Nr. 6 | Dezember 2010 PRAXISMANAGEMENT | 17 Connecting Teams – Gemeinsam in der Praxis mehr erreichen Eine Parodontologie-Praxis ist wie jedes andere Unternehmen genauso darauf angewiesen, dass Hand in Hand gearbeitet wird, möglichst alle an einem Strang ziehen. Nur so kann der Patient wirkungsvoll behandelt und langfristig umfassend betreut werden. Schenkt man einer aktuellen Studie der Goethe-Univer- sität Frankfurt am Main Glauben, nimmt die Entsoli- darisierung der Beschäftig- ten zu. Die Belegschaft ist in vielen Unternehmen – und da dürften Zahnarztpraxen keine Ausnahme sein – in Gruppen gespalten, die sich wechselseitig das Leben schwermachen. Zusammen- halt und souveränes Mitein- ander ist gerade auch in Zei- ten der Angst um den Arbeits- platz zur Ausnahme gewor- den. „Ein kluger Mensch macht nicht alle Fehler selbst. Er gibt auch anderen eine Chance.“ Der trockene Hu- mor Winston Churchills ist bekannt. Die Aussage des bri- tischen Politikers wird beim Thema Zusammenarbeit auf abstruse Weise Wirklichkeit: Die Studie „Psychosoziale Kosten turbulenter Verän- derungen. Arbeit und Leben in Organisationen 2008“ ba- siert auf Intensivbefragun- gen, Gruppendiskussionen und einer Umfrage der Deut- schen Gesellschaft für Super- vision, die mit der Uni Frank- furt zusammenarbeitete. Der professionelle Blick hinter die Kulissen bei 1.000 Befrag- ten offenbart Erschrecken- des: Kollegialität und Soli- darität schwinden, junge Be- schäftigte werden von den älteren nur unzureichend eingearbeitet, vor allem aus Angst vor Verlust des eigenen Status. Die jungen Mitarbei- ter „rächen“ sich: Sie versu- chen, sich zu profilieren, in- dem sie Traditionsbestände entwerten. Dabei ist es eine Binsenweisheit, dass der Zu- sammenhalt eine wichtige Voraussetzung für den wirt- schaftlichen Erfolg eines Unternehmens oder einer Praxis ist. Denn wenn das Teamgefühl in der Parodon- tologie-Praxis schwindet, sinkt auch die Motivation jedes einzelnen Mitarbeiters. Kurzvita Theo Bergauer ist seit 20 Jahren als Trainer und Coach für persönliche Ent- wicklung und unternehmerische Pro- zesse aktiv. Namhafte deutsche und international tätige Unternehmen so- wie Kommunen setzen auf seine per- sönliche Dynamik, sein breitgefächer- tes Erfahrungspotenzial und die Schu- lungskraft des Bau- und Wirtschafts- ingenieurs. Dabei geht es ihm nicht um kurzfristige Wissensvermittlung oder einen schnellen Motivations- schub, sondern vielmehr um die Be- gleitung von Prozessen, die zu Souve- ränität und damit zur persönlichen Zu- friedenheit und zum unternehmeri- schen Erfolg führen. Zum Weiterlesen: „Karrierefaktor Souveränität: WertVoll entscheiden in Beruf und Alltag!“ (Books4Success 2009, ISBN 978(cid:129)3(cid:129)93 8350(cid:129)99(cid:129)7) Jeder gegen Jeden Durch veränderte Arbeits- bedingungen und steigende Verantwortlichkeiten wird in der Parodontologie-Praxis die Leistung des Einzelnen im- mer wichtiger. Mitarbei- ter mit der Angst, benach- teiligt zu werden, nei- gen dazu, Kollegen zu kontrollieren. Auf- grund von Mutmaßun- gen, dass andere sich Vor- teile verschaffen wollen oder sie bereits heimlich haben, geht Vertrauen oft in Misstrauen über, die Leis- tung sinkt. Die Abwärtsspi- rale dreht sich mit der be- schleunigten Dynamisierung der Anforderungen und der Ausdünnung von Strukturen und Werten, die eigentlich