20 | www.kn-aktuell.de PRAXISMANAGEMENT Nr. 11 | November 2011 Führen und motivieren mit Stil Mitarbeiterführung in der kieferorthopädischen Praxis. Ein Beitrag von Dr. Wolfgang Schmehl. Erfolgreiche Arztpraxen haben ei nen gemeinsamen Nenner: mo- tivierte und leistungsstarke Mit- arbeiterinnen, die sich mit den Zielen des Kieferorthopäden iden- tifizieren. Die Motivation der Mitarbeiterinnen hängt von der Führungskompetenz des Kiefer - orthopäden ab – und damit von seinem Führungsstil. Darum muss der Arzt klären, wie er füh- ren will. Denn jeder Führungs - stil hat seine Vor- und Nachteile. Und oft genug kommt es vor, dass der Kieferorthopäde eine Mitar- beiterin mit seinem Führungs- stil direkt in die Demotivations- falle treibt. Wie kann derArzt dies verhindern? Führungsstile können definiert werden als beständige Verhal- tenstendenzen, die eine Füh- rungskraft relativ unabhängig von der jeweiligen Situation an den Tag legt. Die Art und Weise der Mitarbeiterführung ist dem- nach typabhängig – ein Füh- rungsstil gehört zum Kieferor- thopäden „wie der Name an der Tür“. Klug ist es, wenn er sich Optionen erarbeitet, um in ver- schiedenen Situationen flexibel auf die Mitarbeiterinnen einge- hen zu können. Denn wer immer nur den einen Führungsstil pflegt, stößt schnell an Grenzen: (cid:129) Autoritären Kieferorthopäden, die Wert auf Disziplin legen, mit Anordnungen führen und zeit - raubende Diskussionen verab- scheuen, wird es schwerfallen, in bestimmten Situationen an- gemessen zu reagieren. Wenn die Mitarbeiterinnen zum Bei- spiel eine Teamaufgabe selbst- ständig und in Eigenverantwor- tung erledigen sollen, ist auto- ritäres Gehabe kontraproduktiv. (cid:129) Und umgekehrt: Der Kieferor- thopäde, der den Mitarbeiter- innen ansonsten große Frei - heiten lässt und Entscheidun- gen im Konsens mit ihnen ver- abschiedet, hat ein Problem, wenn er eine rasche Entschei- dung fällen muss und darum eine knallharte Arbeitsanwei- sung verordnet. Dies zeigt: Es ist für den Kiefer - orthopäden von Nutzen zu wis- sen, welche „beständigen Ver - haltenstendenzen“, die von den Mitarbeiterinnen als Führungs- stil wahrgenommen werden, ihn auszeichnen. So kann er gezielt daran arbeiten, sein Führungsre - pertoire zu erweitern und der je- weiligen Situation und der jewei- ligen Mitarbeiterin anzupassen. Den persönlichen Führungsstil feststellen Die Führungsstilforschung unter- scheidet zum Beispiel zwischen integrationsorientiertem, ziel- orientiertem, mitarbeiterorien- tiertem und verfahrensorientier- tem Führungsstil. Die gängigste Differenzierung ist die in den aufgaben-, menschen- und sach- orientierten Führungsstil. Die einzelnen Führungsstile werden von dem jeweils dahinter ste - henden Menschenbild geprägt. Wichtig für den Kieferorthopä- den ist die Beantwortung der fol- genden Fragen: (cid:129) Ist er der Meinung, Menschen müssten grundsätzlich angelei- tet und kontrollierend geführt werden, weil sie ansonsten ver- suchten, eigenständiges Arbei- ten und Handeln zu vermei- den? (cid:129) Oder glaubt er, Menschen woll- ten ihre Fähigkeiten prinzipiell zum Wohle der Praxis einset- zen und aktiv Verantwortung übernehmen? ANZEIGE NEUE GOZ KFO-Abrechnungskurs Einsteiger - 25.11.11 KFO-Abrechnungskurs Fortgeschrittene - 26.11.11 RealKFO Fachlabor für Kieferorthopädie GmbH T. 06081-942131 od. team@realkfo.com www.realkfo.com Je nach Beantwortung der Fra- gen leiten sich daraus drei grund- legende Führungsstile ab: 1. der hierarchische oder autori- täre Führungsstil, 2. der demokratische Führungs- stil und 3. der Laissez-faire-Führungsstil. Der Kieferorthopäde sollte prü- fen, zu welchem Führungsstil er tendiert, sich aber nicht allein auf die Selbsteinschätzung ver- lassen. Eine Methode, dem per- sönlichen Führungsstil möglichst objektiv auf die Spur zu kommen, ist, die Familie – Partner, Kinder, Eltern – zu befragen. Denn im Privatbereich gibt man sich eher so, „wie man wirklich ist“. Grund- sätzlich bieten sich bei der Ana- lyse die folgenden Fragen an: (cid:129) Wie verhält sich der Kieferor- thopäde unter Stress? (cid:129) Wie reagiert er in Konfliktsitu- ationen? (cid:129) Wie bewältigt er schwierige Entscheidungsprozesse? (cid:129) Wie geht er mit Kritik um? Situation und Aufgabe berücksichtigen Entscheidend ist, ob der Kiefer - orthopäde in der Lage ist, seinen Führungsstil der Situation und der Mitarbeiterin anzupassen, mit der er sich in einer Führungs - situation befindet. Die Frage, wel- cher Führungsstil eingesetzt wer- den sollte, ist zumeist von mehre- ren Faktoren abhängig. Oft ent- scheidet