6 | www.kn-aktuell.de WISSENSCHAFT & PRAXIS Nr. 7+8 | Juli/August 2014 Fortsetzung von Seite 4 gen der (Finishing)Bögen gerech- net werden kann. Für das initiale Nivellieren und Ausrichten wer- den dann gerade Standardbögen für die Dauer von drei bis fünf Monaten eingesetzt. Um im Verlaufe der Behandlung ein zweites dentales Set-up zu er- stellen, wird ein weiterer intra- oraler Scan bzw. eine weitere DVT-Aufnahme des Patienten an- gefertigt. Nach Prüfung und Frei- gabe dieses Set-ups werden für die weitere Korrektur der Zahn- position mithilfe eines Biegerobo- ters individualisierte SureSmile® Bögen hergestellt. Wird ein DVT für die Aufnahme verwendet, kann im Set-up auch die Position der Zahnwurzeln sowie der ver- fügbaren Alveolarknochen visua- lisiert und ggfs. korrigiert werden. Der Einsatz von 3-D-Röntgen- aufnahmen (wie DVTs) für die Planung und Evaluation der Be- handlung verbessert auch die Kommuni- kation des Kieferortho- päden mit dem Oralchirurgen oder dem Zahnarzt, indem ein interaktives Datenmodell für die chirurgische bzw. restaurative Planung verwendet werden kann. Ein wichtiger Vorteil des Sure - Smile® Systems stellt die Her- stellung indirekter Bondingtrays und individualisierter Bögen für linguale Fälle dar. Nachteile hin- gegen sind die Kosten und die eingeschränkte Verfügbarkeit. Als Alternative zu individuali- sierten Alignersystemen und Be- handlungsbögen sind diverse in- dividualisierte Lingualbracket- systeme am Markt verfügbar. Ein bekanntes Lingualsystem stellt hierbei IncognitoTM (Fa. 3M Uni- tek) dar. Des Weiteren wurden ANZEIGE Harmony (Fa. American Ortho- dontics) oder z.B. eBrace (Fa. Ri- ton Biomaterial) eingeführt. Ab- bildung 4 zeigt ein individualisier- tes linguales Behandlungssys- tem, welches elastische Module und Ligaturen verwendet, sowie ein System, welches selbstligie- rende Brackets für die linguale Behandlung mit festsitzenden Ap- paraturen verwendet. Essenziell für den Einsatz ge- nannter individualisierter lin- gualer Bracketsysteme sind ein Workflow, welcher mit einem di- gitalen dentalen Set-up beginnt, die Prüfung des Set-ups durch den Kieferorthopäden, die Her- stellung des jeweils individuel- len Lingualbrackets und eines Sets individualisierter Behand- lungsbögen sowie ein indirek- ter Bondingtray für das korrekte Platzieren der Brackets. Schließlich soll noch auf InsigniaTM eingegangen werden. Ein Sys- tem, welches die Firma Ormco für die kieferorthopädische Be- handlung mithilfe individuali- sierter bukkaler Brackets einge- führt hat. InsigniaTM bietet damit eine individualisierte Lösung für eine ganze Reihe von Ormco Bra- ckets an – DamonTM Q, DamonTM Clear sowie Inspire ICETM. Dabei verwendet InsigniaTM ein virtu - elles Planungssystem, welches die Grenzen des Zahnbogens an- zeigt, indem der Umriss des man- dibulären Alveolarknochens im Set-up dargestellt und entspre- chend beurteilt werden kann. digitalen dentalen Modelle kön- nen zudem überlagert werden, um Zahnbewegungen oder Wachstum zu beurteilen. (cid:129) Für jeden Fall ist ein digitales Set-up der Behandlung verfüg- bar. Alternative Behandlungs- pläne können erstellt und mit dem Patienten diskutiert wer- den. Es kann eine problemlose Kommunikation mit dem behan- delnden Zahnarzt oder Oralchi- rurgen bei der Erstellung eines virtuellen Behandlungsplans im Vorfeld der Behandlung er- folgen. (cid:129) Sofern erforderlich, können ein alternativer Behandlungsplan oder alternative Apparaturen online mit Kollegen diskutiert werden. a b und okklusale Kontakte zu kor- rigieren, unzureichend“ und wa- ren der Annahme, dass „die Stär - ke von Invisalign® dessen Ver- mögen war, Lücken zu schließen und anteriore Rotationen sowie unterschiedlich hohe Inzisalkan- ten zu korrigieren“. Sie ergänz- ten: „Invisalign® Patienten waren durchschnittlich vier Monate frü - her mit ihrer Behandlung fertig, als Patienten mit festsitzenden Apparaturen.