14 | www.kn-aktuell.de WISSENSCHAFT & PRAXIS Nr. 12 | Dezember 2015 der nicht verbundenen unteren Zähne führen kann und das Trans- fer-Tray, das wir angefertigt haben, dann möglicherwei se nicht mehr zu den Zähnen passt. Erneut beschlossen wir, nicht al le Zähne zu bekleben, son dern nur die Frontzähne 33 bis 43. Der Zahn 31, der nach bukkal geneigt war, wurde nicht mit dem Drahtbogen verbunden. Der Grund dafür ist nicht technischer Natur! Beachten Sie, dass der Draht hinter dem Zahn platziert wird, wenn wir ihn also zu die- sem Zeitpunkt mit eingebunden hätten – solange kein Platz ge- wonnen oder geschaffen wurde –, wäre der Engstand noch schlim- mer geworden (Abb. 6a bis c). Nach 16 Wochen Behandlung Der Drahtbogen des oberen Zahn- bogens wurde durch einen .016⬙er CNA BETA III™ (Fa. Adenta) er- setzt. Dieser Bogen ist steifer als der FLEXADENT™ und bietet so mit mehr Kontrolle für leich - tere, exakte Zahnbewegungen. Auch wenn die oberen mittleren Schneidezähne fast komplett ausgerichtet sind, zeigen sie im- mer noch etwas mehr nach buk- kal als die seitlichen Schneide- zähne. Es liegt nicht genügend Platz vor, um sie im Zahnbogen auszurichten. Daher sollte zeit - nah eine approximale Schmelz- reduktion durchgeführt werden. Die posteriore Okklusion hat sich aufgrund der Proklination der oberen und unteren Frontzähne sowie aufgrund des fehlenden Kontaktes zwischen den unteren Schneidezähnen und des oberen lingualen Brackets auf dem oberen Frontzahn verbessert. Der un tere Drahtbogen wurde durch ei nen labialen .016⬙er FLEXADENT™- Bogen ersetzt, mit zusätzlicher Anbringung einer offenen Spiral- feder aus Nickel-Titan zwischen den Zähnen 32 und 41, um Platz für den Zahn 31 zu schaffen (Abb. 7 bis 9). Dieser Fall zeigt, dass auch labiale Bögen für die Lingual- technik leicht angepasst werden können. Da die Lingualbögen nur bis .014⬙ erhältlich sind, wir je- doch in diesem Fall ein leicht hö- heres Kraftniveau einsetzen woll- ten, haben wir einen labialen Be- handlungsbogen an die linguale Bogenkurvatur angepasst. Nach 24 Wochen Behandlung Nachdem die Ausrichtung bei- nahe abgeschlossen ist, ist es Zeit, die approximale Schmelzreduk- tion durchzuführen und die obe- ren Zähne nach palatinal sowie die un teren Zähne nach lingual zu bewegen. Der Grund für die - se „Rundreise“, zuerst die Zäh - ne nach vorn und dann nach hin - ten zu bewegen, besteht darin, sicherzustellen, dass die ASR dann durchgeführt wird, wenn keine Rotation vorliegt und die Kontaktpunkte frei und sichtbar sind. In dieser Phase können wir auch abschätzen, wie viel Schmelz - reduktion tatsächlich erforder- lich ist, um sowohl die erwünsch - te Ästhetik als auch die Front- zahnfunktion zu erreichen. Die ASR erfolgt mithilfe einer Loch- scheibe der Firma Komet mit ei- ner Breite von 0,14mm. Ein Mess - gerät wird verwendet, um sicher- zustellen, dass das Maß von 0,2mm von jeder Seite der Zähne nicht überschritten wird. Des Weiteren kommen Dental Sof-Lex-Polier- streifen (Fa. 3M ESPE) zum Ein- satz, um eine glatte Oberfläche zu erhalten. Zudem werden Fluo - ridierungs löffel verwendet, um die Oberfläche des Zahnschmel- zes zu remineralisieren (Abb. 10a und b). Der .016⬙ CNA BETA III™-Bogen wird mit „Step-in“- und „Step- out“-Biegungen (Abb. 11) modi- fiziert. Das Verfahren des Draht- biegens und die Zangen, die hier- bei zum Einsatz kommen, wer- den übrigens unter folgendem Link genauer beschrieben: www. drromano.com/youtube in „Lin- gual Orthodontics – Wire Bending“. a b c a b d Abb. 5a–d: Vorder- und Seitenansichten