Orientierung geben sollten. Aus Teams werden Einzel- kämpfer. Diese haben bei ei- nem zerfallenden Team drei Möglichkeiten zu reagieren: (cid:129) Flucht: Der Mitarbeiter flüchtet sich in seine eigene Welt, er geht Auseinander- setzungen mit dem Chef und Kollegen aus dem Weg und macht unauffällig „Dienst nach Vorschrift“. Der Rück- zug ins eigene Schnecken- haus trägt Züge einer Kapi- tulation. (cid:129) Starre: Der Mitarbeiter fühlt sich überfordert, weil ihn der Wandel überfrach- tet. Er verfällt in Angst- starre. Er kann nicht mehr auf andere zugehen, die Angst lähmt seine Leis- tungsfähigkeit. Die Läh- mung kann in Verzweiflung übergehen. (cid:129) Angriff: Der Mitarbeiter nimmt den Zerfall der Gruppe und die steigenden Leistungsanforderungen persönlich. Er fühlt sich übervorteilt und reagiert aggressiv auf die anderen Kollegen. Die zunächst offe- nen Attacken können sich, wenn sie nichts bewirken, in Mobbing verwandeln. Die drei Typen unterschei- den sich zwar in der Reak- tion, haben aber eines ge- meinsam: Sie erhoffen sich mehr „Rück-Halt“ vom Chef. Erkennt dieser die Fehlent- wicklung, kann er dagegen steuern. Und sollte das auch tun. Es lohnt sich für den In- haber einer Parodontologie- Praxis in jedem Fall, den Teamgedanken einmal aktiv durchzuspielen: „Wie ver- halte ich mich? Wie verhal- ten sich die anderen?“ Der Chef einer Praxis kann z.B. keine gute Zusammenarbeit im Team verlangen, wenn er selbst nicht als Vorbild wirkt. Es ist hilfreich, sich öfter ein- mal zu fragen: „Bin ich ein Teamplayer oder ein Einzel- kämpfer? Was zahlt sich langfristig aus?“ Souveränität im Um- gang mit Mitarbeitern Damit sich Mitarbeiter in der Parodontologie-Praxis wohl- fühlen und eine entspre- chende Leistung erbringen können, ist eine Anerken- nungskultur notwendig. Sou- veräne Chefs finden mit ihren Mitarbeitern deren Stärken heraus und schenken ihnen Vertrauen, was zu Selbstver- trauen führt. Wenn Mitarbei- tern Fehler unterlaufen, kriti- sieren und verurteilen Vorge- setzte oft, Schuldige werden gesucht. Wenn Mitarbeiter dagegen hervorragende Ar- beit leisten, werden sie viel zu selten gelobt. Souverä- nität be- deutet nicht, Perfek- tionismus auszustrahlen, Monopolstellung zu bezie- hen, Dominanz zu verkör- pern oder Macht auszuüben. Souveränität heißt, Mitar- beitern Wertschätzung ent- gegenzubringen. Das fördert ein angenehmes Betriebs- klima und die Belegschaft identifiziert sich mit ihrer Praxis. In einer souverän ge- führten Parodontologen-Pra- xis zu arbeiten, ist reizvoller und begehrter für Mitarbei- ter, und werden neue Kräfte gesucht, ist die Resonanz deutlich höher. Drei Stufen führen zur Identifikation des Mitarbeiters mit der Praxis: (cid:129) Die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Dazu ge- hören eine angemessene Be- zahlung, gute Arbeitsbe- dingungen, eine förderliche Praxiskultur, ein gesicherter Arbeitsplatz sowie flexible Arbeitszeiten und Patien- tenzufriedenheit. Kleinere Praxen haben den Vorteil, in- dividueller sein zu können, größere können meist mehr bezahlen. Diese Rahmenbe- dingungen schaffen körper- liches Wohlbefinden, was eine Voraussetzung für ge- sunde Motivation ist. Der Mitarbeiter soll zufrieden sein. (cid:129) Die Gestaltungsmöglichkei- ten müssen gegeben sein. Dazu gehören klare Ziele, Aufgaben und gute Infor- mationen, souveräne