“ Kravitz ND et al.8 veröffentlichten eine prospektive klinische Stu- die, welche die Wirksamkeit von Invisalign® bei der Bewegung von Zähnen untersuchte: „Wir haben noch viel zu lernen hinsichtlich biomechanischer Vorgänge und Wirksamkeit des Invisalign® Sys- tems. Ein besseres Verständnis des Vermögens von Invisalign®, Zäh ne zu bewegen, könnte dem Kliniker dabei helfen, geeignete Patienten für eine Behandlung auszuwählen, Bewegungsabläufe angemessen zu steuern und die Abb. 4a, b: Beispiele individualisierter lingualer Behandlungssysteme: IncognitoTM (a) und Harmony (b). Zudem kann die Okklusion der digitalen Planung beurteilt wer- den. Die Bracketsbasen können individualisiert und die virtuel - le Platzierung der Brackets mit - tels Positionierungsjigs für das indirekte Kleben auf die Denti- tion übertragen werden. Beim InsigniaTM System werden indi- vidualisierte Bögen nur für ho - rizontale Korrekturen gefertigt. Dadurch dass die Finishingbö- gen nicht full size sind, müssen jedoch etwaige Ungenauigkei- ten hingenommen werden. Die Kosten all dieser individua - lisierten kieferorthopädischen Systeme sind im Vergleich zu herkömmlichen festsitzenden Apparaturen um einiges höher. Es sollten daher auf jeden Fall Vorteile für Patient und Behand- ler mit deren Einsatz verbunden sein, um diese Preisdifferenz zu kompensieren. Folgt man den in Anzeigen sowie Werbebroschü- ren herstellender Firmen sowie in der Fachliteratur angegebenen Vorteilen, lauten diese wie folgt: (cid:129) Digitale dentale Modelle, leich- ter Datenzugriff, genaue Mes- sungen, Clipping- und Zooming- Funktion. Es ist kein Lagerraum erforderlich, die Modelle kön- nen nicht brechen und sind via Internet problemlos versendbar. Zudem sind jederzeit Kopien der Modelle verfügbar. Die Seg- mentierung der Dentition er- möglicht das virtuelle Bewe gen von Zähnen (dentales Set-up), sodass individualisierte kiefer - orthopädische Behandlungs- apparaturen auf Grundlage der digitalen dentalen Aufnahmen hergestellt werden können. Die (cid:129) Der Einsatz individualisierter Apparaturen sollte zu kürzeren Behandlungen und besseren Ergebnissen führen. Die Über- lagerung digitaler Aufnahmen ist möglich, um das Behand- lungsergebnis entsprechend zu beurteilen. (cid:129) Bei Alignersystemen ist kein Finishing-Schritt erforderlich, was Behandlungszeit spart. Das Settling der Dentition erfolgt, während die Aligner ausschließ- lich nachts getragen werden. (cid:129) Bei Systemen, die eine Kombi- nation von individualisierten Brackets und Bögen verwen- den, sollte die Finishingphase der KFO-Behandlung kürzer sein, da ein Repositionieren von Brackets und Biegen von Fini - shingbögen nicht länger erfor- derlich ist. Natürlich bedarf es umfassen- der Forschung, um die Effizienz dieser individualisierten Behand- lungsapparaturen objektiv be- urteilen zu können. So waren die Autoren einer systematischen Durchsicht verfügbarer Litera- tur zum Invisalign® System (La- gravère M. and Flores-Mir C)6 nicht in der Lage, eindeutige Schlüsse bezüglich der Effekti- vität dieses Systems zu ziehen. Djeu G et al.7 unterstrichen in ih- rer Übersicht die Notwendigkeit randomisierter klinischer Un ter - suchungen, um die Effektivität genannten Systems mit alterna- tiven Behandlungssystemen zu vergleichen. Sie schlussfolgerten: „Invisalign® war insbesondere in dessen Fähigkeit, umfangreiche anteroposteriore Diskrepanzen Notwendigkeit für ein Case Re - finement zu verringern.