6 | www.zt-aktuell.de WIRTSCHAFT Nr. 4 | April 2010 Wie Laborleiter ihre Mitarbeiter bei Misserfolgen unterstützen Wenn sich der Zahnarzt über den Zahntechniker beklagt, weil etwas bei der Terminvereinbarung nicht geklappt hat, ist die Führungskompetenz des Laborleiters gefragt. Natürlich muss er Fehler ansprechen und dafür sorgen, dass sie sich nicht wiederholen. Noch wichtiger ist es, den Mitarbeiter in dieser schwierigen psychologischen Situation zu unterstützen und Demotivation zu vermeiden. Es ist eine Selbstverständ- lichkeit: Ein lernendes Unter- nehmen – und damit auch ein Dentallabor – benötigt eine Lernkultur, in der Fehler als Chance angesehen werden, Verbesserungs- und Lernpro- zesse in Gang zu setzen. Das Problem: Es sind gerade die Selbstverständlichkeiten, die im Führungsprozess nicht be- achtet werden. Das zeigt sich etwa dann, wenn ein Zahn- techniker nicht nur schludrig arbeitet, sondern einen Miss- erfolg an den anderen reiht. Viele Chefs, viele Laborleiter wissen sich dann nicht besser zu helfen als harsche Kritik zu üben: Auf denjenigen, dem ein Fehler unterlaufen ist, wird dann auch noch verbal eingeprügelt: „Ich kann nicht glauben, dass Ihnen das schon wieder nicht gelungen ist“ – so die Reaktion, die nicht gerade dazu angetan ist, den Zahntechniker, dem der Fehler unterlaufen ist, aufzu- richten. Im Gegenteil: Dem ohnehin frustrierten Zahn- techniker werden in Zukunft wohl noch mehr Fehler unter- laufen. Kein Wunder also, wenn in vielen Laboren die Angst vor Fehlern umgeht. Diese Angst aber kann lähmen und Ver- besserungsprozesse verhin- dern. Die Mitarbeiter gehen ihrer Arbeit nach dem Motto nach: „Achtung, wer sich zu- erst bewegt, hat verloren!“ Das heißt: Notwendig ist ein produktiver Umgang mit Fehlern. Fehlerkultur im Dental- labor etablieren: Misserfolg als Entwic k- lungsschritt Schon in der Schule interpre- tieren Schüler, Eltern und Lehrer Fehler als Makel. Die meisten Menschen sind durch eine Fehlerkultur sozialisiert, in der immer wieder darauf verwiesen wird, was misslun- gen ist – mit eklatanten Fol- gen: Die Menschen haben Angst vor Fehlern und geben sie daher nur ungern zu, zu- meist erst unter Druck. So lange diese Einstellung vor- herrscht, kann sich kein ef- fektives Fehlermanagement entwickeln. Lähmung und Stillstand – eine Entschei- dung könnte ja die falsche sein – sind die Konsequenz. Statt der Fehlerbeseitigung Information ANZEIGE LASERSINTERN - UNENDLICHE WEITEN UND INDIKATIONEN… NEM GERÜSTE IN VOLLENDUNG. Garantiert exzellente und konstante Ergebnisse. Gute Konditionen mit dem Plus an Service. Info: 040/86 60 82 23 www.flussfisch-dental.de steht die Fehlervermeidung im Vordergrund. Dabei wird übersehen: Ler- nen hat etwas damit zu tun, dass Fehler gemacht werden, kein Lernprozess ohne „Feh- lermeldungen“. Das heißt na- türlich nicht, dass Fehler freu- dig begrüßt werden sollen, sie erhalten keinen Freibrief. Es wäre fatal, wenn sich im Den- tallabor die Ansicht durchset- zen würde: „Ein Fehler? Na und? Ist doch nur ein Ergeb- nis!