8 | www.kn-aktuell.de WISSENSCHAFT & PRAXIS Nr. 1/2 | Jan./Feb. 2014 Eine neue Ära der digitalen KFO genden Insignia™-Fall mit mehr Verständnis und Genauigkeit zu gestalten und somit die Apparatur noch erfolgreicher anzuwenden. Meiner Erfahrung nach sind Kli- niker, die häufiger Insignia™- Fälle einreichen, erfolgreicher als jene, die nur eine Handvoll Fälle beginnen und abwarten, wie sich diese entwickeln. Meine Fähig- keiten haben sich während der ersten 10 bis 20 Fälle deutlich verbessert. Wie mit jeder ande- ren Apparatur auch braucht es etwas Zeit, um alle Nuancen zu erfassen. Ich empfehle auch, am Anfang leichtere Fälle auszu- wählen und nach und nach an- spruchsvollere Fälle zu überneh- men, wenn man sich mit der Soft- ware und den klinischen Protokol- len genug vertraut gemacht hat. Ende Februar 2008 klebte ich alle 41 Patienten innerhalb von fünf Tagen in einem einstuhligen Be- handlungsraum der Ormco-Pro- duktionsanlagen für Insignia™ in Glendora, Kalifornien. Diese in- tensive Woche, die ich ausschließ- lich mit Bonding verbrachte, ge- währte mir erste Einblicke in die potenzielle Effizienz des Direct View/Indirect Bonding-Prozesses von Insignia™. Nach nur wenigen Patienten verbesserte sich meine Klebetechnik mithilfe von Posi- tionierungshilfen erheblich, und im Laufe der Woche dauerte ein Bondingtermin durchschnittlich weniger als eine Stunde, ein- schließlich der Vorbereitung der Zähne, des Bracketklebens, der Platzierung der Bite Turbos, der Abb. 4: Die individualisierbaren Insignia™-Positionierhilfen bieten den Vorteil des Klebens bei direkter Sicht, indem die Brackets ohne Anpassungen an ihrer korrekten Position platziert werden. 41 Fälle behandelt mit Insignia™ SL 19 Fälle (davon 5 Klasse I/2-Fälle) Klasse I Klasse II/1 11 Fälle Klasse II/2 5 Fälle Klasse III 6 Fälle (3 Klasse I-Fälle mit Klasse III-Tendenz und 3 Fälle mit voller Klasse III) Abb. 5: Übersicht der 41 mit Insignia™ SL behandelten Fälle. ten bei durchschnittlich 17,5 Mo- naten liegen würde. Während ich nicht empfehlen wür de, für die Erstanwendung der individuellen Insignia™ SL- Apparatur gleich eine so hohe Anzahl von Patienten auszuwäh- len, bin ich überzeugt, dass man Insignia™ am besten verstehen kann, wenn man regelmäßig Fäl- le einreicht. Dies ermöglicht es dem Anwender, das digitale De- sign mit seiner klinischen Er - fahrung und den Endergebnis- sen zu verbinden. Dieses Lernen durch positives Feedback hilft dem Kli niker dabei, jeden fol- Fall 1 Fortsetzung von Seite 1 wender in einfachen Schritten funktionale und ästhetische Prä- ferenzen sowie besondere Details, basierend auf seiner klinischen Abb. 2: Die Insignia™-Approver-Software gestattet Anwendern eine nie dagewesene Flexibilität und Kon- trolle bei der Gestaltung der Behandlungsergebnisse. Erfahrung und genauen Kennt- nis der patientenspezifischen kie - fer orthopädischen Situation, um- setzen und die Apparatur mit- hilfe der Insignia™-Approver- Software anpassen kann (Abb. 2). Die im Paket enthaltene Software ermöglicht Anwendern eine bis- her beispiellose Kontrolle bei der präzisen Bestimmung der Zahn- position sowie die Möglichkeit, di- rekt am 3-D-Modell Veränderun- gen vorzunehmen, ohne sich auf eine Interpretation der Anleitung verlassen zu müssen. Insignia™ legt weder die Be- handlungsmechaniken fest noch schreibt sie die Zahnbewegungen vor. Sie gestattet es den Anwen- dern, Mechanismen und Hilfsmit - tel ihrer Wahl zu verwenden. Ver- ändert ein Kieferorthopäde das an- gestrebte Endergebnis in der Ap- prover-Software, kann er in Echt- zeit beobachten, wie diese Ver - änderungen die entsprechende Okklusion beeinflussen. Sobald der Behandler das ideale Set-up fertigstellt, entwirft die Insignia™- Software die individuell gefer- tigten Brackets, Drähte und ge- nauen Positionierungshilfen ge- mäß der exakten Prescription, die notwendig ist, um das ange- strebte Endergebnis akkurat und effizient umzusetzen. Meine Erfahrung mit Insignia™ bezieht sich sowohl auf die indi- vidualisierte, passiv selbstligie- rende Apparatur (Insignia™ cus- tom SL) und Insignia™ bei Ver- wendung des Damon®-Systems. Die Insignia™-Software kann verwendet