16 | PRAXISMANAGEMENT Nr. 2 | April 2010 Praxismanagement mit Körper und Geist Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Sein Praxisteam erfolgreich führen zu wollen, heißt noch lange nicht, es auch zu können. Wie aber können Parodontologen ihre Mitarbeiter dazu verFühren, dass sie ihre Individualität entfalten und so zu hoch motivierten, treibenden Kräften in der Praxis werden? Häufig erreichen Chefs durch fehlende Führungsqualitäten gerade das Gegenteil: Sie führen ihre Mitarbeiter ungewollt in die Irre. ihre Mitarbeiter dazu zu ver- Führen, echte Leidenschaft für die Praxis zu entwickeln, weil sie ihre ursprünglichen Talente fördern können. Findet dieser kritische Dialog nicht statt, wird es sehr ruhig. Zahnärzte, die in der Ruhe die Lösung sehen, ver- kennen, dass in den ruhigen und geordneten Praxen gute Leute schon zu Staub und Asche geworden sind. Wo ist es in einer Stadt besonders ruhig? Genau, am Friedhof. Und genau dort befinden sich diejenigen Parodontologie-Praxen, in de- nen der konstruktive Konflikt der Rollen nicht mehr gefördert wird. auch eine persönliche Füh- rungsethik definiert haben. Darin bekennt er sich schrift- lich und eindeutig, wie er Mitar- beitern begegnen will und was er persönlich dazu tut, um den konstruktiven Konflikt zu för- dern und zu Ergebnissen zu kommen. Gemeinsame Interessen Ein weiterer wichtiger Punkt für den gemeinsamen Erfolg ist grundsätzlich, dass alle Mit- arbeiter in einer Praxis die glei- chen Interessen verfolgen. Ge- meinsame Interessen bedeu- Dies sind nur einige Punkte, die zu Wachstum oder Niedergang innerhalb einer Praxis führen können. Letztendlich liegt es immer am Zahnarzt und Chef, ob es ihm gelingt, ein Feld zu öffnen und individuelles Wachstum zu ermöglichen. Dies erfordert jedoch ein Know-how, das den Parodon- tologen als Führungskraft in die Lage versetzt, einen ande- ren, wenn auch für die eigene Vorstellung völlig außerge- wöhnlichen, Blickwinkel ein- zunehmen. Aber was wissen Zahnärzte – gerade in großen Praxen – schon von ihren Mit- arbeitern? Erkennen sie diese tet, dass alle Mitarbeiter die große Idee der Parodontologie- Praxis tragen und es gleichzei- tig als eine wichtige Aufgabe betrachten, die Interessen der Patienten zu erfüllen. Darüber hinaus sollen sie natürlich auch ihre individuellen Werte wah- ren können. Wenn eine Praxis aus Mitarbeitern besteht, die sich ausschließlich aus mone- tären Gründen zusammenge- funden haben, kann man eigentlich auch von einer Söld- nertruppe sprechen. In erfolg - reichen Zahnarzt-Praxen ist es grundsätzlich so, dass neben den monetären Gründen eben auch die große gemeinsame Idee, der gegenseitige Respekt und das vernünftige Einhalten von definierten Regeln gleich- berechtigt im Vordergrund ste- hen. Dass dies stattfinden kann, dafür hat der Zahnarzt als Füh- rungskraft zu sorgen und seine Mitarbeiter zu verFühren, die- sen Dialog mitzugestalten. Hier nun einige konkrete Punkte, was Parodontologen als Unter- nehmer tun und lassen sollten: IrreFühren (cid:129) konkrete Zielvorgaben, aber fremdbestimmt (cid:129) management by objectives (cid:129) Rationalität, nur Zahlen zäh- len (cid:129) Laissez-faire (cid:129) mechanistisches System (cid:129) Gleichmacherei VerFühren (cid:129) eigene Ziele – gemeinsames Lernen (cid:129) bewusste Selbstorganisation (cid:129) Zahlen- und Mensch-Strate- gie (cid:129) kraftvolle Visionen (cid:129) organisch sich ergänzend (cid:129) sittliche