16 | PRAXISMANAGEMENT Nr. 6 | Juni 2011 Haferkamps Expertentipp (3) Über viele Jahre hinweg hat sich Wolfgang Haferkamp insbesondere bei kieferorthopädischen Praxen einen Namen als aufmerksamer Beobachter, zuverlässiger Partner und wertvoller Berater gemacht. So entwickelt er nicht nur individuelle und an aktuelle Vorgaben angepasste Konzepte, sondern begleitet Praxen auch durch den Dschungel an gesetzlichen Anforderungen, Verordnungen oder Richtlinien. Im Rahmen dieser KN-Artikelserie gewährt Wolfgang Haferkamp Einblicke in verschiedenste Themenbereiche und vermittelt das entsprechende Hintergrundwissen. sen hat, finanziert immer noch Behandlungsstühle, die längst abgeschrieben oder sogar er- setzt sind, weil die Motoren in- zwischen alle streikten. Ein gutes Mittel, nicht in die Situ- ation zu kommen, für das neue Röntgengerät das Privatvermö- gen einsetzen zu müssen, ist, ein eigenes Konto für Ersatzinves - titionen einzurichten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann über seinen Steuerberater ein sogenanntes „Anderkonto“ einrichten, das zweckgebunden ist. Das Konto ist ein Anspar- konto, mit dem zum Zeitpunkt der Ersatzinvestition diese fi- nanziert werden kann. Doch wie wird die optimal anzusparende Summe pro Jahr errechnet? Hier bieten sich zwei Möglichkeiten an, die je nach Gerät auch kombi - ANZEIGE niert werden können: Abschrei- bungszeitraum und Lebenszeit des Gerätes. Ein Behandlungsstuhl ist nach 10 Jahren abgeschrieben. Man- che halten zwar länger, aber oft wird der Bezug aufgrund der ho- der Patient in eine andere Praxis geschickt werden muss, oder ein Termin, der nicht vergeben wer- den kann, weil die EDV streikt. All das kostet zusätzlich Geld, da Arbeiten doppelt ausgeführt und Personalkapazitäten – auch die der Behandler – vergeudet wer- den. Das Honorar für das Rönt- gen wandert in andere Taschen. Tritt ein derartiges Problem das erste Mal auf, sind die meis ten Patienten bereit, darüberhinweg- zusehen, wenn ehrlich damit um- gegangen wird. Häufigere Ge - räteausfälle oder Terminwieder - holungen beeinflussen dagegen negativ den Praxisruf mit lang- fristigen Folgen. Häufig entstehen Probleme mit der Finanzierung von Neugerä- ten, weil die alten immer noch ab bezahlt werden, obwohl diese gar nicht mehr existieren. Wer ei ne Pra xisfinanzierung über 20, 25 oder mehr Jahre abgeschlos- Zusatztipp Wer seine Praxis über einen langen Zeit - raum finanziert hat, sollte sich genau an - sehen, ob er nicht noch Einrichtungsge - genstände und Geräte finanziert, die längst nicht mehr vorhanden sind und entspre- chende Konsequenzen ziehen. hen Belastung (vor allem durch die ständige Desinfektion) schon vorher rissig und muss ausge- tauscht werden. Ein Röntgenge- rät ist nach 8 Jahren abge- schrieben, die Laborein- richtung nach 14 Jahren. Die Finanzverwaltung hat eine „amtliche AFA-Tabelle“ erstellt, die die Steuerberater zur Verfügung stel- len können. Wird ein Gerät überdurch- schnittlich genutzt und kann dies nach- gewiesen werden, ist ei - ne kürzere Abschrei- bungszeit durchsetz- bar. Ist eine Investition absehbar, kann auch ein sogenannter Investitionsabzugs- betrag (früher: Ansparabschrei- bung) steuerlich in Ansatz ge- bracht werden. Dies ist allerdings nur bis zu einem Gewinn von 100.000 Euro (2008) bzw. 200.000 Euro (2009/2010) möglich. Wer sie nicht schon hat, sollte ei - ne Geräteliste erstellen mit den jeweiligen Neuanschaffungskos- ten, die regelmäßig aktualisiert werden, und den entsprechen- den Summen je Quartal (Investi- tionskosten je Gerät geteilt durch Abschreibungs-/Lebensjahre, geteilt durch 4). Das Quartal ist eine sinnvolle Zeiteinheit, da ein Großteil der eingehenden