6 | www.zt-aktuell.de Nr. 5 | Mai 2014 WIRTSCHAFT Sieben Aspekte der gesunden Führung im Labor Expertin Karin Probst gibt wertvolle Tipps zur gesunden Laborführung. Unsere Arbeitswelt befindet sich in einem kontinuierlichen Prozess des Strukturwandels. Auch im Dentallabor kann die zunehmende Komplexität besser von begeiste- rungsfähigen, gesunden und krea- tiven Mitarbeitern bewältigt wer- den. Deshalb stellt sich immer mehr die Frage, wie eine Laborkul- tur gestaltet werden kann, in der Begeisterung, Gesundheit und das Engagement der Mitarbeiter lang- fristig erhalten werden können. Waren Stressmanagement-Kurse bis vor einigen Jahren vielleicht ein Nice-to-have-Faktor, ist mittler- weile ein Umdenken zu bemerken, denn: Stress kostet Geld! Fallen Zahntechniker – vor allem, wenn es der Chef selbst ist – aufgrund von Burn-out aus, leidet das kom- plette Labor darunter. Die Europäische Agentur für Si- cherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz geht davon aus, dass europaweit rund 60 % aller Fehlzeiten auf beruflichen Stress zurückgehen und bereits jeder dritte Mitarbeiter mit Burn-out- Symptomen kämpft. Umgekehrt amor tisiert sich jeder Euro, der in die systemische Schulung von Führungskräften investiert wird, 18-fach. Auch für Dentallabore rechnet sich ein gut gesteuertes be- triebliches Gesundheitsmanage- ment knallhart: Zeit also, sich die- sem Erfolgsfaktor anzunehmen – nur wie? Laborchefs und Führungskräfte können Teil der Lösung oder Teil des Problems sein und sind in dop- pelter Hinsicht von dem Thema Burn-out betroffen: Einerseits sind sie als Leistungsträger mit hohem Engagement selber gefährdet und auf der anderen Seite tragen sie Mitverantwortung für die seeli- sche Gesundheit und Leistungsfä- higkeit ihrer Mitarbeiter. Neben den bekannten Strategien der Ver- haltens- und Verhältnisprävention können folgende Tipps aus der sys- temischen Lösungsfokussierung dazu beitragen, dass Labormit - ANZEIGE LABOR- GEFÜHLE Wir LIEBEN unsere Kunden. Nur so kön- nen wir 100% Einsatz bringen. Dazu ein umfangreiches Sortiment und Leistun- gen: Legierungen, Galvanotechnik, Discs / Fräser, Lasersintern, Experten für CAD/CAM u. 3shape. Das alles mit dem Plus an Service! Tel. 040 / 86 07 66 . www.flussfisch-dental.de FLUSSFISCH s i n c e 1 9 1 1 arbeiter ihr Brennen für die Sache behalten – ohne auszubrennen: 1. Gutes Hinhören als Führungsqualität Nr. 1 Stress wird immer dann ausgelöst, wenn die Bedürfniserfüllung als gefährdet erscheint: Zum Beispiel das Bedürfnis nach Ruhe, Sinn oder Wertschätzung. Leider über- hören Laborchefs oft die Bedürf- nisse ihrer Mitarbeiter, weil sie sich nicht in Zugzwang bringen wollen oder sich keine Zeit zum guten Hin- ein „Danke“, der andere durch ein eigenverantwortliches Projekt und der Dritte braucht eine Gehaltszu- lage. Motivierte Mitarbeiter blei- ben loyal gegenüber dem Labor, weil sie dort die meisten Chancen sehen, ihre individuellen Bedürf- nisse zu erfüllen. Sie können ihre Bedürfnisse und Werte gut mit de- nen des Labors synchronisieren. Wenn Laborchefs oder leitende Mitarbeiter diese Moderation der unterschiedlichen Bedürfnislagen achtsam gelingt, dann haben sie wesentlich zu einem gesunden Labor beigetragen. wertvollsten „Gut“ nicht – den Mit- arbeitern. Man bekommt interes- sante Einsichten, wenn man als Führungskraft im Dentallabor die systemische Fragetechnik der pa- radoxen Intervention anwendet, wie zum Beispiel: „Was müsste ich tun und was könnten Sie dazu bei- tragen, damit Sie in einem halben Jahr stressbedingt ausfallen …?“ Interessanterweise antworten hier Mitarbeiter offener, als wenn man sie fragen würde, was man tun könne, damit sie gesund, glücklich und motiviert bleiben. Daraus können kleine „Anleitungen zum hören nehmen. Gesundes Führen bedeutet jedoch, die Bedürfnisse des Mitarbeiters zu HÖREN, aber nicht unbedingt, sie immer und gleich erfüllen zu müssen. Nur wenn es den Bedürfnissen des Labors dienlich ist, können indi - viduelle Bedürfnisse erfüllt wer- den – sonst nicht. In diesem Fall zeigt bereits das aufmerksame Zu- hören eine hohe Wertschätzung und kennzeichnet einen empathi- schen Führungsstil. Eine Füh- rungskraft eines internationalen Unternehmens sagte einmal den schönen Satz: „Ich kann eigentlich nichts, als genau zuzuhören!“ Das schien auszureichen, weil sowohl seine innovative Abteilung sehr er- folgreich war als auch der Kran- kenstand und die Fluktuation sehr niedrig. 