“ Denn nach Thomas Alva Edison ist das Schöne an ei- nem Fehler, dass man ihn nicht zweimal machen muss. Aber: Ist der Fehler erst ein- mal Realität, muss er der Aus- gangspunkt für einen Lern- prozess sein. Die Fehlerverhütung ist mit- hin schon der richtige Ansatz, den viele Dentallabore auch in ihrem Qualitätsmanage- ment als Ziel definieren. Die Rede ist dann etwa davon, die Fehlerquote möglichst gering zu halten und Fehler frühzei- tig zu erkennen. Sie sind je- doch immer Anlass, die Pro- zesse und die Arbeitsabläufe zu überprüfen und im Sinne der Qualitätssicherung zu op- timieren. ANZEIGE pico-rock® 280 Neu: 15 kg Gips mit Griff Jetzt wird das Tragen leichter! Tel.: 0 22 67 - 65 80 - 0 • www.picodent.de Das Konzept des produktiven Kritikgesprächs ¡ Beachten Sie die konkrete Situation und Mentalität des kritisierten Mit- ar- beiters. ¡ Bereiten Sie das Kritikgespräch vor: Gesprächsziele benennen, Gesprächs- strategie entwickeln, Termin und störungsfreien Ort festlegen. ¡ Eröffnen Sie das Gespräch positiv (etwa gute Leistungen des Mitarbeiters nen- nen). ¡ Formulieren Sie den Kritikanlass als Ich-Botschaft: „Ich bin der Meinung …“ Vermeiden Sie „Sie-Botschaften“, die wie ein Angriff wirken: „Sie haben fol- genden Fehler begangen …“ ¡ Bleiben Sie stets sachlich und versuchen Sie, den Ursachen für das kritisierte Verhalten auf die Spur zu kommen. ¡ Tragen Sie Ihre Kritik in Frageform vor und bauen Sie einen Dialog mit dem Mit- arbeiter auf. ¡ Entwickeln Sie gemeinsam zukunftsfähige Problemlösungen und Zielverein- barungen, die dafür sorgen, dass der Fehler nicht mehr auftritt. ¡ Sorgen Sie dafür, dass auch die anderen Mitarbeiter und Führungskräfte aus dem Fehler lernen können. Übrigens: Von Ed Land, der die Sofortbildkamera erfand, heißt es, er habe eine Tafel an der Wand hängen gehabt, auf der stand: „Ein Fehler ist ein Ereignis, dessen großer Nut- zen sich noch nicht zu deinem Vorteil ausgewirkt hat.“ Ist-Zustand feststellen und neue Einstellung erarbeiten Bevor ein Laborleiter über- legt, wie er seinen Mitarbei- tern bei Misserfolgen helfen kann, ist eine Überprüfung der Einstellung angesagt: (cid:129) „Was überhaupt ist ein Fehler?“ (cid:129) „Wie wird der Begriff von den Mitarbeitern, aber vor allem von mir, der Füh- rungskraft, definiert?“ (cid:129) „Wie gehen wir im Dental- labor mit Fehlern um? Wie schauen die üblichen Reak- tionsweisen aus?“ deuten, sie sind jetzt ein Feedback auf dem Weg zum Ziel. Verbesserungspotenziale nutzen Die Etablierung einer neuen Fehlerkultur ist gewiss nicht von heute auf morgen zu be- werkstelligen. Der Laborlei- ter sollte als Vorbild vorange- hen und das Wort „Misser- folg“ durch Begriffe wie „Er- gebnisse“ oder „Resultate“ ersetzen. Damit ist kein rosa- rotes positives Denken ge- meint, denn es schließt Kritik nicht aus – es heißt lediglich, den Fokus auf die Einstellung zu lenken, aus Fehlern lernen zu dürfen. Der Laborleiter sollte Kritik daher immer konstruktiv und produktiv vortragen und mit ihr das Ziel verfolgen, die Menschen in seinem La- bor in ihrer Weiterentwick- lung zu unterstützen (s. Info- kasten). Fehler sind offensichtlich der Preis für die Entwicklung ei- nes Menschen. Hat sich das Team diese Einstellung erar- beitet, bewertet es einen Feh- ler ganz anders: Er wird jetzt als Symptom definiert, des- sen Ursachen das Team auf die Spur kommen will. „Hier gibt es Verbesserungspoten- zial, lasst uns prüfen, woran es liegt“, so die Devise. Die Beteiligten suchen das Ge- spräch, in dem sie gemeinsam nach den Gründen forschen und eine Problemlösung ent- wickeln. Nicht der Fehler, das Symp- tom, wird bekämpft und aus- gemerzt, sondern die Ursa- che. Einfaches Beispiel: Im- Die neue Fehlerkultur wird in die Dentallaborphilosophie integriert, indem der Labor- leiter in der Teamrunde eine Diskussion zu diesen Fragen anstößt. Damit kein Missver- ständnis entsteht, erläutert er: Es