Nr. 6 | Dezember 2011 PRAXISMANAGEMENT | 17 Leistungsträger/-innen an die Praxis binden Wenn die besten Mitarbeiter/-innen die Stelle wechseln, ist dies kaum zu verkraften. Denn mit dem Leistungsträger verliert der Parodontologe nicht nur ein Vorbild und eine engagierte Kraft – auch Wissen verlässt die Praxis. Und es gibt weitere Gründe, warum der Arzt darauf achten sollte, die Höchstleister nicht „auf dumme Gedanken“ kommen zu lassen. „Wir sind gut aufgestellt und für die Herausforderungen der Zu- kunft gerüstet.“ Wenn sich ein Parodontologe so äußert – was heißt das konkret? Zumindest drei Aspekte sind wichtig: medi- zinische Kompetenz, Patienten- orientierung – und leistungs- starke Mitarbeiter/-innen, die es als ihre Verpflichtung ansehen, das Beste für die Praxis zu leis- ten. Topmitarbeiter/-innen zeichnen sich dadurch aus, dass sie in- trinsisch motiviert und voller Ei- genengagement, stressresistent und durchsetzungsfähig, risiko- bereit und ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen sind. Gerade dies verleitet so manchen Vorgesetzten zu der irrigen Annahme, sie müssten sich um sie nicht weiter küm- mern, nach dem Motto: „Die ar- beiten auch ohne Unterstützung gut!“ Bis sie von der Konkurrenz abgeworben werden. Wer seine Leistungsträger/-innen an die Praxis „fesseln“ will, sollte In- strumente zur Mitarbeiterbin- dung nutzen, die individuell auf sie zugeschnitten sind. Topmitarbeiter/-innen individuell führen Der erste Schritt besteht darin, die Leistungsträger/-innen zu identifizieren: Was überhaupt ist ein/e „Topmitarbeiter/-in“, wie kann er/sie erkannt werden? So- bald dies geschehen ist, sollte der Parodontologe prüfen, über welche individuelle Motiva- tionsstruktur ein/e Mitarbeiter/ -in verfügt. Gerade die Leistungsträger/-in- nen dürfen nicht über einen Mo- tivationskamm geschoren wer- den, es gilt, den individuellen „Motivationsknopf“ zu finden. Dieser muss nicht immer mate- rieller Natur sein – im Gegenteil: Viele Leistungsträger/-innen achten darauf, dass die Praxis- kultur und die Führungsphiloso- Information So binden Sie Ihre Leistungsträger/ -innen (cid:129) Finden Sie heraus, über welche Motivationsstruktur die Höchstleister verfügen, sodass Sie eine Grundlage für individuelle Motivationsstrate- gien haben. (cid:129) Beteiligen Sie sie an der Zielfestle- gung. (cid:129) Bieten Sie ihnen optimale Weiterbil- dungsmöglichkeiten. (cid:129) Räumen Sie ihnen Einflussnahme auf die Praxisabläufe ein. (cid:129) Verdeutlichen Sie die Werte, die für die Praxis und für Sie leitend sind, sodass sich die Leistungsträger mit ihnen identifizieren können. (cid:129) Etablieren Sie eine positive Lern- kultur. phie des Parodontologen zu ih- ren eigenen Werten und Über- zeugungen passen. Die Möglich- keit, sich am Arbeitsplatz frei entfalten, Entscheidungen ei- genverantwortlich treffen und selbstverantwortlich arbeiten zu können, sind ihnen oft ebenso wichtig wie der materielle As- pekt – der natürlich auch stim- men muss. Also: Wenn der/die Prophylaxe- assistent/-in permanente Aner- kennung braucht, um Loyalität zur Praxis aufzubauen und gute Leistungen zu erbringen, dann spendet der Parodontologe be- ten, sondern sich von Einstel- lung und praktischen Know- how her vor allem als Dienstleis- ter der Leistungsträger/-innen verstehen. Warum also nicht einmal inten- siv darüber nachdenken, ob der/ die leistungsstarke Top-Prophy- laxeassistent/-in zum/zur ZMF weitergebildet werden sollte. Übrigens: Eine Studie der Leip- zig Graduate School of Manage- ment belegte 2011: Ein ambitio- niertes Weiterbildungsangebot erhöht die Mitarbeiterloyalität deutlich – Weiterbildung schafft Mitarbeiterbindung. „entdecken“ und ihre Begabung zu fördern. Zudem lässt sich so verhindern, dass gute Mitarbeiter/-innen vorzeitig die Praxis wechseln, weil sie nicht ausreichend geför- dert wurden. Vertrauen aufbauen Nicht nur Leistungsträger/-in- nen binden sich gerne an eine Praxis, wenn sie spüren und wis- sen, dass man ihnen vertraut. Klar ist: Hierbei spielt der un- mittelbare Vorgesetzte eine ent- gründendes Lob. Wenn der/die Zahnmedizinische Fachange- stellte (ZMF) den Wettkampf und Vergleich mit den Kollegen/-in- nen benötigt, prämiert er alle vier Wochen den/die „Mitarbei- ter/-in des Monats“. Und wenn der/die Dentalhygieniker/-in die finanzielle Verstärkung als An- schubreiz wünscht, denkt der Parodontologe über Belohnungs- systeme nach. Individuelle Weiterbildungsmöglich- keiten schaffen Der Parodontologe sollte den Leistungsträger/-innen konse- quent