Nr. 4 | August 2009 PRAXISMANAGEMENT | 17 Patient 50+ wohlhabendes Klientel: Noch lange kein altes Eisen Die Generation 50+ wächst, doch der Markt reagiert nur langsam, so bleibt das Geld der Best Ager in vielen Fällen sicher verwahrt auf dem Konto, statt ausgegeben zu werden und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Der Gang zum Zahnarzt ist für viele Menschen ohnehin schon problematisch, doch mit zunehmendem Alter werden die Ängste nicht weniger. Im Gegenteil, sie steigern sich eher noch. Umso wichtiger ist, dass der Zahnarzt auf ganzer Linie überzeugt. Dingen seriös und im Inter- esse des Patienten agieren. Gewinnt der Patient den Ein- druck, dass es dem Zahnarzt darum geht, ihm eine mög- lichst teure, aber vielleicht nicht unbedingt nötige Be- handlung zu verkaufen, sucht er sich einen anderen Behandler. Überzeugen, nicht überreden Es ist ein großer Unterschied, ob eine Person eine andere überzeugt oder ob sie diese überredet.Wer einen anderen überredet, dem geht es in der Regel darum, zu gewinnen. Es wird Druck aufgebaut und die Sache an sich rückt in den Hintergrund. Anders bei der Überzeugung – hier sprechen die Argumente für sich; sie ermöglichen es, dass das Gegenüber einlenkt und sich überzeugen lässt. Jemanden zu überzeugen ist eine Kunst, bei der es am Ende nur Ge- winner gibt. Durch ihre Le- benserfahrung und meist auch durch die vielen Jahre im Beruf reagieren die Best Ager häufig besonders emp- findlich auf Druck. Bekom- men sie den Eindruck, dass ihr Gegenüber eine Entschei- dung provozieren will, ent- ziehen oder verweigern sie sich. Umso wichtiger ist es für den Zahnarzt, zwar die Richtung vorzugeben und den Patien- ten durchaus auch zu leiten, doch darf das nicht mit Allge- meinsätzen, einer unhöf- lichen Art oder von oben herab gesche- hen. Für die Kunst der Überzeugung ist es notwendig, Auftreten, Kompetenz, Pro- dukt-Know-how und nicht zu vergessen der Sympathie- faktor helfen dem Zahnarzt dabei, den Patienten, der lie- ber früher als später die Pra- xis verlassen würde, auf Extra-Verfahren und Be- handlungsmethoden hinzu- weisen, die für ihn sinnvoll wären. Die richtige Anspra- che ist bei den Best Agern ab 50 Jahren nicht nur wichtig, sondern essenziell für eine Kaufentscheidung. Über 30 Millionen Deutsche sind be- reits über 49 – eine Klientel, die 40 Prozent der Bevölke- rung stellt, muss richtig wahrgenommen und adä- quat angesprochen werden. Auftreten und Know-how So mancher Best Ager tut sich schwer damit, sich von einem Zahnarzt beraten und überzeugen zu lassen, der beispielsweise wesentlich jünger ist. Geduld und ein freundliches und ruhiges Auftreten helfen dem Zahn- arzt, das Vertrauen seines Pa- tienten zu gewinnen, doch nichtsdestotrotz ist Fach- wissen und Know-how über die neuesten Entwicklungen und kommende Verfahren sowie Behandlungsmetho- den, gerade im Umgang mit den Best Agern, besonders wichtig. Schließlich haben diese bereits einiges an Le- benserfahrung, sind in der Regel sehr kompetent und in- formiert – und so wollen sie auch behandelt werden. Manchmal erschwert sich die Situation, weil der junge Zahnarzt zu zackig oder von oben herab agiert und sich nicht genügend Zeit nimmt, während der Best Ager noch Fragen hat oder sich unver- standen und damit auch nicht perfekt betreut fühlt. Der 50+-Patient gibt dem jün- geren Zahnarzt darüber hin- aus oft das Gefühl, dass er seine Kompetenz erst ein- mal unter Beweis stellen muss. Beides sind keine guten Voraussetzun- gen für eine gute Beziehung. Kundenkontakt auf Augenhöhe Bei der Generation 50+ handelt es sich um Menschen, die mitten im Leben stehen. Sie sind aktiv, gehen ins Fitnessstudio und fahren viel in den Ur- laub. Wer so mitten- drin ist und Lust auf das Leben hat, will keine Probleme mit den Zähnen haben. Je grö- ßer die Angst, desto bereitwilliger geben die Menschen Geld aus. Auch wenn dem Zahnarzt diese Angst fak- tisch entgegen- kommt, darf er nicht zu sehr da- mit spielen, son- dern sollte, ganz im Gegenteil, be- dächtig, voll und vor allen respekt- zu ergründen, um was für ei- nen Typ Mensch es sich han- delt. Wer das genau bestim- men kann, ist in der Lage, seine