20 | www.kn-aktuell.de EVENTS Nr. 4 | April 2012 Netzwerk verschiedenster Therapien FORESTADENT-Kurs mit Dr. Siegfried Wolz und Dr. Adolf Berenfeld vermittelte ganzheitliches Behandlungskonzept bei Kieferfehlstellungen. krankheit dar. Laut Dr. Wolz wei- sen ca. 50–60% der Kinder vor Behandlungsbeginn bereits Pro- bleme im Bereich der Kieferge- lenke auf, die eine frühzeitige Intervention schon im frühen Kindesalter erforderlich machten. Die Frage, inwieweit eine CMD eine orthopädische Erkrankung darstelle, beantwortete Dr. Adolf Berenfeld mit „Jein“. Es müsse stets ganzheitlich und damit in - terdisziplinär betrachtet, unter- sucht und behandelt werden. Wolle man die Krankheit verste- hen, müsse zwischen Symptomen und Ursachen unterschieden wer- den. Statt allein den Bereich des Gebisses zu sehen, sollte vielmehr in Muskel- und Faszienketten ge- dacht werden. tems, des Halses und des oberen Rückens. Statt der klassischen CMD er- weitert Dr. Wolz deren Definition und prägt den Begriff der Genera- lisierten (ganzkörperlichen) Pos- turalen Dysfunktion (GPD). Dieser stehe für eine „schmerzhafte, da nicht kompensierte neuromus ku - läre Entgleisung der Körperstatik unter Beteiligung aller Gelenke, Muskelketten und Faszienzüge“. Bevor sich die Kursteilnehmer ersten praktischen Übungen wid- meten, wurde zunächst auf die (funktionelle) Anatomie und Pa- thologie des KG eingegangen. Zu- dem wurden Begriffe wie Chris- tensen’sches Phänomen (jede ho- rizontale Veränderung der Ge- lenkstellung ändert auch seine Welche Rolle die Osteopathie bei der Behandlung der CMD spielt, darauf ging im Anschluss Dr. Be- renfeld ein. So könne der Osteo - path bei seiner Untersuchung u.a. feststellen, inwieweit eine Bein längendifferenz (funktionell/ anatomisch) oder Blockierun- gen der LWS, BWS, HWS und des Beckens vorliegen. Auch schaut er sich die Musku latur an (WS, Gesäß, Beine, Nacken) oder kann feststellen, ob Blockierungen des (Gesichts-)Schädels auf der Sei - te der Fehlfunktion oder Blockie- rungen der Clavicula und/oder der ersten Rippe vorliegen. In der anschließenden Übung de- monstrierte der Orthopäde dann einige der Untersuchungen (z.B. die Feststellung von Beinlängen- Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 1: Im Rahmen zahlreicher Übungen wurde das Erlernte praktisch angewandt. Beispielsweise durch äußeres Auflegen der Handflächen und Palpieren die Kaumusku- latur untersucht. Zudem wurde getestet, inwieweit sich der Kondylus von außen verschieben lässt bzw. beim Öffnen und Schließen des Mundes springt. – Abb. 2: Wie der Kondylus beim Öffnen und Schließen des Mundes „läuft“, kann u. a. durch Einführen der kleinen Finger in den Gehörgang getastet werden. – Abb. 3, 4: Orthopäde Dr. Adolf Berenfeld demonstriert, was aus osteopathischer Sicht alles untersucht und festgestellt werden kann. Eine KFO-Anomalie stelle laut Dr. Wolz immer ein Zeichen einer ganzkörperlichen Störung dar, wobei sich der Körper dem Biss bzw. der Biss dem Körper an- passe. Auch heute noch würde die Zahnmedizin überwiegend von einem mechanischen Denken be- herrscht und der Zusammenbiss nicht als Teil der Gesamtkörper- haltung gesehen. Während eine herkömmliche Bissnahme auf Ba - sis einer verspannten Kaumus - kulatur erfolge, würde bei einer myozentrischen Bissnahme zu- erst die Kaumuskulatur entspannt und damit im Vergleich zur her- kömmlichen