Eliten, fairer Wettbe- werb als Menschen oder nur als Mit- arbeiter, als Erfüllungsgehil- fen zum Wohl des Patienten? Die rein fachliche Brille und das Minimieren von persön- lichen Gefühlen sowie die Angst vor Fehlern lässt viele Zahnärzte daran scheitern. Sie kennen sich mit ihrem Handy besser aus als mit sich selbst, ihren Mitarbeitern, oder – ge- nerell – dem Mensch als Indivi- duum. Deshalb können sie auch kaum verFühren. Nur wenn der Parodontologe den Mut hat, sein eigenes bis- her gewohntes und gelerntes Verhalten infrage zu stellen und mit außergewöhnlichen Betrachtungsweisen den eige- nen Horizont zu erweitern, wird er in der Lage sein, seine Mitarbeiter zu außergewöhn- lichen Leistungen zu verFüh- ren. Dann kann er die Mitar- beiter und sich selbst in einem definierten Umfeld und zum Besten des Ganzen zufrieden- stellen und daraus die best- mögliche Leistung generieren. Ziel muss es also sein, mit unterschiedlichsten Methoden ein möglichst zusammen- hängendes Menschenbild zu bekommen und die Denk- und Handlungsweisen anderer Menschen zu verstehen, zu ak- zeptieren und schlau zu inte- grieren. Adresse Mehr Informationen zu den Strategien von Christoph Döhlemann erhalten Sie bei Döhlemann Training & Beratung Kirschäckerstraße 25 96052 Bamberg Tel.: 09 51/29 72 60 E-Mail: info@doehlemann.de www.doehlemann.de Stellen wir uns vor, wir beauf- tragen drei Projektteams mit exakt der gleichen Aufgabe. Wie groß ist die Wahrschein- lichkeit, dass jedes dieser Pro- jektteams die gleiche Lösung bietet? Genau! Die Wahrschein- lichkeit ist gleich null. Warum ist das so, obwohl die Aufga- benstellung und die zur Ver- fügung stehenden Mittel doch die gleichen sind? Es liegt nicht an der Aufgabe selbst, sondern am individuellen Denken, der unterschiedlichen Herange- hensweise der Menschen und wie bzw. welche Entscheidun- gen diese treffen. Vier Management- Rollen bestimmen die Blickrichtung Das individuelle Denken der Mitarbeiter kann nicht von oben beeinflusst, verordnet oder verändert werden, die Herangehensweise hingegen schon. Die Methodik für (Pro- blem-)Lösungen kann und muss systematisiert werden. Erster Schritt hierzu ist eine Analyse der grundsätzlichen Denkweisen in der Praxis, um die hauptsächlichen Einflüsse zu erkennen. Im Management gibt es vier wesentliche Ener- gien oder auch Rollen, die die Blickrichtung der Praxisleiter auf ein Problem beeinflussen und somit auch eine starke Wir- kung auf die spätere Herange- hensweise der Mitarbeiter an eine Aufgabenstellung haben: 1. Die Ergebnis-Rolle Die erste wichtige Energie ist die Energie „E“ wie Euro, Er- folg, Ergebnis: Das „E“ in einer Praxis beantwortet immer die Frage, was können wir heute tun, damit wir sofort (mehr) Geld verdienen? Zahnärzte mit dem „E“-Blickwinkel sehen ihre Aufgabe hauptsächlich darin, Ergebnisse zu produzie- ren, das Wichtigste ist die Wert- schöpfung und der Gewinn. Sie haben immer den Patienten im Auge und legen Wert auf Effek- tivität. „E“-Parodontologen be- sitzen fundiertes Wissen über die Branche und sind fachlich höchst kompetent. Damit der Ertrag stimmt, setzen sie ihre Ideen und Umstrukturierungen stringent durch. Sie sind Ma- cher im täglichen Geschäft. 