20 | www.kn-aktuell.de WISSENSCHAFT & PRAXIS Nr. 12 | Dezember 2014 12,5 % 87,5 % Abb. 8 Abb. 9 30,4 % 69,6 % Abb. 8: In einem kieferorthopädischen Patientengut (n=480) wiesen 12,5% der Patienten einen Verschluss des Ostiums eines Sinus maxillaris auf (rot), während 87,5% ein physiologisches Ostium zeigten (blau). – Abb. 9: In einem kieferorthopädischen Patientengut (n=480) wiesen 30,4% der Patienten eine sogenannte Concha bullosa (Pfeile) auf, während 69,6% der Patienten physiologische Nasenmuscheln aufwiesen (blau). Fortsetzung von Seite 18 für die komplette medizini- sche Befundung der Daten- sätze sowie sämtlicher ge- setzlicher Vorschriften. 4.3. Patienten und gesetzliche Ver- treter sollten über die Ein- schränkungen der DVT hin- sichtlich der Darstellung von Weichgeweben und Artefak- ten informiert sein. ANZEIGE Technische Parameter für die DVT-Anwendung in der KFO Field of View (FoV) Es gibt auf dem Markt DVT-Ge- räte mit fixem FoV und Geräte mit variabel einstellbarem FoV. Im Hinblick auf die spezifischen rechtfertigenden Indikationen ist in der Kieferorthopädie in der Regel ein mittleres bzw. ein gro- ßes FoV erforderlich. Doch wel- che Abmessungen muss ein mitt- leres bzw. großes FoV haben, um den kieferorthopädischen Anfor- derungen zu genügen? Nach ei- ner aktuellen Studie von Lichten- feld (2014) an 1.281 Datensätzen beträgt das ideale zylindrische FoV für die Anwendung im kie- ferorthopädischen Bereich 18cm Durchmesser und 15cm Höhe. Kombiniert man eine DVT-Auf- nahme des knöchernen Schä- dels mit einem strahlungsfreien Facialscan, ist bereits ein zylin- drisches FoV von 16 cm Durch- messer und 16 cm Höhe zur Er- fassung sämtlicher kephalome- trischer Referenzpunkte ausrei- chend (Uhlenbrock 2014). Steht lediglich die Darstellung der Dentition und der umliegenden knöchernen Struktur für einen kieferorthopädischen Zwi schen - befund an, müsste das FoV nach einer Studie von Stahlkopf (2014) an 1.000 Datensätzen idealerwei - se 11 cm Durchmesser und 8 cm Höhe betragen. DVT-Geräte mit sphärischen FoV (Durchmesser =15cm) sind für eine umfassen - de kieferorthopädische Diagnos- tik nicht geeignet, da nur bei 4% der erwachsenen männlichen Pa- tienten das Porion für eine ke- phalometrische Auswertung mit erfasst werden konnte (Schnei- der 2014). Aus kieferorthopädi- scher Sicht weisen zu kleine FoVs drei entscheidende Nachteile auf: (cid:129) sie erlauben nur eine sehr ein- geschränkte Diagnostik, (cid:129) sie sind wirtschaftlich unren - tabel, weil zwei kleine Aufnah- men teurer sind als eine Auf- nahme mit mittlerem FoV, (cid:129) sie gehen nur mit einer gerin- gen Strahlenhygiene einher, weil zwei kleine Aufnahmen ei ne höhe Strahlenbelastung aufweisen als eine Aufnahme mit einem mittleren FoV. Auflösung eines DVT für die KFO Die Auflösung von DVT-Aufnah- men kann zwischen 70µm und 600µm variieren. Gebräuchliche Einstellungen für kieferortho - pädische Fragestellungen sind 200 µm, 250 µm, 300 µm, 400 µm oder 600µm. Die individuell ein- zustellende Auflösung für DVT- Aufnahmen in der Kieferortho- pädie hängt ausschließlich von der klinischen Fragestellung ab. Für ei ne hochaufgelöste DVT- Auf nah me zur Beantwortung kiefer orthopädischer Fragestel- lungen ist eine Voxelgröße von 250 µm völlig ausreichend. Hö- here Auflösungen gehen nur mit einer erhöhten Strahlenbelastung einher, ergeben aber keine zusätz- lichen diagnostischen Informatio- nen wie eine experimentelle Stu- die mit anatomischen Präparaten als Goldstandard zeigen konnte (Schattmann 2012). Individuelle Aufnahmeparameter (mA und Zeiten) Zur Anfertigung von DVT-Auf- nahmen für kieferorthopädische Fragestellungen sollten DVT-Ge- räte mit der Möglichkeit zur in- dividuellen, stufenlosen Einstel- lung der Aufnahmeparameter (insbesondere der mA-Werte) verwendet werden. Nur dadurch kann eine drastische Reduktion der individuellen Strahlenbelas- tung erreicht werden. Hierfür hat das MESANTIS 3D DENTAL- RADIOLOGICUM den Begriff „IADR“ (IndikationsAbhängige DosisReduktion) geprägt. Die in - dividuelle Einstellung von mA- Wert und