Füh- rung, Mitgestaltungsmög- lichkeiten, Anerkennung für geleistete Arbeit, qualifi- zierte Ausbildung, Fortbil- dungsangebote, passendes Betriebsklima und hervor- ragende Patientenresonanz. Sind diese Gestaltungsmög- lichkeiten gegeben, fühlt sich der Mitarbeiter geistig und sozial wohl. Das schafft Motivation. (cid:129) Der Mitarbeiter identifi- ziert sich mit der Praxis. Dazu gehören eine sinn- volle Arbeit, persönliche Freiheit und Verantwor- tung, Entfaltung der eige- nen Talente, Lebens-Ba- lance, Vertrauenskultur und die Patienten werden zu Freunden. Auf dieser Stufe entsteht das seelische Wohl- befinden, der Mitarbeiter ist durch seine Identifikation mit seiner Praxis über- durchschnittlich motiviert. Dieser Zustand kann nicht eingefordert, er muss ent- wickelt werden. Ein souveränes Miteinander beinhaltet, dass auf Chefs und Mitarbeiter Verlass ist: Versprechen, die nicht ge- halten werden, zerstören die Glaubwürdigkeit. Mitarbei- ter, die sich ihrer Verant- wortung stellen, können Ant- worten geben. Sich gegen- seitig abstimmende Mitar- beiter erfahren, was von ihnen erwartet wird und was sie vom Gegenüber erwarten können. Gerade in wirt- schaftlich schwierigen Zei- ten ist das Zusammenschwei- ßen der Belegschaft wichti- ger denn je. Die Angst der Beschäftig- ten vor Arbeitsplatzverlust wächst von Tag zu Tag, was sie zusätzlich daran hindert, in schlechten Zeiten zu- sammenzurücken. Die Gründe dafür sind vielfältig: Da steht die Angst vor Offenheit, zu viel von sich (und seinem Fachwissen) preisgeben zu müssen, neben dem Neid, dass der andere besser sein könnte. Zusammenarbeit wird nicht länger als Chance ge- sehen, sondern als Risiko (Kooperationen schaden, wir machen den anderen schlau). Manchmal ist das man- gelnde Vertrauen auch durch schlechte Erfahrungen ge- prägt. Sehr wichtig ist, den Mitarbeitern Sicherheit zu geben, ihnen die Botschaft zu vermitteln, dass sie ge- meinsam am besten durch die Krise kommen. Gerade jetzt sollten die Inhaber von Parodontologen-Praxen mit ihren Mitarbeitern spre- chen – anstatt wie von vielen Beschäftigten beklagt – sich selbst, ebenfalls verunsi- chert, zurückzuziehen. Zu- dem könnte der Mut zu ko- operativer Führung aus- geprägter sein. Was in der Familie oder bei einem Fuß- ballteam funktioniert, kann auch auf Unternehmen über- tragen werden. Connecting Teams Die Entwicklung, dass Be- reiche in der Parodontologie- Praxis immer mehr gegen- einander arbeiten, kann auch umgedreht werden: Souve- räne Parodontologen können gemeinsam mit ihren Mit- arbeitern eine Struktur schaffen, bei dem die Arbeit bereichsübergreifend funk- tioniert. Wenn Terminverein- barung, Behandlungskoordi- nation und die Administra- tion sich selbst als wertvoll und unverzichtbar sehen, ge- hen sie anders miteinander um. „Connecting Teams“ bedeu- tet in diesem Zusammen- hang, diesen Prozess aktiv zu unterstützen, mehr Ab- stimmung einzufordern, die Bereiche übergreifend mit- einander zu verzahnen. Ziel ist, dass auch Abteilungen mit zum Teil „naturgegebe- nen“ gegensätzlichen Zielen nicht gegeneinander, son- dern miteinander arbeiten. Souveräne Parodontologen- Praxen stärken gerade in schwierigen Zeiten ihre Ko’ s: Kommunikation, Ko- ordination und Kooperation. Sie erkennen, welche Mitar- beiter für welche Aufgaben besonders geeignet sind und fördern deren Stärken. Sie er- arbeiten nicht nur eine Team- Vision, sondern leben auch danach. Ihre Mitarbeiter sind als Team begehrlich für an- dere, für den Markt und für ihre Partner. Sie verwandeln das derzei- tige Tal, das Leiden schafft, in ein Tal der Leidenschaft. Sie halten gemeinsam durch und bleiben im Spiel. Ein kluger Chef spielt seinen Mitarbei- tern in der Krise nicht nur den Ball zu, er spielt mit ihnen im Team. Adresse Theo Bergauer b.wirkt! Leuthnerstr. 