werden, um patienten- spezifische konventionelle Twin Brackets sowie Aligner herzustel- len. Nutzer können die Insignia™- Software außerdem mit anderen Apparaturen wie Orthos®, Inspire ICE™ und, wie gesagt, Damon® verwenden. Der Unterschied zwischen der in- dividualisierten Insignia™-Appa- ratur und Insignia™ mit konven- tionellen Brackets ist die Individu- alisierung der dritten Dimension (Torque), die in die patientenspe- zifischen Brackets integriert ist. Dieser Unterschied sorgt für ei - ne erhebliche Einsparung an Be- 3-D-Konstruktion der Okklusion und Dentition vor und nach der Behandlung Das Design einer patientenindividuellen Apparatur ist nur so gut wie ihre Grundlage. Der Alveolarknochen in der Mitte des Unterkiefers, etwa auf Höhe des Widerstands - zentrums, bildet die stabilste Grundlage für eine nichtchirurgische Okklusionskons - truktion und für zuverlässige Weichgewebsergebnisse. PVS-Abdrücke liefern alle Informationen, die die Form und Größe der kortikalen Gren- zen des Unterkieferknochens beschreiben. Wenn die Abdrücke durch einen hochauf - lösenden CT-Scan digitalisiert werden, bieten sie ein präzises Modell der Anatomie des Patienten und dienen als Grundgerüst, auf dem die Okklusion des Patienten vor der Behandlung (Abb. 3) und, mittels Zahnsegmentierung und Bezugspunkten (landmarks), die Dentition konstruiert wird (T1). Dentale Modelle beinhalten zwischen 800.000 und einer Million digitaler Datenpunkte in jedem Zahnbogen; einzelne Zähne bestehen aus mehr als 40.000 Punkten. Eine solche Detailliertheit ermöglicht Okklusionen von nie dagewesener Präzision. Basierend auf der anatomischen Kartierung, klinischen Präferenzen und mathematischen Berech- nungen gestaltet die Insignia™ Software das Ziel-Set-up (T2). Obwohl die Software die skelettale Bogenform erfasst und das angestrebte Endergebnis entsprechend gestaltet, kann der Anwender innerhalb der anatomischen Grenzen jeden Aspekt der Behandlungsplanung und des Apparaturdesigns virtuell verändern. Craig Andreiko, DDS, MS, Director of Advanced Projects, Ormco Corporation Abb. 3: Das digitale Modell der unteren Okklusion des jeweiligen Patienten zeigt Form und Größe der kortikalen Grenzen des Unterkieferknochens. handlungszeit gegenüber derVer- wendung einer „Best-Fit-Torque“- Standardapparatur. Nachdem ich sowohl die patientenindividu el- le Insignia™ SL-Apparatur und Insignia™ mit normalen Damon®- Brackets verwendet habe, kann ich die im Vergleich höhere Wer- tigkeit der patientenspezifischen Apparatur bestätigen. Klinische Bewertung Meine ersten Erfahrungen mit der patientenindividuellen Insignia™ SL-Apparatur sammelte ich 2007 im Rahmen einer umfangreichen klinischen Untersuchung von ins- gesamt 41 vollständig behandel- ten Patienten. Die einzigen Aus- wahlkriterien waren, dass die Patienten keine fehlenden oder geschädigten Zähne ausweisen sollten, keine ausstehenden Res- taurationen und keine schlechte Mundhygiene. Diese Beschränkung der Krite- rien erfolgte, weil es mir nicht möglich gewesen wäre, diese zu- sätzlichen Behandlungen landes- weit zu koordinieren. Zu jener Zeit eröffnete ich gerade meine neue Praxis in Connecticut. Die klinische Untersuchung wurde in den Räumen von Ormco in Ka - lifornien durchgeführt, also fast 3.000 Meilen entfernt. Um eine Nachvollziehbarkeit seitens des durchführenden Anwenders zu erreichen, spielte ich die Rolle von Arzt und Assistenz zugleich, führte die Diagnose, die Behand- lungsplanung, das initiale Bon- ding, die Bogenwechsel etc. und alle Schritte für eine komplette Behandlung durch. Zu jedem Pa- tienten wurden vollständige Do- kumentationen angefertigt, ein- schließlich PVS-Abdrücke und iCAT®-Scans (Fa. Imaging Scien- ces, International, Hatfield, PA) zur Diagnose und Behandlungs- planung mithilfe der interakti- ven 3-D-Approver-Software von Insignia™. Auf Grundlage meiner Erfahrungen mit dem Damon®- System schätzte ich, dass die Be- handlungszeit bei den 41 Patien- a b c d Abb. 6a–d: Extraorale Aufnahmen vor Behandlungsbeginn. c c a d b e Abb. 7a–e: Intraorale Aufnahmen vor Behandlungsbeginn. a d b e Abb. 8a–e: Intraorale Aufnahmen mit geklebter individualisierter Apparatur.