Bissnahme eine an- dere Bisslage gefunden, die von der Zahnengrammierung losge- löst sei. Zudem könne die Bisspo- sition durch Funktionsänderun- gen der Atmung, Haltung oder des Muskelfunktionsmusters be- einflusst oder verändert werden. Rund 50% aller sensorischen und motorischen Rezeptoren des Körpers befinden sich im Be- reich des stomatognathen Sys- vertikale Stellung), posteriore Kapsulitis (Kapselentzündung) oder internal Derangement (Dis- kusverlagerung) geklärt. An- schließend wurde selbst „Hand angelegt“ bzw. im Rahmen einer Übung die Handflächen von au- ßen aufgelegt und über die Mus- kulatur palpiert. Dabei lässt sich erkennen, ob diese verhärtet ist. Zudem wurde untersucht, inwie- weit die Muskulatur gleichmäßig oder rechts und links unterschied- lich arbeitet. Auch stellten die Teilnehmer beim gegenseitigen Untersuchen fest, ob sich der Kon- dylus von außen verschieben lässt bzw. ob dieser beim Öffnen und Schließen des Mundes springt. Bei der zweiten Übung wurde je- weils der kleine Finger in den Ge- hörgang geführt und dabei der Mund geöffnet und geschlossen. Dabei kann genau ertastet wer- den, wie der Kondylus „läuft“, ob sich der Gehörgang verengt oder der Kondylus springt. Wichtig ist es, hierbei keinerlei Druck aus - zu üben. differenzen oder Blockierungen von LWS, BWS, HWS und Be- cken). Danach galt es, wieder un - ter einander zu untersuchen und die soeben gezeigtenTests zu üben. Eine über die Muskelkraft ge- hende Methode, mit deren Hilfe nicht nur klare, sondern auch un- klare Krankheitsbilder geprüft werden können, stellt die Applied Kinesiology (AK) dar. Dabei ging Dr. Berenfeld insbesondere auf den Muskeltest nach Goodheart sowie die Begriffe „Therapieloka- lisation“ (TL) und „Doppelte The- rapielokalisation“ (DTL) ein. Beim Muskeltest nach Goodheart wird nicht nur festgestellt, ob ein Muskel schwach oder stark ist, sondern inwieweit ein starker Muskel eine normoreaktive (nor- male Spannung) oder hyperreak- tive (verstärkte Spannung = Ab- wehrreaktion) Reaktion aufweist. Da bestimmte Punkte der Körper- oberfläche mit Organen im Inne- ren des Körpers in Verbindung stehen – wie dies von der Aku- punktur bekannt ist – zeigt sich an diesem Organpunkt, ob ein Organ erkrankt ist, indem sich bei Be- rührung des Punktes die Span- nung im Testmuskel ändert (TL). Wurden zwei oder mehrere The- rapielokalisationen gefunden, kann mittels Doppelter Therapie- lokalisation überprüft werden, ob die beiden TLs zusammenhän- gen, d.h. ob die eine Erkrankung die Ursache der zweiten Erkran- kung ist. Bezogen auf die Praxis hierzu ein Beispiel: Stimmt der Biss eines Patienten nicht, macht dies den Testmuskel schwach. Weist der Patient gleichzeitig Schmerzen in der LWS auf, dann schwächt die TL an der LWS den Testmuskel ebenfalls. Hebt die DTL die Schwäche auf, bedeutet das laut Berenfeld, dass das Ge- biss die Ursache der LWS-Be- schwerden sein muss. Auch bestimmte Muskeln, so Be- renfeld, sind organassoziiert, d.h. ein bestimmter Muskel hängt mit einem bestimmten Organ zusam- men und signalisiert bei Schwä- che oder hypertonem Zustand, dass in diesem Organ ein „Fehler“ vorliegt. Anschließend wurde der Muskeltest nach Goodheart prak- tisch geübt. „Lernt die AK und ihr seid euren Kollegen haushoch überlegen“, spornte der Ortho- päde aus Altensteig die Kursteil- nehmer an. Nach Osteopathie und AK wurde