, wei- ter engagiert an seinem Handi- cap zu arbeiten. Darum: Wenn etwa eine Mitarbeiterin eine zu- friedenstellende Arbeit abge- schlossen hat, zeigt der Kieferor- thopäde ihr, dass er ihre Leistung bemerkt hat. Gelegenheiten zum Loben gibt es genügend – der Kie- ferorthopäde muss sie nur wahr- nehmen wollen. Hinzu kommt: Oft wird bereits das Ausbleiben der erwarteten positiven Reaktion von der Mit - arbeiterin als Kritik wahrge - nommen. Wenn diese also etwas Außergewöhnliches geleistet hat, erwartet sie Anerkennung. Bleibt die Anerkennung aus, wird sie nicht nur enttäuscht sein und zur Tagesordnung übergehen. Nein, der Kieferorthopäde treibt seine Mitarbeiterin in die Demotiva- tionsfalle – zumindest dann, wenn so etwas des Öfteren vorkommt. Konsequenz 2: Ein spezifisches Lob ist wert- voller als 100 Pauschallobe Die erwähnte Studie lässt einen weiteren Rückschluss zu: An - erkennt der Kieferorthopäde die Leistung einer Mitarbeiterin mit einem spezifischen Lob, trägt er zur Motivation bei und die Mitar- beiterin wird robuster – selbst bei der Konfrontation mit harscherer Kritik. Denn sie sieht darin einen Ansporn, sich zu verbessern. Der Kieferorthopäde sollte mit- hin immer überlegen, wie er sein Lob möglichst detailliert und spezifisch zum Ausdruck brin- gen kann. Zielloses Herumloben kann kontraproduktiv wirken. Ein Lob, das so schnell keine Mit- arbeiterin mehr vergisst, ent- steht, wenn der Kieferorthopäde die W-Frage stellt: „Sagen Sie mal, liebe Frau Müller, wie haben Sie das denn nur geschafft, diesen nörgelnden Patienten doch noch zu beruhigen?“ Das heißt: Der Kieferorthopäde fragt die Mitar- beiterin, wie es ihr gelungen ist, einen Erfolg zu erreichen und eröffnet ihr so die Möglichkeit, ihren Erfolg zu genießen, indem sie ausführlich von ihm berich- ten darf. ANZEIGE Angenehmer Nebeneffekt die ser Vorgehensweise: Durch sein gro- ßes Interesse an der Leistung der Mitarbeiterin erhält der Kie - fer orthopäde eventuell neue und wertvolle Ideen, von denen auch die Kolleginnen unterrichtet wer- den sollten. Im Idealfall profitiert das gesamte Praxisteam von der Leistung der Mitarbeiterin, die endlich Zugang zu einem „schwie- rigen“ Patienten gefunden hat, an dem sich schon so mancher die Zähne ausgebissen hat. Konsequenz 3: Lob ist immer relativ Der Kieferorthopäde sollte die Lobdosierung stets auf die indi - viduelle Situation und die Men - talität und Persönlichkeit der jeweiligen Mitarbeiterin abstim- men. Die antriebsschwache Mit- arbeiterin benötigt mehr Aner- kennung als die selbstsichere Kollegin, die über ein hohes Maß an Eigenmotivation verfügt. Bei ihr kann ein Zuviel an systemati- schem Lob sogar kontraproduk- tiv wirken – sie fragt sich, ob das Lob ehrlich gemeint ist. Konsequenz 4: Lobformulierungen überlegen Ein spontanes Lob wird in der Re- gel von der Mitarbeiterin als sol- ches erkannt – und damit als ehr- liche Anerkennung identifiziert. In anderen Situationen ist es hin- gegen hilfreich, wenn sich der Kieferorthopäde für bestimmte Lobsituationen entsprechende Formulierungen überlegt. Denn natürlich steht der Patient immer im Vordergrund. Und da kann es durchaus passieren, dass die lobende Mitarbeiterführung al- lein aus Zeitgründen einmal ins zweite Glied rückt. Vielleicht aber fällt es dem Kieferorthopäden leichter zu loben, wenn er einige detaillierte Lobformulierungen parat hat, etwa: „Ich bin wirklich stolz auf Sie, weil es Ihnen ge - lungen ist …“ oder „Ich habe mit Freude be obachtet, dass Sie …“ Konsequenz 5: Mit dem Lob Zweifel vertreiben Die Relativität des Lobens ist bereits angesprochen worden. Pauschallob hat seine Nachteile – wie vor allem die US-Studie be- legt. Aber: Es gibt Situationen, in denen selbst das Pauschallob ge- rechtfertigt ist. Dazu ein Beispiel: Eine Mitarbeiterin übernimmt eine neue Aufgabe. Sie soll zum Beispiel am Aufbau eines QM- Systems in der Praxis mitwirken. Sie muss sich also erst einmal in die Aufgabe einarbeiten. Wenn sie nun überhaupt nicht gelobt wird, kann sie dies als Tadel auf- fassen. Denn ihr fehlt noch der Rahmen, in dem sie ihre Tätigkeit einpassen und somit auch beur- teilen kann. Der Kieferorthopäde hat noch keine Ansatzpunkte, bei denen er ein konkretes Lob an- bringen kann. Und dann ist es sinnvoll, auch einmal ein Pau- schallob auszusprechen. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert: Neurowissen- schaftler haben festgestellt, dass das Belohnungszentrum im Ge- hirn jedes Mal eine Stressreak- tion auslöst, wenn das Lob und die soziale Anerkennung ausblei- ben. Wird dieser „Enttäuschungs- stress“ zum Dauerzustand, kön- nen sogar Psyche und Körper Schaden nehmen. Das hat Johan- nes Siegrist, Direktor am Düssel- dorfer Institut für Medizinische Soziologie, in Studien gezeigt. Das ausbleibende Lob wird die Mitarbeiterin überdies verunsi- chern, weil sie kein Feedback bei der Erledigung einer neuen Auf- gabe erhält, die eigene Leistung also wiederum nicht einordnen kann. Das Pauschallob ist ge - eignet, diese (Selbst-)Zweifel gar nicht erst aufkommen zu lassen. Konsequenz 6: Sich selbst auf die Schulter klopfen Die positiven Wirkungen des be- gründenden Lobens beschränken sich selbstverständlich nicht auf die Mitarbeiterseite. Weiter oben in der Hierarchie sieht das nicht anders aus: So sehnen sich nach einer Umfrage der Kom muni - kationsberatung Kehkom (durch- geführt zusammen mit der Wirt- schaftswoche im Jahr 2008) über 65 % der deutschen Manager nach mehr Lob im Job. 88,5% der Befragten waren zugleich davon überzeugt, dass regelmäßiges Lob den Unternehmenserfolg steigert. Die Mehrheit der Manager findet verbales Lob genauso wichtig wie die monetäre Anerkennung. Wer also lobt die Führungskräfte, wer lobt den Kieferorthopäden? Wem es schwerfällt, andere Men- schen zu loben, sollte damit bei sich selbst anfangen, sich selbst lobend auf die Schulter klopfen und eigene Leistungen anerken- nen. Der Kieferorthopäde wird dann überdies bemerken, wie viele lobens- und anerkennens- werte Situationen er jeden Tag bewältigt. Und warum sollte es sich bei seinen Mitarbeiterinnen anders verhalten? Zu guter Letzt: Wohl jeder Kie- ferorthopäde wird gern auch ein- mal selbst gelobt und vergisst da- bei zu oft, dass man nur bekommt, was man gibt. Fazit Wer angemessen, konkret und ohne Übertreibung Leistungen anerkennt, die über das Ge- wöhnliche hinausgehen, leistet einen wertvollen Beitrag zur Mo- tivation der Mitarbeiterinnen in der KFO-Praxis. Kieferorthopä- den sollten sich darum in diesem Bereich der Mitarbeiterführung weiterbilden, um die Mitarbei- termotivation hoch zu halten. Eine motivierende Mitarbeiter- führung ist ein wesentliches Ins - trument im Bemühen um Pro- zess- und Ergebnisqualität im Rahmen des Qualitätsmanage- mentsystems. Literaturliste zum Artikel in der E-Paper-Version der KN Kieferorthopädie Nachrichten unter: www.zwp-online.info/publikationen Kurzvita Karin Letter ist Geschäftsführerin der 5medical management GmbH, freie Beraterin für den Bereich Qua- litätsmanagement und Qualitäts - managementbeauftragte (Ausbildung TÜV Süd). Sie wurde 1971 in Düssel- dorf geboren. Die examinierte Arzt - helferin besucht regelmäßig medi - zinische und kaufmännische Weiter- bildungen, um die Mitarbeiter und Führungskräfte in Arztpraxen, Dental- laboren und Kliniken auf dem Weg zu einem modernen Management zu be- gleiten. Die Themen Personalführung, Praxisorganisation, Qualitätsmana - gement sowie Privat- und Sonderleis- tungen zählen zu ihren Schwerpunkt- bereichen. Die Medical Managerin absolviert ihre Tätigkeit am „Point of Sales“: Sie schult die Führungskräfte und Mitarbeiter in der Arztpraxis und im Labor und begleitet das Praxisteam oder das Laborteam bei der Umset- zung. Adresse 5medical management GmbH Matthiasstr. 33a 41468 Neuss Tel.: 0 21 31/1 33 11 66 Fax: 0 32 22/2 44 64 04 E-Mail: info@5medical-management.de www.5medical-management.de