der Okklusion nach dem Bekleben. Zu beachten ist die leichte Bissöffnung bei den hinteren Zähnen (a–c). Oberer Zahnbogen mit aufgeklebten JOY™ Lingualbrackets. Hier ist erwähnenswert, dass die geringe Größe der Brackets es uns ermög- lichte, sie gemäß der Längsachse des Zahnes zu platzieren, obwohl eine Überlappung zwischen Zahn 11 und 12 vorliegt. Wichtig ist auch die Biegung im Drahtbogen zwischen dem Eckzahn und dem Prämolaren. Diese Biegung wurde so ausgeführt, um den Unterschied in der Breite zwischen den Frontzähnen 3-3 und den Seitenzähnen auszugleichen, und sollte passiv sein, um Nebenwirkungen wie Aufweitung oder Verengung des Zahnbogens zu vermeiden. c Abb. 6a–c: Erste Ausrichtung. Beachten Sie das Aufrichten und die Derotation des Zahns 21 während der sechswöchigen Behandlungszeit. Die Technik, die wir ver- wendet haben, um die Brackets auf dem Gipsmodell zu platzieren, erwies sich als exakt genug für die erste Ausrichtung (a). Vorderansicht des Overjets der Patientin. Zu beachten ist, dass dieser sich aufgrund der Bewegung der Zähne nach bukkal während der Ausrichtungsphase vergrößert hat (b). Kleben des unteren Zahnbogens. Zahn 31 wurde nicht mit dem Drahtbogen (0,012⬙er FLEXADENT™-Bogen) verbunden, bis die erste Ausrichtung stattgefunden hat (c). Fortsetzung von Seite 13 Behandlungs verlauf Nach sechs Wochen Behandlung Die Lingualbrackets wurden zunächst im oberen Zahnbogen (Zähne 15 bis 24) geklebt. Wir be- schlossen, die Zähne vom Bon- ding auszuschließen, die Kronen aufwiesen, um deren Positionen nicht zu ändern (die auf den un- teren Zahnbogen ausgerichtet waren) und um Verbundbrüche zu vermeiden, die beim Kleben von Brackets auf Porzellankro- nen recht häufig auftreten. Für den ersten Drahtbogen ver- wendeten wir einen .012⬙er THERMADENT™ hitzeakti- vierten Nickel-Titan-Bogen (Fa. Adenta). Diese Drahtgröße galt noch vor wenigen Jahren als zu weich und nicht stark genug, um Zähne zu bewegen. Doch heute wissen wir, dass eine geringe Kraft mit vergrößertem Abstand zwi- schendenBrackets ausreichende Momente erzeugt, um Zäh ne zu be- wegen. Der Grund dafür, dass der obere Zahnbogen zuerst beklebt wurde, beruht darauf, dass die Zun ge im Gaumen mehr Platz hat, sodass sich der Patient an die Lin- gualapparatur gewöhnen kann. Zu beachten ist, dass die Lingual- brackets an den vorderen oberen Zähnen zu einem vorübergehen- den offenen Biss führen. Dieser kann eine Elongation der hinte- ren Zähne verursachen und sollte daher während der ge sam ten Be- handlung sorgfältig überwacht werden (Abb. 5a bis d). Nach zwölf Wochen Behandlung Beim zweiten Termin war er- kennbar, dass die oberen Front- zähne sich begannen auszurich- ten. Der Overjet wurde aufgrund der Proklination der Frontzähne während der Ausrichtung erhöht. Es wurden die unteren lingualen Brackets aufgeklebt. Es ist nicht empfehlenswert, zu lange zwi- schen dem Kleben der oberen und unteren Brackets zu warten, da der Kontakt zwischen den Zahnbögen zu einer Bewegung a b c d e Abb. 7: Der obere Drahtbogen wurde durch einen .016⬙er CNA BETA III™-Bogen ersetzt. Zu beachten ist die anteriore Position der Zähne 11 und 21. Die Derotation von Zahn 11 ist fast abgeschlossen. Abb. 8a–e: Vorder-, Seiten-, Schräg- und Overjet-Ansicht der Okklusion nach nur dreieinhalbmonatiger Behandlung. Obwohl kein Labor eingesetzt wurde, die gesamte Bracketplatzierung und Erstellung des Transfer-Trays in der Praxis durchgeführt wurde und auch keine Biegung des Drahtbogens stattgefunden hat, ist die Ausrichtung bereits sehr zufriedenstellend.