veranschaulichen, welche Perspektive sich für sie in der Praxis eröffnen. Topmitarbei- ter/-innen wollen wissen, welche individuellen Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkei- ten es für sie gibt, welche Auf- stiegsperspektiven sich für sie auftun. Der Arzt muss Weiterbil- dungen wie Seminare und Trai- nings darum punktgenau auf ihre Erwartungen und Bedürf- nisse abstimmen. Dazu arbeitet er am besten mit Weiterbildnern zusammen, die Standardweiter- bildungen gar nicht erst anbie- Entwicklungspool etablieren Ambitionierte Ziele verlangen nach ungewöhnlichen Maßnah- men: So kann der Parodontologe – vielleicht im Verbund mit ande- ren parodontologischen Praxen – einen „Entwicklungspool“ ein- richten, in dem diejenigen Mitar- beiter/-innen Aufnahme finden, die gezielt darauf vorbereitet werden sollen, in Zukunft grö- ßere Verantwortung zu über- nehmen und besonders hochge- steckte Ziele zu erreichen. Diese Mitarbeiter/-innen erfahren eine bevorzugte Förderung – dafür werden nach dem Prinzip „For- dern und Fördern“ aber auch hohe Erwartungen an sie ge- stellt. Zudem sollte der Parodontologe ständig prüfen, ob Mitarbeiter/ -innen über Talente verfügen, die bisher brachlagen oder noch nicht erkannt worden sind. Mit anderen Worten: Ein/eine Mitar- beiter/-in, der/die bisher durch- schnittliche Leistungen erbracht hat, kann sich zum/zur Leis- tungsträger/-in entwickeln – aber bisher ist seine/ihre wahre Begabung noch nicht erkannt worden. Das Talentscouting des Parodontologen hilft, sie zu scheidende Rolle. Der Parodon- tologe baut zu den Mitarbeiter/ -innen ein Vertrauensverhältnis auf, wenn er ehrlich und offen agiert, dem/der Leistungsträ- ger/-in Möglichkeiten eröffnet, Arbeitsprozesse selbstständig zu steuern, und ihnen zu verste- hen gibt, sie interessieren ihn nicht nur als Funktionsträger, sondern auch und vor allem als Mensch.Leistungsträger/-innen wollen gefördert werden – und gefordert. Sie sehen es gern, wenn der Parodontologe ihnen verantwortungsvolle Aufgaben überträgt, sie betrachten dies als Vertrauensbeweis. Beteiligung an Zielfestlegung Leistungsstarke Mitarbeiter/-in- nen lehnen es vehement ab, An- weisungen „von oben“ ohne Be- gründung erteilt zu bekommen. Sie möchten sich mit den Zielen der Praxis und des Parodontolo- gen identifizieren und aktiv zur Zielerreichung beitragen. Dazu ist es notwendig, dass sie diese Ziele nachvollziehen können und zugleich das Recht haben, sie auch einmal zu hinterfragen. Indem der Parodontologe zum Beispiel den/die Dentalhygieni- ker/-in an der Zielformulierung, zumindest aber an der Frage, wie die Ziele konkret umgesetzt werden können, beteiligt, stellt er sicher, dass sie sich engagier- ten – und vielleicht sogar den/die nicht so leistungsstarke Prophy- laxeassistent/-in mitreißen. Durch das Recht zur Mitbe- stimmung wird der/die Mitar- beiter/-in hinsichtlich der Ziel- erreichung in die Pflicht und in die Verantwortung genommen – und genau das ist es, was ein/e Leistungsträger/-in wünscht. Ein Beispiel: Die Zielsetzung lautet „Patientenorientierung er- höhen“. Parodontologe und Mit- arbeiter/-in überlegen gemein- sam, was notwendig ist, um das Ziel zu erreichen. Der Chef bittet den/die Leistungsträger/-in da- rum, eigene Vorschläge zu unter- breiten – sie sollen spüren, dass ihm an ihrer Meinung und ihren Ideen gelegen ist. Lernkultur etablieren Es ist eine Selbstverständlich- keit: Wer viel leistet, macht mehr Fehler als derjenige, der Dienst nach Vorschrift abliefert. Für Leistungsträger/-innen gilt: Wenn ihnen ein Fehler unter- läuft, betrachten sie ihn als An- sporn, es beim nächsten Mal besser zu machen. Freilich setzt dies eine Lernkultur in der Pra- xis voraus, in der ein Fehler nicht als Grund für Kritik, sondern als Möglichkeit gesehen wird, sich weiterzuentwickeln. Die Erfahrung zeigt, dass Leistungs- träger/-innen in denen solch eine Lernkultur herrscht, eine hohe Loyalität entwickeln. in Praxen, Fazit Leistungsträger/-innen bleiben gerne in einer Praxis, in der sie fit gemacht werden für eine indi- viduelle berufliche Zukunft. Darum ist es notwendig, für sie Programme aufzulegen, die sie langfristig binden. Individuelle Entwicklungspläne, punktge- naue Weiterbildung, das offen- siv-aktive Bemühen, sie halten zu wollen, die Berücksichtigung immaterieller Werte – all dies erhöht ihre Loyalität. Adresse Dr. Wolfgang Schmehl ZahnRat® GmbH Unternehmensberatung für Zahnärzte Bahlmannstraße 6 48147 Münster Tel.: 02 51/3 97 29 72 E-Mail: zahnrat-gmbh@hotmail.com www.zahnrat.com