Umlaufzeit bei vorge- gebenem FoV und vorgegebener Auflösung erlaubt eine signifi- kante Reduktion der Strahlen- belastung selbst unter die Werte von konventionellen digitalen Röntgenaufnahmen in der Kiefer - orthopädie (Bumann et al. 2014). Strahlenbelastung von DVT-Aufnahmen Die effektiven Dosen zwischen einzelnen DVT-Geräten verschie- dener Hersteller schwanken sehr stark (S2k-Leitlinie der DGZMK 2009). Daher sind DVT-Geräte im Hinblick auf die Strahlenbelas- tung keine uniforme Gerätekate- gorie, sondern sehr heterogen. Und selbst innerhalb eines Gerä- tes schwankt die Strahlenbelas- tung in Abhängigkeit von den aus- gewählten Aufnahmeparametern enorm (Rottke et al. 2013). Des- wegen sind für einen verantwor- tungsvollen DVT-Betrieb in der Kieferorthopädie nicht nur um- fangreiche KFO-fachspezifische, sondern auch DVT-fachspezifi- sche Kenntnisse erforderlich. Berücksichtigt man ausschließ- lich „ICRP 2007-konforme“ Stu- dien, gehen konventionelle digi- tale Röntgenaufnahmen für die Kieferorthopädie mit einer ef- fektiven Dosis zwischen 26,0µSv und 35,8µSv einher (Ludlow et al. 2008, Grünheid et al. 2012, Patcas et al. 2014). Auf der Basis einer Metaanalyse ergaben sich für konventionelle DVTs folgende effektive Dosen (S2k-Leitlinie der DGZMK): (cid:129) FoV < 10 cm: 92 µSv (cid:129) FoV 10 bis 15 cm: 118 µSv (cid:129) FoV > 15 cm: 114 µSv Diese Werte sind für den zielge- richteten klinischen Einsatz na- türlich sehr verwirrend, weil es sich hier um Mittelwerte handelt und nicht um klinisch optimaler- weise anwendbare Parameter. Bei Verwendung von einem DVT- Gerät mit individuell einstellba- ren Aufnahmeparametern, das deutlich mehr klinische Erfah- rung bei der DVT-Anwendung in der Kieferorthopädie erfor- dert, konnten Ludlow und Wal- ker (2013) effektive Dosen zwi- schen 11 und 18µSv nachweisen. Neueste Studien an dem DVT- Gerät „MESANTIS line II“* un- ter Anwendung des IADR-Kon- zeptes konnten für ein FoV von 20 x 17cm effektive Dosen zwi- schen 12 und 31µSv und für ein FoV von 20 x 10cm effektive Do- sen zwischen 10 und 24µSv nach- weisen (Bumann et al. 2014, Wäh- risch 2014). Damit liegen die ef- fektiven Dosen geeigneter DVT- Geräte im selben Bereich oder sogar unter den Dosen von kon- ventionellen digitalen Röntgen- aufnahmen. Es muss hier jedoch nochmals explizit betont wer- den, dass diese niedrigen Werte nur mit DVT-Geräten der neues- ten Generation mit individueller, stufenloser Einstellung der Auf- nahmeparameter erzielt werden können. Prävalenz diagnostisch relevanter DVT-Befunde Renkema et al. (2013) konnten nach einer Untersuchung von 302 kieferorthopädisch behan- delten Patienten fünf Jahre nach Abschluss der kieferorthopädi- schen Behandlung bei 38 % der untersuchten Patienten vesti - buläre Gingivarezessionen bzw. Knochendehiszenzen nachwei- sen. Diese hohe Prävalenz legt den Verdacht nahe, dass präthe- rapeutisch bereits knöcherne vestibuläre Knochendehiszenzen vorgelegen haben müssen. Eine Untersuchung von 4.319 Zähnen in DVT-Datensätzen von 79 Patienten mit Angle-Klasse I Studie Effektive Dosis Ludlow et al. 2008 Grünheid et al. 2012 Patcas et al. 2012 35,0 µSv 26,0 µSv 35,8 µSv Abb. 10: Auflistung effektiver Dosen konventioneller digitaler kieferorthopädischer Röntgenaufnahmen aus den drei international verfügbaren ICRP 2007 konformen Dosisstudien. Danach gehen konventionelle kiefer - orthopädische Röntgenaufnahmen mit einer Dosis von 26,0 µSv bis 35,8 µSv einher. LD-IADR LD-IADR LD-IADR LD-IADR LD-IADR mA 2,0 2,5 3,2 4,0 5,0 Zeit Voxel Effektive Dosis 9.0 9.0 9.0 9.0 9.0 600 µm 600 µm 600 µm 600 µm 600 µm 12,3 µSv 15,3 µSv 18,4 µSv 24,5 µSv 30,7 µSv Abb. 11: Auflistung effektiver Dosen bei Verwendung von IADR-Protokollen (IADR = IndikationsAbhängige DosisReduktion) mit modernsten DVT-Geräten, die eine stufenlose Reduktion der mA-Werte erlauben. Die ICRP 2007 konforme Dosisstudie ergab effektive Dosen zwischen 12,3 µSv und 30,7 µSv. Die Dosiswerte der neuen IADR-DVTs liegen im Bereich der effektiven Dosen konventioneller kieferorthopädischer Röntgenbilder bzw. deutlich darunter.