5 95652 Waldsassen Tel.: 0 96 32/9 11 81 E-Mail: post@b-wirkt.de www.b-wirkt.de ANZEIGE NACHRICHTEN STATT NUR ZEITUNG LESEN! PARODONTOLOGIE NACHRICHTEN Die Zeitung für Parodontologie, Implantologie und Prävention I www.pn-aktuell.de Nr. 6 | Dezember 2010 | 7. Jahrgang | ISSN: 1613-7191 | PVSt: 64583 | Einzelpreis 8,– € Aktuell Schwerpunkt Laser in der Parodontologie Parodontitis- prävention Interessante Studiener- gebnisse, wie sich die Mundgesundheit auf die Lebensqualität auswirkt, stellt Univ.-Prof. Dr. Ste- fan Zimmer im Interview vor. Interview Seite 15 Analoge Berechnung Rechtsanwältin Dr. Su- sanna Zentai beleuchtet die wichtigsten Punkte zur Analogie in Abrech- nungsfragen. Recht Seite 16 Mitarbeiter verbinden Trainer und Coach Theo Bergauer zeigt Ansatz- punkte für das Erreichen von mehr Zusammen- halt im Praxisteam. Praxismanagement Seite 17 Keimreduktion Problemfall Periimplantitis Im Rahmen der subgingivalen Kürettage ist eines der wesentlichen Ziele, eine Keimfreiheit bzw. Reduktion der Die Prognose bei Entzündungen des Implantatbettes hat sich in den letzten Jahren immer mehr verbessert. Selbst bei ungünstigen Ausgangsbedingungen ist es möglich, eine beste- Keimzahl im subgingivalen Bereich zu erreichen. hende Periimplantitis nachhaltig zu therapieren. Durch den Einsatz dentaler Implantate wird heutzutage eine hohe Erfolgsrate in der oralen Rehabilitation erzielt. Allerdings können Erkran- kungen der periimplantären Gewebe diesen Erfolg auch noch in der Funktionsphase der Implantate gefährden. Wegen ihres ungünstigen Verlaufs nimmt die Periim- plantitis hier eine besonde- re Stellung unter den mög- lichen Spätkomplikationen ein. Bekanntlich ist die Peri- implantitis eine entzündli- che Veränderung der periim- plantären Gewebe, in deren Folge es zu einem Verlust der knöchernen Abstützung des Implantates kommt (Sán- chez-Gárces et al. 2004). Zurzeit konnte sich noch keine einheitliche Therapie der Periimplantitis etablie- ren, da die vorhandenen Untersuchungen bislang nur geringe Mengen an verläss- Abb. 1: Ausgangsbefund am Implantat in Regio 016. lichen Daten hervorgebracht haben. Als gemeinsames Ziel steht aber bei allen Verfah- ren die Elimination der bak- teriell besiedelten Implantat- oberfläche im Mittelpunkt. Hierbei wird besonders die Wirksamkeit von pharma- kologischen Präparaten, Pul- verstrahlgeräten und Ultra- schall intensiv diskutiert (Kotsovilis et al. 2008). Auch der Einsatz von Knochener- satzmaterial und GBR-Tech- niken hat bisher zu unter- schiedlichen Ergebnissen geführt (Claffey et al. 2008, Sahrmann et al. 2009). Allein beim klinischen Vorgehen scheint ein offenes Verfah- ren mit geschlossener Wund- heilung einer rein geschlos- senen Reinigung der Im- plantatoberfläche überle- gen zu sein (Schwarz et al. 2006). Neben den oben erwähnten Verfahren zur Implantatde- kontamination sind Laser Seite 8