2. Balance der Bedürfnisse Ein „empathischer Führungsstil“ ist gekennzeichnet durch Führen ohne Angst, Strafe und Scham, sondern mit Empathie und klaren Ansagen. Empathische Führung heißt, genau herauszufinden, wel- che Bedürfnislage jeder Mitarbei- ter hat und durch welche Strategie er Bedürfniserfüllung erfährt: Der eine erlebt Wertschätzung durch 3. Wertschöpfung durch Wertschätzung Eine sehr wirkungsvolle Übung für Laborinhaber ist es, einen Mitarbeiter pro Tag gedanklich wertzuschätzen: Was genau bringt dieser Mensch in die Arbeit ein? Allein diese Gedankenübung än- dert spürbar die Haltung zu den Mitarbeitern – auch wenn man die wertschätzenden Gedanken gar nicht ausspricht. Laborchefs soll- ten sich außerdem bewusst ma- chen, dass jede Stärke der poten- zielle Eintritt in den Burn-out ist: Nehmen wir zum Beispiel Hilfs - bereitschaft und ein hohes Verant- wortungsbewusstsein. Wenn dies nicht gepaart ist mit einer gesun- den Abgrenzung, dann fehlt die antagonistische Balance, was auf die Dauer zum Ausbrennen führen kann. Zur wertschätzenden Füh- rungsverantwortung gehört es also, einen Blick für die „Antago- nisten“ zu haben und dadurch Mit- arbeiter und Arbeitsprozesse im Labor zu schützen. 4. Über den Wert von Benutzerhandbüchern Wir haben von all unseren Produk- ten Benutzerhandbücher, nur vom Glück“ entstehen, die sehr viel dazu beitragen, dass Labormitar- beiter achtsamer miteinander um- gehen und mehr Verständnis für- einander aufbringen. Eine systemische Grundannahme ist: Handeln macht immer Sinn für den Handelnden – zumindest für diesen Zeitpunkt. Bevor das selt- same Verhalten des Mitarbeiters einen also wieder ärgert, empfiehlt sich ein Blick in das Benutzer- handbuch – oder das Nachfragen, was wohl die guten Gründe für diese Handlungsstrategie waren. 5. Wenn du es eilig hast, gehe langsam Die hormonelle Stressreaktion be- fähigt uns zu körperlichen Höchst- leistungen. Pech für unsere heu - tigen Arbeitsprozesse im Labor, da diese nicht mehr muskulär, son- dern mit kognitiven Höchst leis - tungen gemeistert werden müs- sen. Stress deaktiviert die Groß- hirnrinde, und so kommt es, dass in vielen Dentallabors vor lauter Stress purer Aktionismus herrscht – statt in einem Moment der Ruhe achtsam das weitere Prozedere zu planen. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass Laborchefs für ihre Mitarbeiter Vorbilder sind und zum Beispiel in den Pausen nichts anderes tun als eine Pause zu machen. Oder pünktlich in den Feierabend gehen – und vor allem: Keine E-Mails außerhalb der Ar- beitszeiten schreiben. Immer mehr Unternehmen führen diese Eti- kette ein, wissend, dass gestresste Mitarbeiter am Ende mehr kosten als das „eben mal geschwind“ noch den Auftrag fertig zu machen. Alle zwei Stunden sollten Mitar- beiter zwei Minuten Pause ma- chen, innehalten, vielleicht ein kurzes Gespräch führen, um auf neue Gedanken zu kommen oder einfach nur kurz durchzuatmen. Ein Unternehmen hat beispiels- weise mit großem Erfolg „Raucher- pausen für Nichtraucher“ einge- führt und es konnte nachgewiesen werden, dass dadurch sogar mehr Arbeit in kürzerer Zeit erledigt wurde. 6. Was hat ein Papierkorb mit Innovation zu tun? Als Ergebnis der Effizienzmaxi- mierung im Labor wurden die Wege immer kürzer, man hat kaum noch Anlass, den Arbeitsstuhl kurz zu verlassen. Das ist schade, denn unser Gehirn liebt diese kleinen Lösungswege. Gerade in diesen Momenten ist unsere rechte Ge- hirnseite hochaktiv. Walt Disney wusste davon und verpflichtete seine Mitarbeiter, 30 % der Arbeits- zeit träumend vorzudenken: „If you can dream it, you can do it!“ Ein schöner Auftakt dazu, in Team - besprechungen die VW-Regel end- lich anzuwenden: Statt Vorwürfe Wünsche formulieren und Krite- rien einer guten Lösung gemein- sam zu besprechen. Vielleicht sind es gerade die kleinen Ideen, die auf dem Weg zum gesunden Labor so viel bewirken: Eine Firma hat zum Beispiel die Papierkörbe zentral aufgestellt, so wurde die Entsor- gung von Papier zum schnittstel- lenübergreifenden Kommunika- tionsplatz. Unser Gehirn braucht Abstand und Ruhe, um Lösungen zu finden. Labore sollten ihren Mitarbeitern kleine produktive Auszeiten gönnen: So wie man als Kind die Wolken beobachtet hat, so wirkt sich diese „Schau“ auch heute für uns höchst produktiv aus: Man findet mehr Ideen und ankert Wissen – unser Gehirn ist hochak- tiv, wenn wir äußerlich zur Ruhe kommen. 7. Was hat Schielen mit Konfliktlösung zu tun? Im Chinesischen hat das Schrift- zeichen für „Konflikt“ zwei Bedeu- tungen: Gefahr und Chance. Wenn man Fehlermanagement in diesem Sinne begreifen würde, dann könnte in jedem Labor eine Kultur