der Entwicklungsgrad einer Mitarbeiterin darüber, ob und welche Nuancenverschie- bung der Kieferorthopäde in seinem Führungsverhalten vor- nehmen sollte. Der langjähri- gen „rechten Hand“ und erfah re - nen Angestellten kann er an- dere Entscheidungsbefugnisse einräumen als der jungen und unerfahrenen Mitarbeiterin, die er gerade erst eingestellt hat. Hinzu kommt: Es gibt Situatio- nen, in denen die Mitarbeiter- orientierung und -entwicklung in den Vordergrund rückt und der demokratische Führungsstil Anwendung finden sollte. Der konsensorientierte Führungsstil etwa ist angesagt, wenn der Kie- ferorthopäde tiefgreifende Ver- änderungen in der Praxis plant. Wenn er diese Veränderungen „von oben herab“ anordnet, be- steht die Gefahr, dass sich die Mitarbeiterinnen verweigern. Nimmt hingegen die Aufgaben- orientierung zu, kommt es also darauf an, eine bestimmte Auf- gabe zu einem erfolgreichen Ende zu führen, gewinnt der au - toritäre Zugang zu den Mitar - beiterinnen an Gewicht. Diese müssen eindeutig wissen, bis wann was in welchem Umfang zu er ledigen ist. Dann ist es auch einmal notwendig, das autori- täre Bas ta-Machtwort zu spre- chen. Aber Achtung: Die Basta- Führungskraft, die plötzlich auf Schmu sekurs geht, wirkt ebenso unglaubwürdig wie der „Ein fach laufen lassen“-Chef, der heute zur Abwechslung mal kräftig auf den Tisch haut. Leitfaden zum situationsange- passten Führungsstil } Prüfen Sie, welcher Führungsstil bei Ihnen dominiert. } Verdeutlichen Sie sich die Vor- und Nach- teile dieses Führungsstils, um seine Vorteile für Ihre Führungsarbeit zu nutzen und die Nachteile zu mildern. } Erweitern und flexibilisieren Sie Ihren Füh- rungsstil, erarbeiten Sie sich Optionen, um kontextabhängig und mitarbeiterbezogen führen zu können. } Berücksichtigen Sie stets die Notwendig- keiten, die sich aus der konkreten Situation und der Persönlichkeitsstruktur und Men - talität Ihrer Mitarbeiterinnen ergeben. Der Kieferorthopäde darf auch nicht die Belange der Patienten vergessen. Wenn sich ein Patient über die unfreundliche oder gar unverschämte Mitarbeiterin be- schwert – und zwar zu Recht –, wird er wohl zu den eher autoritä - ren Führungsinstrumenten grei- fen müssen, selbst wenn er von der Persönlichkeitsstruktur her ei ne demokratische oder Laissez- faire-Führungskraft ist. Er soll- te der Mitarbeiterin unmissver- ständlich deutlich machen, dass er dieses Verhalten gegenüber dem Patienten nicht duldet. Motivationsbremse „Chef“ Oft führt die Unfähigkeit, den Führungsstil flexibel zu handha- ben, zu katastrophalen Folgen. Wenn Mitarbeiterinnen nicht die Leistungen erbringen, die auf- grund ihrer Qualifikationen zu erwarten wären, suchen Chefs überall nach Gründen – nur nicht bei sich selbst. Doch oft genug ist es der Kieferorthopäde selbst, der die Mitarbeiterin in die De- motivationsfalle treibt. Allerdings geschieht dies in den seltensten Fällen bewusst: Meis- tens hat der Kieferorthopäde sei- nen Führungsstil nicht reflektiert. So kann er nicht einschätzen, wie er auf die Mitarbeiterinnen wirkt. Er wird zum Gefangenen seiner Vorurteile – dazu ein Beispiel: Ein eher autoritär führender Kie - fer orthopäde beurteilt zwei Mit- arbeiterinnen, die sich nahezu identisch verhalten, sehr unter- schiedlich: (cid:129) Beide melden sich freiwillig, um schwierige Aufgaben zu über- nehmen. Während er dies bei der einen Mitarbeiterin als Zei- chen ihres verantwortungsbe- wussten Engagements auslegt, glaubt er bei der Kollegin, diese wolle sich bei ihm einschmei- cheln. (cid:129) Beide Mitarbeiterinnen fragen nach, wenn sie eine Anweisung nicht richtig verstanden haben: „Sie will unbedingt etwas Neues lernen und an sich arbeiten“ – so die Ansicht des Kieferortho- päden bei der einen Mitarbeite- rin. „Sie ist unsicher und scheut die Übernahme von Verantwor- tung“ – das ist die Reaktion bei der anderen. Der Kieferorthopäde in der Vorurteilsfalle Es scheint, als ob der Kieferor- thopäde die eine Mitarbeiterin als gute und leistungsfähige, die zweite hingegen als „schwache“ Mitarbeiterin oder als „Minder- leisterin“ einstuft. Dieses ein - mal gefasste Urteil bestimmt die Wahrnehmung jeder Handlung der zwei Mitarbeiterinnen. So entsteht ein unheilvoller Kreis- lauf: Beide Angestellte können machen, was sie wollen: Ihre Handlungen dienen dem Kie - fer orthopäden lediglich als Be- stätigung seiner Meinung. Im schlimmsten Fall legt die vorgeblich schwache Mitarbei- terin Reaktionsweisen an den Tag, die den Chef bestätigen: Sie verliert durch das ständige negative Feedback an Selbst - bewusstsein und sieht keinen