2. Die System-Rolle Der zweite Typ Zahnarzt wird von der Energie angetrieben, die man mit „Systeme schaffen“ umschreiben könnte. Die „S“- Rolle denkt in übergeordneten Systemen. Parodontologen in der „S“-Rolle befassen sich da- mit, wie eine Praxis arbeiten muss, damit sie effizient ist. Wichtig sind dabei standardi- sierte Regeln, die vorgeben, was getan werden muss. „S“- Parodontologen beherrschen das Administrieren und das strukturelle Denken. Sie kön- nen jede Situation so umwan- deln, dass sie in das Schema ein- geordnet werden kann und in den Routineablauf der Praxis passt. Sie entwerfen Hand- lungsgerüste für ihre Mitarbei- ter und behalten immer das System im Auge. 3. Die Vision-Rolle Eine dritte starke Energie ist die Vision. Zahnärzte in der „V“- Rolle kann man als Entrepre- neurs bezeichnen. Sie sind die klassischen Praxisgründer mit neuen Ideen, mit denen sie die Welt verändern wollen. „V“-Pa- rodontologen sind idealistische Visionäre, die Ideen für morgen im Auge haben. Sie befassen sich damit, wie sie sich heute po- sitionieren müssen, um in der Zukunft richtig zu stehen. Sie sind die Vorreiter, die ein neues Produkt oder eine neue Leis- tung in den Vordergrund stel- len und von ihren Innovationen überzeugt sind. 4. Die Integration-Rolle Die vierte Antriebsfeder ist die „I“-Rolle. Zahnärzte in der „I“- Rolle sind Seelsorger und von der Idee überzeugt, dass der Mensch das Wichtigste in der Praxis ist. Das „I“ in einer Pra- xis beantwortet immer die Frage, wie die Mitarbeiter mit- einander und mit ihren Patien- ten umgehen. „I“-Zahnärzte le- gen ihr Hauptaugenmerk auf die menschliche Seite der Pra- xis. Ihre Denkweise könnte man so auf einen Nenner brin- gen: Geht es den Menschen gut, dann geht es der Praxis gut. „I“- Parodontologen legen sehr ge- nau fest, wie wir miteinander (Mitarbeiter, Patienten, Liefe- ranten u. a.) umgehen sollen. Für sie ist das Zwischen- menschliche von entscheiden- der Bedeutung. Vier Energien und ihre Chancen bzw. Gefahren Nur wenn diese Rollen in einem konstruktiven Konflikt sind, ist die Parodontologie-Praxis auf einem gesunden Wachstums- kurs. Jede der vier Energien hat Vorteile, birgt aber auch Gefah- ren in sich: Ergebnis-Zahnärzte steigern schnell die Gewinne, haben dabei aber hauptsäch- lich die Gegenwart im Blick und weniger die Zukunft der Praxis. Parodontologen, die Systeme schaffen, geben ihren Mitarbei- tern und Patienten Sicherheit durch Handlungskonstrukte, laufen aber Gefahr, dass daraus ein zu eng geschnürtes Korsett wird, welches die Kreativität im Keim erstickt. Visionäre und Vorreiter sind die treibende Kraft in der Entwicklung der Menschheit, von ihnen kom- men die besten Innovationen. Aber ihr Denken ist nicht in der Gegenwart, sondern liegt pro-aktiv in der Zukunft. Das verFührt zu Fehlern. Die In- tegrations-Zahnärzte schaffen ein gutes Betriebsklima als Voraussetzung für gesundes Wachstum, verwechseln aber unter Umständen Laissez-faire mit Integration und vernachläs- sigen manchmal den wirt- schaftlichen Aspekt. Konstruktiver Dialog der vier Energien verFührt Mitarbeiter Nun gibt es in der Realität die vier „Typen“ sowieso nicht in der Reinform, die meisten Zahnärzte sind zum Glück „Mischlinge“. Parodontologen, die ihre Mitarbeiter zu Höchst- leistungen verFühren wollen, sollten die vier Energien in ei- nen konstruktiven Dialog, in ein Miteinander, treten lassen. Dann besteht eine gute Chance auf Wachstum für die Praxis. Dann gelingt es Zahnärzten, „Die wahre Entde- „Die wahre Entde- ck ungsreise besteht ck ungsreise besteht nicht in der Suche nicht in der Suche nach neuen Ländern, nach neuen Ländern, sondern im Besitz sondern im Besitz neuer Augen.“ neuer Augen.