Argumentation genau auf sein Gegenüber abzu- stimmen und so zu überzeu- gen. Man unterscheidet drei unterschiedliche Typen: den visuellen, den auditiven und den kinästhetischen Typen. Der visuelle Typ spricht schnell, trägt gern auffällige Kleidung und ist ein Macher- und Leistungstyp. Seine Be- wegungen sind schnell und er entscheidet auch schnell. Den visuellen Typ erkennt man auch an der Wortwahl, fällige Kleidung und ist in- trovertiert. Er ist vorsichtig und achtet bei seinem Gegenüber sehr auf die Wortwahl. Der auditive Typ benutzt Worte und Phrasen wie „Akzente setzen“, „Ton angeben“, „informieren“, „durchsprechen“, „bemer- ken“ oder „berichten“. Der auditive Typ hört gerne viel über die Behandlung und möchte auch wissen, was an- dere Patienten sagen, die sich bereits dafür entschie- den haben. Zitate, Meinun- gen und Erfahrungen helfen dem auditiven Typen bei der Entscheidung. „Für die Kunst der Überzeugung ist es notwendig, zu ergründen, um was für einen Typ Mensch es sich handelt.“ denn er verwendet Worte und Phrasen wie „beobach- „im Auge behalten“, ten“, „unterscheiden“, „Über- blick“, „demonstrieren“ oder „Fokus.“ Der visuelle Typ be- geistert sich für Präsentatio- nen, Bilder, Videos oder Schaustücke. Wer bei ihm eine bildhafte Äußerung an- regen möchte, kann das tun, indem er nach oben schaut. Das regt den visuellen Typ an, selbst nach oben zu bli- cken und damit ebenfalls eine bildhafte Vorstellung zu konstruieren. Hat der Zahn- arzt einen visuellen Typ auf dem Stuhl und will ihn von der Notwendigkeit einer Extra-Behandlung überzeu- gen, ist es ratsam,Vor- her-Nachher-Bil- der oder Rönt- genbilder zu zei- gen. Der auditive Typ spricht langsa- mer, bedachter und achtet im G e g e n s a t z zum visuellen Typ auf die Pausenset- zung. Er hat eine ruhige S t i m m e , trägt unauf- und Farben, Der kinästhetische Typ hat eine weiche Stimme, seine Bewegungen sind langsam und fließend, er trägt gerne unauffällige ist friedfertig braucht lange, um eine Entscheidung zu fällen. Der kinästhetische Typ beschreibt seine Welt mit Gefühlen, was man deutlich an seiner Wortwahl erkennt. Er benutzt Worte wie „beein- drucken“, „begreifen“, „In- stinkt“, „konkret“, „ergrei- fen“ und „durchziehen“. Handelt es sich bei einem Pa- tienten um einen kinästheti- schen Typ, ist es hilfreich, eine Behandlung oder ein Vorgehen anhand eines plas- tischen Modells vorzustel- len. Alles, was der kinästhe- tische Typ tatsächlich in die Hand nehmen kann, nützt im Gespräch und erleichtert ihm die Entscheidung. Zu- sätzlich ist der kinästheti- sche Typ sehr körperlich. Ein aufmunterndes Schulter- klopfen und zum Abschied unbedingt ein Händeschüt- teln flößen ihm Vertrauen ein und stehen für eine stabile Beziehung. Das Abstimmen der Argu- mentation auf den Patienten durch die Bestimmung des Typs ist eine wirkungsvolle Überzeugungsmethode, die unaufdringlich und dennoch Erfolg bringend ist. Eine weitere Möglichkeit ist die Abstimmung der Argumen- tation durch die Bestim- mung des Musters, nach dem der Patient bei der Ent- scheidungsfindung vor- geht. Erkennt ein Zahnarzt, dass sein Patient nach dem „Auf etwas zu“-Mus- ter agiert, dann sollte er über all die Dinge spre- chen, die die Behandlung ermöglichen,über das,was dadurch erreicht wird und viel unkomplizierter wird. Unterstützende Gesten wie das Nicken mit dem Kopf oder das Zeigen auf ein Produkt oder in eine spezi- fische Richtung unterstüt- zen die positive Wirkung noch. Handelt es sich bei dem Patienten um eine Person, die nach dem „Von etwas weg“-Muster agiert, wäre eine solche Vor- gehensweise in der Argu- mentation kontraproduktiv. Hier ist es angebracht, darü- ber zu sprechen, welche Pro- etwas bleme nicht eintreffen wer- den, welche Gefahren damit gebannt sind und was durch die Behandlung vermieden wird. Argumentation nach dem „Auf zu“-Muster: „Durch die professionelle Zahnreinigung werden Ihre Zähne heller. Das sieht schön aus und ist auch noch gut für Sie, weil die Wahr- scheinlichkeit, dass eine ka- riöse Stelle unentdeckt bleibt, deutlich sinkt. Sie ha- ben dann ein Jahr Ruhe, be- vor Sie wieder herkommen sollten.