sich der neurologischen Verschal- tung gewidmet und dabei ins be - sondere auf das Grundschema des tonischen Haltungssystems inklusive seiner Rezeptoren und Störfaktoren eingegangen. Da- nach standen die therapeutische Vorgehensweise eines ganzheitli - chen Behandlungskonzepts und dabei insbesondere die Funktions- und Haltungsanalyse sowie die Anwendung des TENS-Gerätes (Transkutane Elektrische Neural Stimulation) zur Entspannung der Kaumuskulatur im Mittelpunkt. Auch diese Kursbausteine wurden detailliert erläutert und anschlie- ßend ausgiebig geübt. „Ma chen Sie eine Funktionsanaly se und überprüfen Sie die Kieferge lenke. Denn sie sind der Schwachpunkt in der KFO-Behandlung“, so Dr. Wolz abschließend. Wer die Veranstaltung in München verpasst hat, erhält eine zweite Gelegenheit. So bietet FORESTA- DENT diesen interessanten Pra- xiskurs mit den Dres. Siegfried Wolz und Adolf Berenfeld am 16./17. November 2012 nochmals in Berlin an. Nähere Informationen unter angegebenen Kontakt. Adresse FORESTADENT Bernhard Förster GmbH Westliche Karl-Friedrich-Straße 151 75172 Pforzheim Tel.: 07231 459-0 Fax: 07231 459-102 info@forestadent.com www.forestadent.com „Wir müssen ganzheitlich denken“, so Kieferortho- päde Dr. Siegfried Wolz, „dann gelangen wir zu ande- ren Diagnosen, Krankheitsbildern und Therapien.“ Wer kennt sie nicht – muskuläre Verspannungen und die damit einhergehenden Nacken-, Schul- ter- oder Kopfschmerzen. Nicht selten zieht sich der Schmerz bis in den Rücken hinunter. Die Ur - sachen hierfür können vielseitig sein. Ob das oft stundenlange Ar- beiten am Computer, Bücherle- sen oder manchmal nur kurze Telefonieren nebenbei mit zwi- schen Ohr und Schulter einge- klemmten Mobiltelefon. Was vie - le jedoch nicht wissen, ist, dass Verspannungen der Muskulatur ihren Ursprung sehr oft in einem fehlerhaften Biss sowie Fehlstel- lungen von Kiefergelenken und Wirbelsäule haben. Selbst Ner- venschmerzen (Neuralgie) kön- nen darauf zurückgeführt werden. Welche Bedeutung in diesem Zu- sammenhang einem ganzheitli - chen Behandlungskonzept bei der Therapie von Kieferfehlstel- lungen zukommt, verdeutlichte am 9./10. März 2012 ein FORES- TADENT-Kurs in München. Die Referenten, Kieferorthopäde Dr. Siegfried Wolz und Facharzt für Orthopädie Dr. Adolf Berenfeld, vermittelten dabei die Grundla- gen eines fächerübergreifenden Behandlungsansatzes mit inter- disziplinärer klinischer Untersu- chung und Therapie. „Wir müssen ganzheitlich denken, dann gelangen wir zu anderen Di- agnosen, Krankheitsbildern und Therapien“, so Dr. Siegfried Wolz. Mitunter haben sich Krankheits- bilder im Laufe der Zeit geändert, da ihre Ursachen sich geändert haben bzw. durch neue Faktoren (z.B. Stress, Umweltbelastung, Er- nährung etc.) beeinflusst werden. Auch dieser Aspekt sollte Berück- sichtigung finden. Laut Forsa-Ins - titut leiden in Deutschland rund 12 Mio. Menschen an chronischen Schmerzen, was etwa 15% der Bevölkerung entspricht. Eine Art „Chamäleon“ unter den Krankheiten mit umfangreicher Symptomliste, jedoch keinem ty- pischen Muster, stellt dabei die Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) dar. Zu deren häufigs- ten Symptomen zählen (Kopf-) Schmerzen, KG- und/oder Ohr- Dysfunktionen bzw. -Beschwer- den, Tastempfindlichkeit des Mm. pterygoideus medialis/lateralis und/oder des KG. Dabei stellt die CMD keinesfalls eine Alters-