“ Marcel Proust Marcel Proust Gegenseitiger Respekt Natürlich ist ein konstruktiver Konflikt alleine nicht ausrei- chend. Dieser Konflikt und die daraus wachsenden Resultate können nur entstehen und zur Blüte kommen, wenn dies auf der Basis von gegenseitigem Respekt geschieht. Dies bedeu- tet also für jede Praxis, dass die eigene Philosophie und der Um- gang mit sich und der Welt klar in einem Leitbild niederge- schrieben sein sollten und die- ses Leitbild jeder Mitarbeiter in sein Handeln und Denken inte- griert. Jeder Zahnarzt sollte als Praxisinhaber und Unterneh- mer neben dem Praxisleitbild Mit erneuertem Denken neue Wege gehen Je innovativer Parodontologen und ihr Praxisteam sind, umso besser werden sie die kontinuierlichen Veränderungen, die immer schneller auf uns eintreffen, meistern. Das Wort Innovation bedeutet im Grunde genommen ja nichts anderes als Erneue- rung. Wie aber ist das im Zu- sammenhang mit einer Paro- dontologie-Praxis gemeint? Was soll erneuert werden und worauf kommt es an? 1. Parodontologen müssen Erneuerung fördern Erneuerung in einer Parodon- tologie-Praxis kann nur durch den Zahnarzt, sprich Chef, gefördert werden. Nur er hat die Autorität, im Team für In- novationen den Weg frei zu machen. Sicherlich können und sollen Vorschläge von den Mitarbeitern kommen, das JA für eine neue Technologie, ein neues Arbeitsverfahren und vor allem das notwendige Budget kann jedoch nur der Praxisinhaber erteilen. Über welche Praxen spricht man wohl eher positiv? Über jene, die seit Jahren das Gleiche ma- chen? Oder über jene, die sich immer wieder neu erfinden, ihre Patienten überraschen und auch weit über die eigentlichen Tätigkeitsgrenzen hinaus auf- grund ihrer neuen Methoden, Inhalte und Lösungswege be- kannt sind? Es liegt also ebenso am Chef, dass sich regelmäßig auch das Denken und der Geist der Mitarbeiter erneuern, um zu altbekannten Problemen über- haupt neue Lösungswege zu finden. 2. Dem Denken der Mitarbeiter Freiraum geben Will ein Parodontologe in seiner Praxis das sogenannte erneu- erte Denken, also Innovationen fördern, muss er darauf achten, immer wieder neue Impulse zu geben. Nur so lässt sich auf Dauer eine Innovationsbereit- schaft in der Praxis etablieren. Es muss also Möglichkeiten und Bereiche geben, wo jeder Mitarbeiter kritiklos und frei seinen Geist so fließen lassen kann, dass dabei neue Ideen entstehen. Dies gilt zum einen für den Umgang mit Patienten sowie Lieferanten und zum an- deren für neue Arbeitsabläufe/ -techniken. Gerade auf dem Ge- biet der Parodontologie ist es unumgänglich, sich kontinuier- lich über Erneuerungen Gedan- ken zu machen. Innovativ han- deln heißt, sich am Markt mit den neuesten Verfahren und Techniken vertraut zu machen, um eine wirksame Entschei- dung treffen zu können, ob man diese in den Praxisablauf inte- grieren soll oder nicht. Wenn ein Parodontologe diesen Freiraum lässt und auch, manchmal sogar entgegen den konservativen Kräften in der Praxis, fördert, entsteht ein entsprechendes Span- nungsfeld zwischen Alt und Neu, welches diese positive Entwicklung, genannt inno- vatives Wachstum in der Paro- dontologie-Praxis, begünstigt. Aber Vorsicht: Innovationen müssen zeitgemäß sein, damit sie der Patient mit trägt. Inno- vationen müssen in der Kultur fest verankert sein, damit das innovative Denken der Mitar- beiter im Alltag immer zielge- richtet wie ein Laserstrahl auf die Vision der Praxis gerichtet ist und somit langfristig ge- sunde Früchte tragen kann.