“ Argumentation nach dem „Von etwas weg“- Muster: „Sie haben die dunk- len Verfärbungen, die durch Tee oder Kaffee entstehen, nicht mehr. Sie brauchen nicht noch einmal extra zur Zahnsteinentfernung zu kommen, denn das machen wir gleich mit und das Ka- riesrisiko, was ja bedeutet, dass Sie ein Loch bekom- men, sinkt auch.“ Beim „Von etwas weg“-Muster wird viel über Probleme gesprochen, die auftreten können. Beim „Auf etwas zu“-Muster dage- gen wird angesprochen, was durch die Behandlung oder das Vorgehen alles erreicht werden kann, was der Pa- tient sich erhofft und was eintreten wird. Letztlich wird gezielt auf den Patien- ten eingegangen. Dadurch, dass seine Vorgehensweise, sein Aktionsmuster für die Argumentation herangezo- gen und bedient wird, fühlt sich der Patient mit seinen Wünschen beziehungsweise Ängsten ernst genommen und gut betreut. Einwände sind Kaufsignale nicht Wer schon einmal etwas ge- kauft hat, weiß, dass Ein- wände ein ganz normaler Be- standteil des Verkaufsge- sprächs sind. Man äußert sie, weil in mindestens einem Punkt noch Klärungsbedarf besteht, weil man ausloten will, ob der Preis verhandel- bar ist oder weil man ergrün- den möchte, ob es noch Alter- nativen gibt, über die bislang noch gesprochen wurde. Einwände sind Kauf- signale und damit Teil der E n t s c h e i d u n g s f i n d u n g . Umso wichtiger ist es, dass sie richtig behandelt werden. Äußert der Patient also einen Einwand, dann ist es unbe- dingt notwendig, dass der Zahnarzt ruhig und freund- lich reagiert und erklärt, wa- rum der Einwand z.B. zum Preis nicht gerechtfertigt ist. Manchmal reicht allein die Erklärung „dass das Implan- tat sehr hochwertig und die Herstellung schwierig ist“ be- reits aus und der Patient wollte lediglich die Begrün- dung hören. Oft fragen Zahn- ärzte allerdings nicht richtig nach, weil sie befürchten, der Patient könne es ihnen übel nehmen und das Gefühl be- kommen, als würde er ihm et- was aufnötigen. Sagt ein Pa- tient zum Beispiel „Das Blea- ching ist mir zu teuer“ stellen zahlreiche Zahnärzte ihre Verkaufsambitionen schlag- artig ein, statt dem Patienten erst einmal zu signalisieren, dass seine Bedenken ernst genommen werden. Sinnvoll ist es, auf eine solche Äuße- rung des Patienten zu ant- worten: „Gut, dass Sie diesen Punkt so offen ansprechen. Warum denken Sie, dass der Preis zu hoch ist?“ Unter Um- ständen wird der Patient im Verlauf des Gesprächs darauf hinweisen, dass ein Blea- ching, welches er zu Hause selbst durchführen kann, deutlich günstiger ist. Ist das der Fall, ist der Zahnarzt in der Lage, rational zu argu- mentieren und könnte dem Patienten erklären, dass das Bleaching zu Hause in puncto Erfolg, besserer Verträglich- keit und Langlebigkeit nicht mit dem beim Zahnarzt zu vergleichen ist. Auch die Technik der Gegenfrage ist ein wertvolles Instrument, um auf subtile Art und Weise zu überzeugen. Schließlich spielt der Zahnarzt hier den Ball zurück an den Patienten: „Was wäre für Sie ein Grund, das langlebigere Implantat einer Brücke vorzuziehen?“ Der Patient beantwortet die Frage und der Arzt kann nun, wenn er auf diesen Vorschlag nicht eingehen kann, einen Kompromiss anbieten. In je- dem Fall bleibt das Gespräch in Gang. Professionalität, Ge- duld und echtes Interesse für die Ängste und Wünsche des Patienten sind gerade bei den Best Agern wichtig. Sie brau- chen für die Entscheidung mehr noch als andere Patien- ten logische Argumente. Diese können eingeleitet werden durch „Tatsache ist …“, „sicher ist …“, „des- halb“ oder „wenn … dann …“. Haben sich die Best Ager von der Kompetenz des Zahnarztes überzeugt und fühlen sich gut betreut, dann sind sie stabile und treue Pa- tienten, die bereit sind, Geld für Extra-Behandlungen auszugeben. Autor Marc M. Galal Marc M. Galal ist Vertriebsexperte und lizenzierter NLP-Trainer. Auf die- ser Grundlage hat er das Verkaufs- konzept NLS® Neuro-Linguistic-Sel- ling entwickelt. Eine einzigartige Verkaufslinguistik macht NLS® zu ei- nem unentbehrlichen Werkzeug für den modernen, professionellen Ver- käufer. Adresse Marc M. Galal Institut Rudolfstr. 13–17 60327 Frankfurt am Main Tel.: 0 69/74 09 32 70 E-Mail: info@marcgalal.com www.marcgalal.com