“ In einer Studie von Buschang PH et al.9, die kürzlich nur online erschienen ist, wurde eine Aus- wahl von 150 Patienten, die mit konventioneller Edgewise-Me- thode behandelt wurden, mit 150 mittels Aligner therapierten Pa- tienten verglichen. Dabei stellten die Autoren fest, dass die kon- ventionelle Edgewise- im Ver- gleich zur Aligner-Behandlung deutlich mehr Praxisbesuche (ca. 4), eine längere Behand- lungsdauer (5,5 Monate) sowie mehr Notfallbesuche (1) erfor- derte. Die Patienten dieser zwei Gruppen wiesen eine Klasse I- Molaren- und Klasse I-Eckzahn- relation, lediglich einen gerin- gen Engstand sowie einen Over- jet kleiner als 4 mm vor Beginn der Behandlung auf. Es wurde des Weiteren erwähnt, dass die Alignertherapie signifikant teu- rer war. Die Macher des SureSmile® Sys- tems behaupten, dass dieses nicht nur die Behandlungszeit redu- ziert, sondern darüber hinaus das Behandlungsergebnis verbes- sert. Zur Beurteilung von Thera- pieergebnis und Behandlungs- zeit waren randomisierte klini- sche Untersuchungen erforder- lich. Diese Studien sind jedoch für SureSmile® nicht verfügbar. Die Untersuchung von Saxe AK et al.10 verwendet das ABO und OGB (Objective Grading Sys- tem), um die Behandlungsquali - tät zu beurteilen. Es wurde fest- gestellt, dass SureSmile® Patien- ten durchschnittlich niedrigere Werte und eine kürzere Behand- lungszeit im Vergleich zu Patien- ten, welche mit konventionellen kieferorthopädischen Apparatu- ren behandelt wurden, aufwiesen. Allerdings war das Forschungs- protokoll für diese Studie unzu- reichend und die Schlussfolge- rungen daher nicht wissenschaft- lich geprüft. In der Studie von Altford TJ et al.11 wurden die Inklusions- und Exklusionskriterien zweier untersuchter Gruppen (63 Fälle konventionell und 69 Fälle mit SureSmile® behandelte Fälle) hingegen spezifiziert. So wurden Unterschiede in Alter, Geschlecht und DI-Wert (Discrepancy Index) der Malokklusion vor Behand- lungsbeginn miteinander ver- glichen. Nach erfolgter Behand- lung zeigten die ABO- und CRE- Werte (Röntgenauswertung), dass die SureSmile® Gruppe einen sig- nifikant niedrigeren DI-Wert auf- wies. Die Abweichung der Wur- zelangulation in der SureSmile® Gruppe tendier te dazu, geringer zu sein. Auch war die Behand- lungszeit der Sure Smile® Patien- ten wesentlich geringer: 31% kür- zer (7,2 Monate). Larson BE et al.12 beurteilten die Effektivität der SureSmile® Behandlung durch Über la - gerung der digital geplan- ten und tatsächlich erreich- ten Endergebnisse. Die Au- toren folgerten, dass „eine mesial-distale Zahnposition klinisch ideal bei allen Zäh- nen war, mit Ausnahme der ma- xillären lateralen Schneidezäh ne und zweiten Molaren. Eine fa- zial-linguale Zahnposition war klinisch ideal bei allen Zähnen, abgesehen von den maxillären zentralen Schneidezähnen, Prä- molaren und Molaren, den man- dibulären Schneidezähnen und zweiten Molaren. Eine vertikale Zahnposition war klinisch ideal bei allen Zähnen, abgesehen von den mandibulären zweiten Mo- laren. Hinsichtlich Kronentorque, Neigung und Rotation hatte die Diskrepanz die Grenzen über- schritten, welche klinisch als ideal für alle Zähne betrachtet wurden, abgesehen vom Kronentorque der mandibulären zweiten Prä- molaren und der Kronenneigung der mandibulären zweiten Prä- molaren und ersten Molaren. Die Autoren fassten zusammen: „Zu- sammen mit den Ergebnissen der aktuellen Studie zeigen die - se Resultate, dass der Einsatz ei- ner computerunterstützten Be- handlungstechnologie im Rah- men einer umfassenden KFO- Therapie Ergebnisse erzielen kann, die gleichwertig oder bes- ser sind als bei einer Behandlung mit einer konventionellen fest- sitzenden Apparatur. Kliniker sind dazu aufgefordert, das Wis- sen um die Dimensionen, in wel- chen die finale Zahnposition we- niger konstant ist als die vorher- gesagte Position, anzuwenden, um im virtuellen Behandlungs- plan entsprechenden Ausgleich zu schaffen.“ Sachedeva RC et al.13, welcher nicht unabhängig des Unterneh- mens SureSmile® agiert, veröf- fentlichte einen Artikel, in wel- Fortsetzung auf Seite 8