Zah- lungen quartalsweise erfolgt. Die Kieferorthopädinnen und Kieferorthopäden, die ihre Pra- xis bereits etliche Jahre betrei- ben – das werden die allermeis- ten sein –, müssten diese Zahlen entsprechend modifizieren. Eine Alternative zur sukzessiven, gerätebezogenen Ansparung ist ein kontinuierliches Investitions- konto, beispielsweise bestückt mit einer festen Summe von 50.000 Euro, das bei Bedarf immer wie- der aufgefüllt wird. In beiden Fällen sollten in die Investitions- kosten auch Instrumente einbe- zogen werden, die als gering - wertige Wirtschaftsgüter sofort ab geschrieben werden. Ein Satz Zangen kann durchaus ins Geld gehen. Dass Banken meist gern Ersatz- investitionen über Kredite finan- zieren, ist bekannt. Was sinnvol- ler für den Einzelnen ist, muss dieser entscheiden. Eine kieferorthopädische Praxis ist ein Unternehmen und das Röntgengerät zum Beispiel ist ein Betriebsmittel und muss als solches behandelt werden und nicht als Privatinvestition. Wer seine Praxis stets handlungsfä- hig halten möchte, sollte vorsor- gen und diese als Unternehmer führen. Er sollte jederzeit in der Lage sein, ein defektes Röntgen- gerät, das nicht mehr repariert werden kann bzw. dessen Re - paratur sich nicht mehr lohnt, zu ersetzen. Kurzvita Autor Wolfgang Haferkamp M.A. (cid:129) Jahrgang 1956 (cid:129) Studium der Publizistik- und Kommu - nikationswissenschaften, Universität Münster (cid:129) Kommunikations- und Unternehmens- berater (cid:129) Spezialist für kieferorthopädische Praxen (seit 1999) bundesweit (cid:129) Veröffentlichungen und Vorträge zu den Bereichen Organisation/Manage- ment/Qualitätsmanagement und Pa- tientenbefragungen in der KFO Adresse Wolfgang Haferkamp Büro für Kommunikation Hübnerstraße 19 33104 Paderborn Tel.: 0 52 54/8 55 12 Fax: 0 52 54/8 72 03 E-Mail: haferkamp@t-online.de www.haferkamp-beratung.de Teil 3: Das Röntgengerät ist defekt – Woher soll das Geld für das neue herkommen? „Hilfe!!!!!!!!! Mein Röntgengerät ist defekt und eine Reparatur lohnt sich nicht. Ich muss das neue aus meiner Privatschatulle bezahlen!“ Eine Klage, die tat- sächlich so geäußert wurde. Und eine Einstellung, die unter Kie- ferorthopäden und anderen Frei- beruflern – übrigens nicht nur Zahnmedizinern und Medizinern – weit verbreitet ist: Alles Geld, das nach Abzug der laufenden Kosten auf dem Konto verbleibt, ist mein Gewinn. Das gehört mir und ich kann damit machen, was ich will – was ja auch gar nicht so falsch ist. Gut, es müssen noch Kredite und Zinsen bedient wer- den und regelmäßig erhebt das Fi - nanzamt Steuern – wenn der aus- gewiesene Gewinn dies bedingt. Doch Geräte altern und veralten, müssen repariert werden und sind irgendwann nicht mehr funktions- tüchtig. Röntgengerät, Behand- lungsstühle, UV-Lampen, Fotoap - parate, Anmischgeräte, Trimmer und vieles mehr halten nicht im- mer ein komplettes kieferortho- pädisches Berufsleben. Wer bei der Einrichtung seiner Praxis auf Gebrauchtgeräte zurückge- griffen hat, wird mit einer Er- satzinvestition eventuell noch früher konfrontiert. Im Bestreben, kein Geld für neue Geräte auszugeben, wird repa- riert und repariert, ohne im Blick zu haben, dass ab einem gewis- sen Punkt diese Kosten höher sind als die entsprechende Finanzie- rung oder Abschreibung auf eine Neuinvestition. Viele achten auch nicht darauf, dass beispielsweise bei Schäden, die durch selbst re- parierte Elektrogeräte entstehen, keine Versicherung zahlt. Optimal funktionierende Ins - trumente und Geräte sind eine der Grundvoraussetzungen für den Erfolg einer kieferorthopä- dischen Praxis. Kaum etwas ist ärgerlicher als eine Turbine, die nicht läuft, wenn sie gebraucht wird, ein Röntgenbild, für das