geht nicht um willentli- che und absichtliche Patzer oder um Versäumnisse – wie etwa das unhöflich-grobe Verhalten gegenüber den Pa- tienten –, so etwas darf nicht passieren und muss von ihm sanktioniert werden. Aller- dings: Die meisten Fehler sind Folge von Entscheidun- gen, die ein Mitarbeiter ge- troffen hat. In der Teamrunde erarbei- ten sich die Beteiligten die folgende Einstellung: Eine Entscheidung mag die fal- sche gewesen sein, aber sie geschah ohne böse Absicht. Fehler unterlau- fen und passieren, wenn man lernen und sich entwickeln will. Das angestrebte Ergebnis dieses Diskussionspro- zesses: Zahntechniker, Mitarbeiter und Füh- rungskräfte interpretie- ren einen Fehler vor allem als Chance, sich zu ver- bessern. Misserfolge sind erzielte Resultate, die einen Ent- wicklungsschritt nach vorne be- Die Fragen zeigen: Wieder geht es darum, zukunftsfä- hige Antworten zu finden, die das Problem lösen. Eine weitere Möglichkeit be- steht darin, ein Motivations- gespräch zu führen. Es dient dazu, die Ursachen für die De- motivation ans Tageslicht zu fördern – nur dann können Laborleiter und Zahntechni- ker überlegen, wie die Gründe beseitigt werden können. In diesem Gespräch ist es wichtig, dass der Laborleiter die richtigen Worte wählt, die eben nicht die Demotivation verstärken, sondern die ge- eignet sind, den Mitarbeiter zu unterstützen. Dazu einige Beispiele Falsch: „Sie sind immer un- höflich zu den Kunden!“ – Der Mitarbeiter wird diese Ver- allgemeinerung als persön- lichen Angriff werten. Besser: „Was können wir tun, damit Sie Ihre Gesprächskompe- tenz verbessern?“ Falsch: „Sie machen andauernd Fehler.“ – Das ist ein äußerst demotivierender Ge- sprächseinstieg. Besser: „Ich bin mit Ihren Leistun- gen wirklich zufrieden, zum Beispiel ... Ich möchte aber auch die kritischen Punkte ansprechen.“ Falsch: „Sie müssen sich un- bedingt ändern.“ – Das ist ein direkter Angriff auf der per- sönlichen Ebene. Produktiver ist es, das konkrete Verhalten zu thematisieren. Besser: „Ich bin der Meinung, wir können Fortsetzung auf Seite 8 mer wieder kommt es vor, dass Kundenakten verlegt werden. Ein schlimmer „Feh- ler“. Ursache jedoch ist das unsinnige Aktenablagesys- tem. Sobald das Team dies er- kannt hat, kann das System verbessert werden. Sprungbrett zur Weiterentwicklung Hat sich der Blickwinkel geweitet, steht also nicht im- mer wieder der Fehler im Mittelpunkt, sondern die Ur- sachenforschung und -be- kämpfung, fällt es allen Betei- ligten leichter, Fehler zuzuge- ben. Niemand befürchtet eine Bestrafung, Spott oder Ähnli- ches, sondern weiß, dass „sein Fehler“ einen Verbesserungs- prozess in Gang setzt. Auch hier sollte der Laborleiter seine Vorbildfunktion wahrnehmen: Er gibt wahrnehmen: Er gibt seinen Fehler zu – und liefert stets gleich einen Verbesserungs- vorschlag mit. So setzt sich im Labor die Überzeugung fest: Fehler dürfen passie- ren. Aber dann muss auch ein Verbesse- rungsvorschlag mit- geliefert werden, so- dass der Fehler zum Sprungbrett für eine Weiterentwicklung wird. Die richtigen motivierenden Worte finden Trotzdem kann es vor- kommen, dass Mitar- beiter nach Missge- schicken und Ver- säumnissen D e m o t i v a - tionsloch ins fallen. Der Laborleiter prüft, warum ein Mitarbeiter An- sprüchen nicht genügt, auch denen, die dieser an sich selbst stellt. Fehlt dem Zahntechniker vielleicht die notwendige Qualifika- tion oder eine Kompetenz? Arbeitet der „falsche Mann am falschen Arbeitsplatz“?